Rezension zu "Das Buch Goldmann" von Ingeborg Bachmann
Das Buch Goldmann schildert die Zeit in Wien, als die Österreicher gerade wieder aus den Klauen der Nationalsozialisten befreit waren und neu zu sich selber finden durften. Man spielte "in den Ruinen von Wien am laufenden Band Claudel oder O'Neill" und fragte sich, "welchen Wert dies hätte"[1].
Die vierfach verschmelzenden weiblichen Hauptfiguren sind die PEN-Club-Sektretärin bzw. die Schauspielerin Fanny Goldmann und die Journalistinnen Eka Kottwitz alias Aga Rottwitz. Fanny Goldmanns Liebhaber Anton Marek, auch bekannt als jener famose Herr F., beutete bekanntermaßen ihr Leben für seine Literatur aus. Nun sucht der Leser auch hier in diesem Roman-Fragment unentwegt nach autobiographischen Spuren. Ingeborg Bachmann vermag aber weit weniger zu unterhalten als jener Herr F., der sich immerhin sehend blind stellte um mehr zu sehen. Sie kann nur beklagen, "wie die schönsten Frauen oft das unwahrscheinlichste Pech und immer mit den blödesten Männern haben" [2].
Ingeborg Bachmanns vermutlich nicht unerhebliches Verführungspotential für einige Onkels des damaligen deutschen Literaturbetriebs bleibt nahezu unsichtbar und nicht einmal der Inkognito-Auftritt des jungen Peter Handke auf der Frankfurter Buchmesse reisst das Roman-Fragment richtig heraus.
Ausgabe: Ingeborg Bachmann Salzburger Bachmann Edition Das Buch Goldmann Piper Suhrkamp 2017
Referenzen:
[1] Seite 274
[2] Seite 276