Sie ist die Kapitänin eines riesigen Frachtschiffes, die den globalen Warenverkehr abwickelt, befehligt zwanzig Mann Besatzung. Eine Mischung aus allen Ländern, zusammengewürfelte Abenteurer, Landflüchtige und kenntnisreiche Matrosen. Eines Abends beugt sich der erste Offizier beim Abendessen zu ihr und äußert mit einem Freimut die Bitte, ob man nicht einfach mal die Motoren abschalten könne. Nach vier Tagen auf hoher See wolle er ein Rettungsboot zu Wasser lassen, um eine Runde zu schwimmen. Ohne groß nachzudenken, erklärt sie sich einverstanden. Während die Männer nackt planschen, streift sie melancholisch über das stille Schiff und späht in fremde Kabinen, nimmt eine Dusche beim ersten Offizier. Als die Mannschaft zurückkehrt, sind aus zwanzig Matrosen, auch nach mehrmaligem Zählappell einundzwanzig geworden.
Ein feiner, fast poetischer Text, der mir aber zu wenig Handlung bot. Ich hätte mir eine ausführlichere Beschreibung aller Charaktere und Vorkommnisse gewünscht, die ich gerne in einem umfangreicheren Buch gelesen hätte.
Mariette Navarro
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Mariette Navarro
Über die See
Ultramarins: Über die See
Neue Rezensionen zu Mariette Navarro
Auf das Buch bin ich aufmerksam geworden, als vor einigen Wochen Ronya Othmann und Juliane Liebert die Klüngeleien hinter den Kulissen eines (bisher zumindest) recht renommierten Buchpreises aufgedeckt hatten. Hier eine Zusammenfassung ihres Textes, der bei der "Zeit" leider hinter der Bezahlschranke liegt. Mariette Navarros schmaler Roman war einer der Texte, die es aufgrund ihrer literarischen Qualitäten zunächst auf die Shortlist geschafft hatten, dann aus politischen Erwägungen wieder heruntergenommen wurden und nur auf Intervention der o.g. Autorinnen hin auf die nun extra erweiterte Shortlist zurückfanden. Zu Recht, wie ich nach der Lektüre finde.
Zum Inhalt des Buches sagt der Verlagstext schon genug; mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, um nicht zu spoilern.
Es sind die besonderen, wechselnden Atmosphären an Land und auf dem Meer, die die Autorin wundervoll einfängt, in die ich mich beim Lesen fallen lassen konnte wie die Männer mitten auf See in den scheinbar unendlichen Ozean. Was sich zunächst wie ein faszinierendes Wechsel-"Bad" der Gefühle, Gedanken und menschlichen Kräfte liest, öffnet anderen, unerwarteten Entwicklungen Tür und Tor, die die komplette Besatzung von der Kapitänin bis zum kleinsten Matrosen vor unbeantwortbare Fragen stellen. Hier kommt ein Magischer Realismus ins Spiel, der Assoziationen zu Marlen Haushofers "Wand", Goethes "Erlkönig", manchen im Roman selbst erwähnten oder auch unerwähnten Gestalten der "Odyssee" und vielen anderen mysteriösen Figuren und Geschehnissen weckt, vereint auf diesem Schiff, allein in der unendlichen Weite, wo der Sinn des Aufbrechens, Unterwegsseins und (vielleicht?) Ankommens neu bedacht und individuell justiert werden muss.
Ich hätte gern mehr davon gelesen und war traurig, als ich das Büchlein beendet hatte. Daher muss ich noch überlegen, ob ich vier oder viereinhalb Sterne vergebe. Ich fand den Schluss stimmig, aber es ging mir einfach zu schnell.
Ein Containerschiff auf dem offenen Meer. Eine gemischte Crew aus alten Hasen und neuen Mitgliedern bitte die starke Kapitänin um ein Bad im offenen Meer, weit weg von jedweder Küste. Zu ihrer eigenen Überraschung ist sie einverstanden. Diese unerwartete Entscheidung setzt nach und nach eine Reihe von unerklärlichen Ereignissen und Emotionen in Gang.
Dieses Buch braucht nicht viel. Wenige Charaktere, wenig Handlung, weniger Seiten, aber doch so viel Inhalt, so viel Stimmung, so viel Poesie, kurz etwas, dass den Leser berührt und sprachlich bewegt. Dabei ist es an keiner Stelle schwer. Der Autorin gelingt eine geschickte Gradwanderung, alles bleibt unbestimmt ohne abzudriften. Jeder Satz ist passgenau. Die Sprache ist atmosphärisch, wundervoll leicht und doch poetisch. Mit wenigen Worten laufen ganze Bilder, ja Filme vor dem geistigen Auge des Lesers ab.
Mein Fazit: Wenn ich hier etwas zu kritisieren habe, dann dass es ab und an einfach ein bisschen mehr sein könnte, ein kleines bisschen mehr Klarheit, ein paar Worte mehr, ein wenig mehr.... Aber das würde wahrscheinlich den Zauber des Buches zerstören. Also am Besten man bildet sich eine eigene Meinung.
Gespräche aus der Community
Das Lieblingsbuch der französischen Buchhändler*innen und Highlight des französischen Bücherherbsts 2021 gibt es jetzt in deutscher Übersetzung.
Hier jetzt endlich auch meine Rezension.
Außerdem wie immer zu finden unter Wasliestdu.de, Lesejury, Amazon, Hugendubel, Thalia, Weltbild, Buecher.de und meinem Blog:
Vielen Dank für dieses wunderschöne Buch, ich habe es verschlungen!
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