Cover des Buches Wie die Franzosen die Liebe erfanden (ISBN: 9783862200382)
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Rezension zu Wie die Franzosen die Liebe erfanden von Marilyn Yalom

Anregend und bereichernd

von helena33 vor 10 Jahren

Rezension

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helena33vor 10 Jahren
Ausgehend von der Beobachtung, dass in der us-amerikanischen Kultur und der französischen Kultur ganz unterschiedliche Perspektiven auf die Liebe, die Leidenschaft und die Ehe bestehen, möchte die Autorin die Liebe als soziales Konstrukt näher erforschen. Und zwar mit dem Blick auf die Entwicklung des französischen Verständnisses von Liebe. Hierzu wendet sie sich, ausgehend vom 12. Jahrhundert bis in die Gegenwart, französischen Schriftstellern und ihren Werken zu.
Yalom geht von einer wechselseitigen Beeinflussung aus. Die Literatur beeinflusse die Ideen der Menschen und die Menschen selbst beeinflussen die Literatur. In den 16 Kapiteln legt sie den Fokus daher mal mehr auf das Liebesleben der Schriftsteller, wie z.B. bei Beauvoir und Sartre, mal hingegen mehr auf die literarischen Figuren, wie z.B. die Romanfiguren von Proust.

Yalom befasst sich mit Rousseau, Gide, La Fayette, Sand, Moliere, Racine, Stendhal, Flaubert, Rimbaud und vielen anderen mehr. Man erhält dabei ganz unterschiedliche Sichtweisen auf die verschiedenen Spielarten der Liebe – die romantisch monogame Liebe, die leidenschaftliche Liebe, die freundschaftliche Liebe, die neurotische Liebe, die inzestöse Liebe, die geheimnisvolle Liebe, die symbiotische Liebe uvm. Zugleich liest man auch über den historischen Kontext, die politische Situation und auch die Rolle der Frau in der jeweiligen Zeit – da natürlich auch dies erheblichen Einfluss auf die Formen der Liebe hat.
Hin und wieder nimmt Yalom auch Bezug auf die us- amerikanischen Vorstellungen über die Liebe und die Ehe, was ich noch als zusätzliche Bereicherung werte.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich habe es nicht immer chronologisch gelesen, sondern mir die Kapitel heraus gesucht, die mich gerade interessierten. Auch ließ ich mir immer wieder Pausen, um über das Gelesene in Ruhe nachdenken zu können.

Yalom hat eine klare, flüssig und lebendig zu lesende Sprache, es machte mir stets Freude sie bei der Analyse bekannterer und auch unbekannterer Werke und Schriftsteller zu begleiten. Man spürt deutlich, dass ihr die französische Literatur und die Liebe sehr am Herzen liegen.

Mich hat es beeindruckt, wie fein sie die jeweiligen Betonungen setzt und wie klar sie ihre literarischen Analysen und Interpretationen formuliert. Sie regte mich sehr zum Nachdenken an. Zudem bereitete die Lektüre mir Lust, einige der besprochenen Werke, die ich noch nicht kannte, zu lesen.

Einen Stern möchte ich trotzdem abziehen. Ich empfand es manchmal als störend, dass die Autorin immer mal wieder einzeln beobachtete Szenen aus privaten Beziehungen plaudernd wiedergab. Das passte meines Erachtens nicht so ganz zum Buch.

Ich kann das Buch jedem empfehlen, der Freude an französischer Literatur in den verschiedenen Epochen hat und der sich gern literatur- und sozialwissenschaftlich dem Phänomen der Liebe nähern möchte. Ich empfand das Werk als leicht zu lesen, interessant, anregend und bereichernd. Ein Buch, in das man immer mal wieder gern reinschauen kann und möchte.
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