Rezension zu "Durch Mauern gehen" von Marina Abramović
Marina Abramović hat mich Anfang der 1990er Jahre als feministische junge Frau entsetzt. Ich nahm sie nur als selbstverletzend wahr, in der die Frau zum Objekt ihrer Zuschauerin degradiert wird. Dieses Entsetzen hielt mich davon ab, mich näher mit ihrer Performancekunst auseinanderzusetzen.
Wem es ähnlich ging oder geht, empfehle ich diese Autobiografie sehr. Das Buch erklärt mir ihren Zugang zu der Kunstform des Erduldens und die Rolles des Publikums als wesentlicher Bestandteil der Performance. Ihre tiefe spirituelle Auseinandersetzung hat mich sehr beeindruckt und auch die Offenheit, mit der sie die private Abramović offenbart. Aber vermutlich gibt es das gar nicht: eine private Künstlerin. Das weiß ich selbst als Schriftstellerin nur zu gut.
„The artist is present“ hat mich tief berührt und war der Grund, warum ich diese Biografie verschlungen habe. Hinter den Kulissen zu schauen, war wunderbar. Es ist ihre Geschichte, ihr Blick und für mich auch wichtig, sich das zu vergegenwärtigen. Ich persönlich bin immer etwas skeptisch, wenn ein Mensch sich durch Namensgebung verewigt: egal, ob es sich um eine Kunstform, eine Methode oder (aktuell) eine Partei handelt. Denn, so habe ich jetzt auch durch Marina Abramović gelernt, die Kunst steht immer in Abhängigkeit von den Rezipierenden.