Rezension zu "Clara Rilke-Westhoff" von Marina Bohlmann-Modersohn
Dass Rilkes große Liebe und die Frau, der er am meisten Treue und Verbundenheit bewies, seine Ehegattin war, ist nicht wirklich bekannt. Clara Rilke-Westhoff, die fast einen ganzen Kopf größer und sehr viel mächtiger war als ihr eher kleiner und schmächtiger Mann, war darauf aber nicht nur stolz. Diese Biographie, die ich im Rilkehaus in Fischerhude entdeckte, wo Clara Rilke-Westhoff von 1921 bis zu ihrem Tode gelebt und die gemeinsame Tochter Ruth großgezogen hat, zeigt die innige Beziehung der beiden anhand vieler Dokumente und unbekannter Briefe auf. Der Dichter als liebender Vater, rührender Gatte, als Mann, der Kochrezepte verschickt und sich viele Gedanken um die Erziehung seiner Tochter macht, passt nicht nicht zu dem Bild, das sonst von ihm gezeigt wird. Aber die Briefe und Tagebuchausschnitte sprechen eine ganz eigene Sprache. Von 1901, als er Clara, die Bildhauerin, deren berufliche Karriere er uneigennützig unterstützte, bis hin zu seinem zu frühen Tod im Jahr 1925, war er in Gedanken immer bei seiner kleinen Familie und seiner Frau, mit der er bis zuletzt verheiratet blieb. Dass diese sich ihm zu sehr unterordnete und anpasste, ist zu Teilen wohl wahr und wird beschrieben. Aber dass sie ihm viel zu verdanken hat, ist die andere Seite der Medaille. Ein wirklich lesenswertes Stück deutscher Kunst- und Literaturgeschichte ist dieses Buch und ein Zeugnis davon, wie eine unkonventionelle Künstlerehe schon um die Jahrhundertwende herum möglich war und Früchte trug.