Cover des Buches Das Leben kleben (ISBN: B004WFXN4E)
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Rezension zu Das Leben kleben von Marina Lewycka

Geklebtes Leben mit Happy End

von TochterAlice vor 9 Jahren

Rezension

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TochterAlicevor 9 Jahren
Frisch getrennt und kratzbürstig - so präsentiert sich uns Georgie Sinclair. Quasi aus Versehen hat sie ihren Gatten dazu gebracht, sich von ihr zu trennen und obwohl sie es bereut, kann sie nicht anders, als sich nun zickig und rachsüchtig zu geben. Zum Einstieg jagt in ihrem Leben ein negatives Erlebnis das nächste: ihr Job bei einem Klebstoff-Fachmagazin langweilt sie, ihre Karriere als Schriftstellerin scheitert daran, dass die Verlage ihre Manuskripte zurücksenden und keinen Hehl daraus machen, wie schlecht sie diese finden. Ausserdem muss sie sich mit ihrem pubertierenden Sohn rumschlagen, der zum Nerd zu mutieren scheint. Eine triste Ausgangslage, doch Georgie klebt wie auch die anderen Protagonisten am Leben.

Dann tritt die skurrile Mrs. Shapiro in Georgies Leben es: wie eine Pennerin zieht sie, verfolgt von zahlreichen Katzen, mit einem Wägelchen durch die Straßen und schnappt sich die Bücher und Schallplatten von Georgies Ehemann, die diese in den Müll geworfen hat. Beim Kauf herabgesetzter Lebensmittel kommt man sich näher und Mrs. Shapiro besiegelt die Freundschaft durch eine Einladung zu einem Abendessen, das selbst für robuste Mägen schwer zu verkraften ist. Einmal da, lässt sie Georgie nicht mehr los: als sie ins Krankenhaus kommt, gibt sie Georgie als Bezugsperson an, die nun gemeinsam mit der alten jüdischen Dame um deren Selbstbestimmung und das Haus, in dem sie wohnt, kämpft. Dabei wird sie von Arabern - Palästinensern, wie sich herausstellt - unterstützt, auch Georgies Familie, ihre Kollegen aus der Welt der Klebstoffe sowie Mrs. Shapiros Sohn spielen eine Rolle und unterstützen beide Damen im Kampf gegen das Böse - Sozialarbeiter und Makler.

Ein Roman, der wie einer dieser belanglosen lustigen Frauenromane startet: doch es steckt wesentlich mehr dahinter! Die Autorin bietet wie immer ein hohes Niveau an Wortwitz und Erzählkunst. Marina Lewycka beherrscht die Kunst, ernste Themen auf witzige und unterhaltsame Art und Weise darzustellen, absolut perfekt. Wie es sich für einen Frauenroman gehört, gibt es auch ein Happy End - doch es ist eines der besonderen Art. Auch hier klebt bzw. hängt alles zusammen und der begeisterte Leser seinerseits klebt am Buch!

Die Autorin hat sich vor allem mit "Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch" einen Namen gemacht, einem intelligenten und witzigen Roman, in dem es um Exil-Ukrainer in England geht, die nach der Wende von Landsleuten aus der Heimat "heimgesucht" werden. Hier und auch im Nachfolgeroman "Caravan" brilliert sie wie kein(e) andere(r) durch ihre Beschreibung verschiedener ethnischer Gruppen. Der neue Roman thematisiert eine Konfrontation zwischen Figuren jüdischer und palästinensischer Herkunft, natürlich auch wieder im britischen Exil. Die eigentliche Kraft des Romans und seine hohe literarische Qualität steckt in diesen Szenen und selbstverständlich auch der Darstellung von Georgies Umgang mit allen Problemen, denn es trifft sie ja mehrfach. Die Wissenschaftlerin Lewycka tobt sich auch diesmal aus und zwar in der Welt der Klebstoffe - ein Thema, das sich parallel zu der Handlung des Romans durch das ganze Buch zieht. Ein sehr unterhaltsames, aber keineswegs anspruchsloses Buch, das ich jeder Freundin und jedem Freund - denn auch Männern würde ich dieses Juwel anspruchsvoller Unterhaltungsliteratur empfehlen - hochwertiger, humorvoller Romane ans Herz lege.
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