Es fällt manchmal schwer, stilistische, methodische und Narrativ-Differenzen bei Herfried und Marina Münkler festzustellen. Beide besitzen den Hang, episch-deskriptiv zu verfahren, sodass die Frage erlaubt sein mag, wieso man das Buch überhaupt liest und nicht sofort selbst das Quellenstudium betreibt, anstatt sich über Kapitel hinweg darüber rekapitulieren zu lassen. Dennoch ist "Anbruch der Neuen Zeit" eine wichtige historische Arbeit über das 16. Jahrhundert.
Zum Inhalt: Im 16. Jahrhundert ändert sich die Welt von Grund auf. Als Christoph Kolumbus 1492 einen bis dahin unbekannten Erdteil entdeckt, entsteht zugleich der Anspruch einer europäischen Herrschaft über diese «neue» Welt; das Christentum wird zu einer globalen Religion. Gleichzeitig steht die Alte Welt unter dem enormen Druck der tief nach Europa expandierenden Osmanen, und wenig später zerfällt mit dem Thesenanschlag Martin Luthers ihre religiöse Einheit. Marina Münkler durchmisst dieses dramatische Zeitalter der Entdeckungen und Konflikte, erzählt von den «Wilden» der Neuen Welt und den «Heiligen» der Alten ebenso wie von den Auseinandersetzungen um die «Türken». Münkler schildert die Medienrevolution des Buchdrucks und die Reformation, die das Verhältnis jedes Einzelnen nicht nur zur Kirche, sondern auch zu Glauben und Heilsgewissheit vollkommen veränderte, die Geburt der modernen Naturforschung, aber auch Bauernkriege und Hexenverbrennungen. Ein Jahrhundert, das in jeder Hinsicht grundstürzend war – und das, wie Marina Münkler zeigt, viel mit uns verbindet. Ein großes Geschichtswerk über den Anbruch einer neuen Zeit, unserer Zeit.
Angesichts des ansonsten in der populärwissenschaftlich orientierten Geschichtsschreibung eher totgeschwiegenen 16. Jahrhunderts besitzt das Buch durchaus seine Berechtigung. Das Opus bietet thematisch gut gegliedert einen durchaus lohnenswerten Einblick in eine Epoche, die der heutigen manchmal näherzustehen scheint, als es auf den ersten Blick möglich scheint. Leider sind manche Passagen beinahe rein deskriptiv, sodass sich der Mehrwert der Lektüre des Buchs stellt im Vergleich dazu, selbst sofort die zugrundeliegende Quellenbasis zu sichten.












