Marina Perezagua

 3,3 Sterne bei 4 Bewertungen
Autor*in von Hiroshima.

Lebenslauf

Marina Perezagua, geboren 1978 in Sevilla. Ihre Romane wurden von Kritikern wie Lesern gleichermaßen begeistert aufgenommen. Kurzgeschichten von ihr wurden in mehreren Magazinen und Anthologien veröffentlicht. Seit 2001 lebt sie in New York, wo sie unter anderem an der New York University lehrt. »Hiroshima« ist ihr erster Roman.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Marina Perezagua

Cover des Buches Hiroshima (ISBN: 9783608981360)

Hiroshima

(4)
Erschienen am 05.03.2018

Neue Rezensionen zu Marina Perezagua

Cover des Buches Hiroshima (ISBN: 9783608981360)
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Rezension zu "Hiroshima" von Marina Perezagua

killmonotony
Rezension: Hiroshima

Wow, was für ein Cover, was für ein Buch! Marina Perezaguaist mit „Hiroshima“ ein wahnsinnig aufwühlendes Buch gelungen, das nicht nur über Kriegstraumata, die „Schande des Überlebens“ und den Wahnsinn der Menschheit spricht, sondern auch, und das ganz überraschend, über Gender. (Ich verwende hier den englischen Begriff, da mir das deutsche „Geschlecht“ viel zu sehr an das Körperliche gebunden zu sein scheint und das Englische hier wunderbar differenziert.) Es geht um H., unsere namenlose Protagonistin, und ihren Kampf mit ihrem Körper. Denn H. wurde mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen geboren, und da die Eltern schlicht überfordert waren, entschlossen sie sich, ihr Kind als Jungen großzuziehen. Doch wie ihr bereits an meinen Pronomen erkennen könnt, fühlt H. sich mehr als Frau und möchte auch ihren Körper später , wenn sie alt genug ist, anpassen. Doch als ihr die Atombombe nimmt, was sie immer als lästig empfunden hat, fühlt sie sich beraubt. Eine lebenslange Trauer beginnt. Sie lernt Kriegsveteran Jim kennen, der während des Krieges ein Baby. ein Mädchen, versorgt hat und dieses nun wiederfinden will, da er sich als Vater sieht. H., die nicht nur mit einem Penis, sondern auch mit einer dysfunktionalen Gebärmutter geboren wurde, spürt ihr Sehnen. Denn vor der Bombe hätte sie wenn nicht Mutter, dann Vater werden können, jetzt bleibt ihr nichts. Der Wunsch nach einem Kind gewinnt Überhand und so hilft sie Jim, seine Tochter zu finden. Eine lange Reise beginnt, die H. und Jim die Schrecken des Krieges immer wieder vor Augen führt.

Ich habe Hiroshima überlebt, weil es meine Pflicht war, zu überleben und Zeuge meiner eigenen Existenz zu sein, denn dafür hat meine Mutter mich auf die Welt gebracht: damit ich sehe, was vor mir liegt, eine Bombe oder eine Herde friedlich grasender Schafe.

Als ich den Klappentext und die Leseprobe las, wusste ich ehrlich gesagt nicht, was mich erwartet. Ich rechnete mit einem Buch über den Krieg, über die Gräuel der Atombombe und wie sie Land und Menschen Japans veränderte. Doch was Marina Perezagua hier zwischen zwei Buchdeckel packt, ist so viel mehr. Es geht um Identitätsfindung, wenn einem das geraubt wird, dessen man sich eigentlich bewusst entledigen wollte, es geht um Akzeptanz, es geht um Sinnkrisen. Eigentlich hätte die Lektüre wahnsinnig bedrückend und deprimierend sein müssen — und das war sie auch, versteht mich nicht falsch —, doch gab es immer wieder Szenen der Hoffnung, der Freude, wenn ein neues Lebenszeichen von Jims Tochter auftaucht, wenn die beiden ihrem Ziel einen Schritt näher kommen. Aber auch die Tatsache, dass H. langsam und schmerzvoll ihren Verlust aufarbeitet, sich mit anderen Intersexuellen austauscht und sogar sexuelle Ausrichtung kennenlernt, von denen sie nicht einmal wusste, dass es sie gibt. Ich muss sagen, durch H. habe ich sehr viel gelernt, was mir das Gender Studies Seminar in der Uni nicht einmal ansatzweise mitgeben konnte. H. stellt wichtige Fragen, wie etwa die Frage danach, warum man ein Baby mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen in eine Form zwingt, damit es in Schema X oder Y passt, „warum nicht diesen Status aufrechterhalten, bis das Baby, wenn es sich physisch und bezüglich seiner Identität entwickelt, für sich selbst entscheiden kann? Aber nein, aus irgendeinem Grund wird ihm das Geschlecht mit dem Hammer eines Richters aufgedrückt, und es wird Junge oder Mädchen genannt, Mann oder Frau, Greis oder Greisin“.

Weiterlesen: https://killmonotony.de/rezension/marina-perezagua-hiroshima

Cover des Buches Hiroshima (ISBN: 9783608981360)
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Rezension zu "Hiroshima" von Marina Perezagua

Lucciola
Durchwachsen

Sie nennt sich selbst H. Das stumme H., denn genauso fühlt sie sich. Doch entgegen dieser Behauptung gibt sie sich ihrem Schicksal nicht geschlagen, sondern kämpft so gut es geht dagegen an: Gegen die Wunden, die die Atombombe in Hiroshima bei ihr hinterlassen hat, gegen ihr falsches Geschlecht, gegen die Unauffindbarkeit der Tochter ihres Partners - und auch gegen den Tod. 

Das Buch ist aus der Sicht von H. geschrieben, sie schreibt ihre Aussage - oder vielmehr ihr Geständnis - nieder, weswegen man als Leser immer wieder als "Sir" angesprochen wird. Das ist anfangs ziemlich verwirrend, auch weil der Schreibstil der Autorin recht kompliziert und sprunghaft ist. 

Entgegen des Titels handelt nur recht wenig von Hiroshima und dem Atombombenangriff, vielmehr ist dieses Ereignis der Ausgangspunkt des Leidens, das sich H.s Leben nennt. Doch diese - körperlichen und seelischen - Wunden, die sie dort erlitten hat, sind längst nicht alles. Die Autorin hat hier eine unglaubliche Vielfalt an (schwierigen) Themen untergebracht: Krieg, Trauma, Leid, Tod, Verlust, Transgender, Rassismus, Sklaverei, Sexualität, Gewalt, Entwurzelung, verschwundenes Kind, Weiblichkeit, Männlichkeit, Schwangerschaft, Hoffnung und so viel mehr. Jedes einzelne dieser Themen ist unglaublich wichtig. Doch irgendwann wurde das Buch dadurch einfach überladen, man ist verwirrt, verstört und durch die Langatmigkeit dann leider auch irgendwann gelangweilt. 

Eine Story, die erschüttert und schockiert, aber auch fasziniert. An manchen Stellen ist das Buch unglaublich ekelerregend, sodass man es aus der Hand legen muss, um wieder durchatmen zu können. Doch dieser Ekel ist der Thematik geschuldet und daher auch durchaus in Ordnung. Leider wird durch die vielen verschiedenen Problematiken, denen H. gegenübersteht, alles recht schnell langatmig und verwirrend. Die Autorin hüpft von einer Szene zur nächsten und manchmal weiß man kaum noch, wo man sich befindet und welchem der Probleme man jetzt gegenüber steht. Die einzelnen Thematiken werden so zwar angesprochen, aber auch teilweise recht schnell wieder abgehakt, sodass sie nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdient hätten. Zu viel gewollt....Weniger wäre hier mehr gewesen. 

Fazit

Erschreckend, verstörend, teilweise ekelerregend, aber auch interessant. Durch die Vielzahl von Problematiken wird das Buch aber schnell überladen und langatmig, die Szenen folgen zu schnell aufeinander, sodass man als Leser schnell verwirrt ist und nicht mehr richtig mitkommt. Weniger wäre hier mehr gewesen. 2,5 bzw. gerundete 3 Punkte.

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