Mario ist zwar schon über zwanzig, lebt aber immer noch bei seinen Eltern. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit Rollenspielen. In der heimischen Bibliothek findet er ein Buch, das ihm von der Welt Ramon erzählt. Und dann wacht er tatsächlich in dieser Welt auf und erfährt, dass er der legendäre Held Rogan ist, der zurückkam, um die Welt gegen einen finsteren Dämonenfürsten zu retten ...
Leicht fällt es mir nicht, diese Zeilen zu schreiben, und ich habe mir einige Tage Zeit genommen, um diese Rezi auf den Bildschirm zu bringen. Denn vermutlich breche ich damit nicht nur ein Herz, sondern auch einen mir selbst vor langer Zeit gegebenen Schwur.
Die Zusammenfassung ließ mich neugierig werden. Offensichtlich hätte ich noch etwas nachlesen sollen, dann wäre ich gewarnt gewesen. Doch es kam wie es kam, ich bewarb mich um dieses Buch, eine interessante Welt und eine spannende Handlung erwartend. Soviel gleich: beides habe ich nicht gefunden.
Der Roman strotzt vor Fehlern. Nicht Rechtschreibfehlern, die wurden offensichtlich größtenteils ausgebessert, nein. Zeitfehlern, Sprüngen. Wortwiederholungen, etc. Sätze beginnen entweder in der dritten Person, um in der ersten zu enden oder umgekehrt. Dann wird wird munter von in der Zeit gesprungen, von der Vergangenheit in die Gegenwart und wieder zurück. Gewürzt dann noch mit immer und immer wieder den gleichen Worten, einigen Bandwurmsätzen und Zeichenfehlern. Wenn ein Roman von einem Verlag verlegt wird, selbst wenn es ein Druckkostenzuschußverlag ist, erwarte ich zumindest ein in Ansätzen durchgeführtes Lektorat. Dies hat ganz offensichtlich hier nicht stattgefunden.
Die Charaktere sind ... eindimensional, um es freundlich auszudrücken. Wer gut ist, ist gut, wer böse ist, ist böse. Einzige Ausnahme ist der entführte Freund des Protags, der zwischendrin auch noch den Namen wechselt. Vom Bösen eingefangen und für dessen Zwecke ... ausgebildet (als wenn man nicht spätestens dann weiß, dass etwas nicht stimmt, wenn der erste Zauberspruch, den man lernt, eine andere Kreatur zu Tode foltert), nur um am Ende dann rührselig wieder zurückzukehren auf die Seite des Guten - natürlich erst, nachdem man eine halbe Armee dahingemetzelt hat.
Da liegt ein weiterer schwerer Fehler des Romans: Der schieren Masse der sinnlos Dahingemordeten. Scheinbar trifft jeder Schwertstreich sofort tödlich, und mit jedem Zauberspruch fällt der Aussprechende gleich ein gefühltes Dutzend Gegner. Von dem Blut, dem Schmerz, ja der Reue der Helden ist nichts sichtbar. Keine Trauer, kein Widerstand, nicht einmal eine Widerrede. Es wird einfach hingenommen und so liest der Roman sich plötzlich wie der Bildbericht des letzten Rollenspielabends.
Sex sells, das dachte man sich hier wohl auch. So wird in der zweiten Hälfte immer mal wieder gern besprungen und sinnlos gerammelt. Statt auf Gefühle einzugehen, die derjenige, aus dessen Sicht erzählt wird, gerade empfindet, poppt man fröhlich und sämtliche Frauen haben natürlich sofort einen Orgasmus. Tja ... Ein kleiner Hinweis an dieser Stelle: Eine Frau, die gefühlt vor maximal einer Stunde das letzte Mal vergewaltigt wurde, wird vermutlich alles tun, aber nicht öffentlich in ein Bad steigen und mit (auch wenns ihr Ehemann ist) einem Mann Sex haben. Über die Meuchelmörderin rede ich jetzt noch nicht einmal. Das lächerlichste für mich war vermutlich die Gedanken der Vergewaltigten, die sich Sorgen darüber machte, ob sie schwanger geworden ist, nachdem sie von HINTEN genommen wurde. Meines Wissens ist das das rein anatomisch nicht möglich, es sei denn ihre Gebärmutter sitzt in ihrem Allerwertesten.
Die Figuren reagieren seltsam naiv. Da ist kein Hinterfragen, keine Zweifel. Hey, ich bin in einer anderen Welt, wie cool! Dass es da Gefahren geben könnte, wird komplett ausgeblendet. Auch hätte ich gern mehr Staunen und Unglauben von dem Zwerg gelesen. Oh, ich bin kleiner, meine Arme sind länger, oh wie cool! Das war wenig, und das sind vergebene kleine Höhepunkte, mit denen der Autor hätte punkten können.
Oh, jetzt kommt mein Liebling! Die Action. Sie soll da irgendwo sein, immerhin, hier wird über einen Krieg geschrieben, über gewonnene und verlorene Schlachten. Am Ende sind wir sogar im Schlachtgeschehen ... oder sollen es sein. Wieder ist alles weit, weit weg, liest sich sehr dröge und trocken und so gar nicht nach Action. Ansätze sind da, zumindest etwas, aber mehr als Ansätze werden es auch bis zum Ende nicht.
Das einzige, womit der Autor mich zumindest ansatzweise überraschte, war sein Heldenkonzept. Es ist nicht neu, aber es kommt mir selten unter, dass am Ende die gesamte Gruppe, besser ihre Seelen, Rogan sind. Alle neune gemeinsam. Das war keine schlechte Lösung, und das sollte hier erwähnt werden, wenn ich damit auch das einzig wirkliche Spannungsmoment des gesamten Romans vorwegnehme für mögliche zukünftige Leser.
Wenn ich noch Gutachten erstellen würde, würde ich hier DRINGEND zu einer tiefreichenden Überarbeitung raten - mit anderen Worten: Zurück ans Reißbrett und vor allem, Schreiben üben. Es ist mutig, ein solches Werk zu veröffentlichen und damit Lesern zugänglich zu machen. Der zweite Schritt sollte jetzt das Erlernen des Handwerks sein.