Fotos und Text dieses Buches suggerieren den Eindruck, als ob Mario Goldstein seine Wanderung entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze nur mit seiner Hündin absolviert hätte. Da geht er hin in der Einsamkeit des ehemaligen Kolonnenweges. Panzerstraße wäre ein anderer Ausdruck für diesen Plattenweg. Aber natürlich ist das falsch, denn er diente den DDR-Grenztruppen lediglich als Transport- und Kontrollweg für ihre Fahrzeuge, in der Regel Trabant-Kübelwagen.
In zwei Etappen, 2016 und 2018 wanderte Goldstein auf diesem Weg, soweit er noch zu finden war. Natürlich nicht allein, denn schon die Fotografien bezeugen, dass hinter diesem Projekt ein ganzes Team stand, auch wenn man Goldstein allein mit seiner Hündin im Zelt schlafen ließ. Vermutlich standen von Anfang an zwei Aspekte bei diesem Projekt im Vordergrund: der kommende 30. Jahrestag des Mauerfalls und (wohl viel wichtiger) das Streben des BUND, das sogenannte grüne Band, also den ehemaligen Grenzstreifen, als durchgehendes Naturschutzgebiet zu etablieren. Besonders für dieses Projekt macht das Buch eindringlich eine gelungene Werbung.
Über viele Jahrzehnte ließ man die Natur ungewollt machen, was sie wollte. Und das Resultat ist beeindruckend. Warum also sollte man daran etwas ändern? Vielleicht macht man das mit solchen Büchern aber völlig unabsichtlich doch, denn eine solche Werbung zieht selbstverständlich auch Touristen an. Ob man das wohl einkalkuliert hat? Vermutlich nicht. Rund um West-Berlin zum Beispiel ist der „Mauerweg“ eine Attraktion.
Der Autor hat eine DDR-Vergangenheit, saß im Knast, weil er weg wollte. Schließlich kaufte der Westen ihn frei. Und so ist dieses Buch auch eine Erinnerung an die vielen Fluchtversuche und Zwischenfälle an dieser leidigen Grenze, die nun Vergangenheit ist. Das ist das eine Thema. Den Rest des Buches füllen der Naturschutz und das Projekt aus, um das es dem Autor und seinen Mitstreitern geht. Man findet also neben den Erinnerungen an Mauerflüchtlinge viele Fotografien der herrlichen Natur in diesem Gebiet. Und Berichte über Begegnungen mit bestimmten Zeitzeugen der Vergangenheit oder Mitstreitern des Naturschutzprojektes.
Mir haben die Fotografien sehr gefallen, weil sie eine unberührte und wenig frequentierte Natur zeigen. Zudem sind sie einfach professionell sehr gut gemacht. Der Text liest sich auch sehr gut. Insgesamt also ein schönes, informatives und auch lehrreiches Buch. Jedenfalls bis auf einen kleinen Abschnitt, in dem es um die Ansiedlung von Wölfen geht. Dies ist keineswegs so unumstritten und konfliktfrei wie es der Autor und seine Gesprächspartnerin in diesem Fall behaupten oder suggerieren. Ganz im Gegenteil. Man kann diese Ansiedlungspläne auch als übertriebene Schnappsidee von Leuten ansehen, die den Bezug zur Realität verloren haben und irgendeiner Sehnsuchtsidee nach wilden Tieren nachhängen, die sie mit dem ideologischen Begriff der Vielfalt tarnen.
Dort jedenfalls, wo man diese Idee umgesetzt hat, entstanden erhebliche Konflikte mit der ansässigen Bevölkerung, in der deswegen eine ziemliche Wut herrscht. Warum sollten Wölfe auf dünn besiedeltem Gebiet, etwa Truppenübungsplätzen bleiben? Natürlich tun sie das nicht. Sie wandern und dringen dabei in dicht besiedelte Gebiete, zum Teil an den Rand von Siedlungen vor, reißen über Nacht ganze Schafherden und vermehren sich (wie in Thüringen) auch mit Hunden. Es gehört nicht viel Intelligenz dazu, um sich die Folgen dieser ungehinderten Ausbreitung in der Zukunft auszumalen, die keineswegs so aussehen werden, wie das die Wolfs-Romantiker behaupten.
Abgesehen von dieser sehr einseitigen Darstellung dieses speziellen Themas kann man dieses Buch nur empfehlen.
Mario Goldstein
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Mario Goldstein
Mit dem Wasserwerfer zum Dalai Lama
Abenteuer Grünes Band
Der Freiträumer
Neue Rezensionen zu Mario Goldstein
"Abenteuer Grünes Band" ist ein Bildband aus dem Knesebeck Verlag. Mario Goldstein wanderte entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze.
Mario Goldstein, selbst ehemaliger DDR-Flüchtling, ist die einstige deutsch-deutsche Grenze abgewandert: 1393 Kilometer, 100 Tage zu Fuß durch Gegenwart und Geschichte – auch seine eigene – und zu den Menschen vor Ort am Grünen Band, einem Naturparadies mit Narben.
Dort wo einst hohe Türme, Mauern und Selbstschussanlagen standen, konnte sich die Natur entwickeln und bietet heute Lebensraum für 1200 seltene Tier- und Pflanzenarten.
Über den alten Kolonnenweg der DDR-Grenztruppen führt er tief in nahezu unberührte Wälder, Wiesen und Sümpfe. Wir begegnen mit ihm hier Luchsen, Vögeln und einer großen Artenvielfalt, aber auch den Menschen vor Ort und den Geschehnissen und den Folgen der deutschen Teilung, darunter Naturschützer und Landwirte, Politiker und Zeitzeugen, ehemalige Grenzer und Geflüchtete.
Wenn man eine landschaftlich schöne Wandertour plant, die über 100 Tage gehen soll, dann würde man bestimmt nicht auf Anhieb an den ehemaligen Grenzstreifen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR denken. Der sogenannte Todesstreifen. Zu grau, zu trist und zu sehr besetzt mit den Gedanken um die teilweise schrecklichen Ereignisse bei Fluchtversuchen und dem drohenden Schießbefehl auf Seiten der DDR-Grenze. Doch genau diese Hintergedanken und eigenen Erfahrungen haben Mario Goldstein geprägt, auch er war Flüchtender und verarbeitet beim Wandern und Entdecken seine Vergangenheit. Er ist ein Abenteurer, ein Vagabund, den eine Sehnsucht nach der Freiheit und Ferne antreibt.
Wenn man sich die tollen Fotos der herrlichen Natur anschaut, geht einem das Herz auf. Aber auch die Zeitzeugen und Menschen an der Grenze, Nachbarn, ehemalige Soldaten und andere kommen im Buch zu Wort und bringen ihre Sichtweisen mit ein. Man bekommt ein umfassendes Bild von Ost und West, verschiedenen Schicksalen und entdeckt die wieder erstarkte Natur, die vom BUND als besonderer Schutzraum und Lebensort vieler seltener Tiere und Pflanzen betrachtet wird.
Das Grüne Band erstreckt sich viel weiter als nur über die ehemalige deutsch-deutsche Grenze, es umfasst auch den gesamten Eisernen Vorhang in Europa. Überall dort, wo Grenzen trennen, ist es wichtig, Begegnungen von Mensch zu Mensch und mit der Natur möglich zu machen. Grenzen trennen - Natur verbindet.
Wenn Grenzen trennen kann daraus nichts Gutes entstehen, aber es kann sich zum Guten entwickeln, wie man an der Natur des Grünen Bandes sehen kann. Ein interessantes und aufklärendes Buch passend zum Mauerfall-Jubiläum. Das Grüne Band, historisch und ökologisch wichtig!
Cover und Optik:
Vorne ist eine Fotomontage vom Dalai Lama, dem Autor sowie vom Wasserwerfer vor bergiger Landschaft. Bei genauer Betrachtung wirkt das Bild etwas künstlich, passt aber zur beschriebenen Reise sehr gut.
Innen ist vorne eine Karte der Reise, hinten im Buch eine technische Zeichnung des Wasserwerfers (kurz WaWe) enthalten. Beides ist auf nostalgisch getrimmt und ist optisch daher sehr schön anzusehen und macht Lust auf das Buch.
Das Buch selber ist mit einem Papiereinband sowie einem Lesezeichenbändchen versehen, was es sehr hochwertig wirken lässt. Dazu tragen auch eine Menge schöner Fotos von der Reise bei, die in guter Qualität im Buch zu finden sind.
Inhalt:
Der Autor Mario Goldstein hat einen alten Wasserwerfer gekauft und zum Wohnmobil umrüsten lassen. Gemeinsam mit seinem Bruder macht er sich quer durch verschiedene Länder auf die Reise, um zum Dalai Lama zu gelangen. Ziel ist die Übergabe von "Friedensbüchern": Bücher mit Friedensbotschaften von hauptsächlich Kindern, aber auch Erwachsenen aus ganz Deutschland.
Mein Eindruck:
Die Idee an sich, ein ehemaliges Polizeifahrzeug als Friedensmobil umzufunktionieren und damit eine so lange Reise zu machen, um Friedensbotschaften an den Dalai Lama zu übermitteln, finde ich spitze.
Stellenweise liest sich das Buch auch sehr spannend. Vor allem die Grenzübergänge oder Begegnungen mit Soldaten und der Polizei sind sehr detailliert beschrieben und man fiebert mit, wie es ausgehen wird, ob es weitergeht oder ob jemand zu Schaden kommt. Auch bestimmte Wegstrecken, die mit dem WaWe extrem schwer zu bewältigen sind, lassen einen Kurve für Kurve, Wendemanöver für Wendemanöver mitzittern.
Neben diesen kurzweiligen, spannenden Stellen gibt es aber leider auch sehr eintönige Stellen, an denen ich das Buch schon fast wieder aus der Hand legen wollte. Zwar ist es interessant, was der Autor über die Lebensumstände in den bereisten Ländern und über die Leute schreibt, denen er dort begegnet. Aber die Art, WIE er es beschreibt, liest sich teilweise monoton, wie eine bloße Aneinanderreihung von Tatsachen und
Feststellungen. Hier hätte ich mir etwas mehr "Pepp" gewünscht.
Ein Teil der Reportage handelt auch von den privaten Problemen, die den Autor während der Reise beschäftigen. Zwar ist dies menschlich und sicher auch ein Teil, der dazugehört. Aber die Art, wie diese Probleme Raum einnehmen, ist mir beim Lesen etwas auf die Nerven gegangen, weil sich der Autor hier leider öfter wiederholt als zum Verständnis notwendig gewesen wäre. Dafür erwähnt er später das Thema so gut wie gar nicht mehr und eine weitere Erläuterung, wie das vorher ausgewälzte Problem denn nun
wirklich gelöst wurde, bleibt aus. Besser wäre gewesen, das Thema gar nicht oder nur am Rande zu erwähnen und sich dafür mehr auf die Reise und die Leute in den Ländern zu konzentrieren.
Die Fotos in dem Buch sind sehr anschaulich. Leider sind sie m.E. sehr ungünstig verteilt: Sie tauchen immer konzentriert auf, ein Teil der Fotos bezieht sich auf lange zuvor Gelesenes, ein Teil auf das, was noch zu lesen sein wird. Ich hätte es besser gefunden, die Fotos in den Kapiteln vorzufinden, zu denen sie gehören. Hätte viel Hin- und Herblätterei erspart und den Lesefluss weniger gehindert.
Fazit:
Tolle Reiseidee, Ausführung teils sehr spannend, teils leider auch nervig und monoton - bedingte Leseempfehlung.
Gespräche aus der Community
Seit über zehn Jahren bin ich als Abenteurer dem Glück und der großen Freiheit auf der Spur. 2011 habe ich mich mit einem ausrangierten Wasserwerfer der Polizei - Symbol für staatlich legitimierte Gewalt - auf den Landweg nach Indien begeben. Mit an Bord hatte ich über tausend Friedensbotschaften aus ganz Deutschland. Das Ziel meiner Mission: den Dalai Lama treffen und die Friedensbücher überreichen. Eine Reise mit spannenden Begegnungen und einem überraschenden Ende. Meine Erlebnisse möchte ich mit euch in in dieser Leserunde teilen und bin gespannt auf eure Meinung!
Zum Inhalt:
Einen ausgedienten Wasserwerfer zum Expeditionsmobil umbauen und damit den Dalai Lama im indischen Exil besuchen. Zugegeben: kein alltäglicher Wunsch. Für Mario Goldstein sollte er Wirklichkeit werden. Nach monatelangen Umbauarbeiten macht er sich im Juli 2011 zusammen mit seinem Bruder René auf den Weg nach Indien. Ihr Zuhause für die nächsten Monate ist 10,70 Meter lang, 2,50 Meter breit, 3,90 hoch und wiegt 17 Tonnen.
Der Wasserwerfer sorgt für Aufsehen, ermöglicht aber auch Begegnungen mit besonderen Menschen. In Ländern wie Italien, Griechenland und der Türkei werden die Brüder mit offenen Armen empfangen. Sie treffen Einheimische und deutsche Auswanderer.
Doch es liegt auch schwieriges Terrain vor ihnen: Iran und Pakistan, eins der gefährlichsten Länder der Welt. Sprachliche Barrieren, eingeengte Bewegungsfreiheit und ein Gefühl der Unsicherheit sind ihre ständigen Begleiter. Hinzu kommt ein privater Schicksalsschlag, der fast zum vorzeitigen Abbruch der Tour führt.
Zum Autor:
Ich wuchs in einem kleinen Ort im Vogtland auf. Neugierig auf die Welt war ich bereits in meiner frühen Jugend. Doch mein Freiheitsdrang endete in der ehemaligen DDR mit zwei Gefängnisaufenthalten. Schließlich gelangte ich in die Bundesrebublik und war viele Jahre als Unternehmer tätig. Ich strebte nach Erfolg und suchte meine Bestätigung im Anhäufen von materiellen Dingen. Irgendwann begriff ich, dass diese Art des Glücks nicht von Dauer sein kann. Also hängte ich das Unternehmertum an den Nagel und schlug ein neues Kapitel auf - als Abenteurer. Mehrere Jahre lebte ich mit meiner Familie auf einem Katamaran und segelte von Thailand in die Karibik. Getrieben von Abenteuerlust und Sinnsuche wurde das Reisen zu meinem Lebensinhalt. Seit 2010 berichte ich in Live-Reportagen von meinen Erlebnisse. Mehr über mich und meine Reisen erfahrt ihr auf www.mario-goldstein.de
Begebt euch gemeinsam mit mir auf die spannende Reise zum Dalai Lama! Für diese Leserunde verlose ich zehn Hardcoverexemplare meines Buches "Mit dem Wasserwerfer zum Dalai Lama".
Wenn ihr Lust habt, dieses Buch im Rahmen einer Leserunde zu lesen, euch darüber auszutauschen und abschließend eine Rezension zu schreiben, bewerbt euch*, indem ihr bis zum 30.06. auf die folgende Frage antwortet:
Welche Gedanken und Gefühle verbindet ihr mit dem Dalai Lama?
Hier könnt ihr euch den Vortragstrailer anschauen und erhaltet schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf das Buch:
*Im Gewinnfall verpflichtet ihr euch zur zeitnahen und aktiven Teilnahme am Austausch in allen Leseabschnitten der Leserunde sowie zum Schreiben einer Rezension.