‚Also, wer nicht mal richtig auf die Putz haut, der dreht durch.‘ (Seite 15)
Der Hauptmann Pantaléon Pantoja ist ein vorbildlicher Mitarbeiter - loyal, frei von Lastern, pflichtbewusst. Er hat hervorragende Referenzen, weshalb er einen ganz besonderen Auftrag erhält: Da die Truppe in der Selva ‚am laufenden Band‘ (Seite 10) Frauen vergewaltigt, soll Pantoja dieser Sache ein Ende bereiten. Er wird in die Selva geschickt, und dort wird er auch ganz hitzig.
Pantoja befindet sich auf einer geheimen Mission, über die auch seine Ehefrau und seine Mutter nichts erfahren dürfen: Er baut ein Prostituiertengeschäft auf und plant dieses dezidiert.
‚Der Hauptmann und sein Frauenbataillon‘ stand jahrelang ungelesen in meinem Regal, obwohl Mario Vargas Llosa einer meiner Lieblingsautoren ist.
Dennoch brauche ich immer eine passende Vargas-Llosa-Stimmung, in der ich Lust und Laune habe, mich mit seinen Romanen auseinanderzusetzen und mich mit der Lektüre seiner oft anspruchsvollen Romane zurückzuziehen. Wegen seines Todes im April 2025 hatte ich große Lust darauf, weitere Romane von ihm zu lesen.
Der Einstieg in den Roman hat mir sehr gut gefallen. Hier findet sich bereits die für Vargas Llosa typische Parallelmontage, wobei er mitten im Dialog Ort, Zeit und Person wechselt. Was erst einmal verwirrt und worauf man sich ein wenig einlassen muss, finde ich eine sehr besondere und sehr gelungene Technik, die Vargas Llosa wirklich perfektioniert hat.
Der Roman ist satirisch und grotesk, und Vargas Llosa flechtet in seine Geschichte um Pantoja und das Frauenbataillon immer wieder Mythen und Legenden aus dem Amazonasgebiet ein.
Ab der Hälfte zieht sich die Geschichte meiner Meinung nach etwas, die Frische und der Humor nutzen sich ab, und ich musste mich bemühen, weiter aufmerksam zu lesen, habe trotzdem immer wieder quer gelesen und mich ein wenig durch die Seiten kämpfen müssen.
Meiner Meinung nach nicht der beste Roman von Vargas Llosa.
Mario Vargas Llosa
Lebenslauf
Alle Bücher von Mario Vargas Llosa
Das böse Mädchen
Tante Julia und der Kunstschreiber
Das Fest des Ziegenbocks
Lob der Stiefmutter
Tod in den Anden
Der Traum des Kelten
Der Krieg am Ende der Welt
Das grüne Haus
Neue Rezensionen zu Mario Vargas Llosa
Bereits nach den ersten Seiten taucht man ein in eine andere Welt, die von Mari(t)o und seiner Verwandschaft, in eine Welt voller Spannung, Klischees und Klatsch. Der Autor erzählt die Geschichte in jeweils zwei sich abwechselnden Handlungssträngen, einerseits die Erzählung selbst von Mario und seiner Liebe zu seiner über 10 Jahre älteren Tante Julia, andererseits darin verwoben die verschiedenen Hörspielserien, die alleine gelesen anfänglich schon sehr spannend sind, des bekannten, jedoch zunehmend verwirrten Bolivianers Pedro Camacho.
Ausserordentlich witzig und mit grossem Einfallsreichtum erzählt der Nobelpreisträger diese gewagte und ungestüme Liebesgeschichte. Die Verwirrung der Hörspiel-Abschnitte lassen jedoch den Leser mit der Zeit ungeduldig werden. Zum Schluss kann man fast selbst nicht mehr folgen und die Lektüre wird dadurch etwas mühsam. Die Konstruktion und Zusammenführung bzw. Auflösung am Ende des Buches, fand ich nicht sensationell. Man ahnt, was kommt und eigentlich ist man Schluss des Buches fast erleichtert, dort angekommen zu sein.
Trotzdem sehr empfehlenswerte Lektüre für Leser, die ausufernde Geschichten mögen, auf höchstem sprachlichem Niveau.
Das Original dieses Romans erschien 2003 unter dem Titel „El paraíso en la otra esquina“. Erzählt wird die Geschichte des französischen Malers Paul Gauguin (1848 – 1903) und seiner Großmutter Flora Tristan (1803 – 1844), einer peruanisch-französischen Schriftstellerin, Frauenrechtlerin und Sozialistin. Es handelt sich also um eine Art Doppelporträt. Dabei erzählt der Autor kapitelweise immer abwechselnd jeweils elf Episoden aus dem Leben der Protagonisten. Da sich beider Leben zeitlich nicht überschnitten, stehen die jeweiligen Kapitel unabhängig nebeneinander.
Verbindungen gibt es dennoch immer wieder, wenn sich Gauguin an Begebenheiten aus dem Leben seiner Großmutter erinnert, von denen er weiß. Oder wenn Flora immer wieder „Andalusierin“ genannt wird und die Bedeutung dieses Wortes in einem Abschnitt, in dem sich Gauguin an seine Mutter Aline erinnert, erläutert wird.
Flora Tristan begleitet der Leser dabei auf ihrer (letzten) Rundreise durch Frankreich, auf der sie mit fast missionarischem Eifer für einen Zusammenschluss der ausgebeuteten Arbeiter wirbt und sich für Frauenrechte einsetzt. Sie verkauft und bewirbt ihr Hauptwerk L’Union Ouvriére (Arbeiterunion) und ruft überall zur Bildung von örtlichen Arbeitervereinen auf. Dabei wirft sie immer wieder Rückblicke auf ihr Leben.
Das Porträt Gauguins ist ähnlich aufgebaut, doch umfasst er jeweils aktuelle Erzählstrang einen größeren Zeitraum an Jahren ab seiner ersten Reise nach Polynesien 1893 bis zu seinem Tode 1903. Auch er wirft immer wieder einen Blick zurück in seine Vergangenheit.
Manchmal, wenn Flora Tristan oder Paul Gauguin im Text in der 2. Person (Du-Form) angesprochen wird, bleibt für mich offen, ob da der allwissende Autor zu den Protagonisten spricht oder diese mit sich selbst.
Toll fand ich, dass der Autor die Titel der Bilder Gauguins jeweils genau benennt, so dass man sich im Internet einen genauen Eindruck davon verschaffen und mit den Ausführungen im Buch vergleichen kann. Das war für mich als absoluter Laie auf dem Gebiet der Bildenden Kunst eine schöne Erfahrung.
Was ich vermisst habe, ist eine kritische Wertung des Verhaltens von Paul Gauguin, vor allem bezüglich seiner Pädophilie. Der Autor weist zwar darauf hin, dass seine Geliebten auf Tahiti deutlich minderjährig waren, schildert es aber so, als sei das ganz normal. Vor allem im Gegensatz zu dem Bild, das Vargas Llosa von Gauguins Großvater André Chazal entwirft, wirkt das nicht nur nicht gerecht, sondern falsch.
Beide Protagonisten kommen angesichts ihres Verhaltens gegenüber ihren Kindern für meinen Geschmack zu gut weg. Das Desinteresse an ihnen finde ich schon bemerkenswert gefühlskalt.
Es wäre meiner Ansicht nach falsch, dieses Buch eine Doppelbiografie zu nennen, denn zu wenig geordnet und chronologisch werden die beiden Protagonisten vorgestellt. Vielmehr trifft die Bezeichnung Doppelporträt den Roman besser und das nicht nur, weil es ein Begriff aus der Malerei ist. Wie in einer Biografie stecken jedoch auch in diesem Doppelporträt sehr viele Informationen. Vier Sterne.
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