Cover des Buches Der Traum des Kelten (ISBN: 9783518422700)
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Rezension zu Der Traum des Kelten von Mario Vargas Llosa

Von dem irischen Unabhängigkeitskämpfer Roger Casement

von letusreadsomebooks vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Ein spannender historischer Roman über den Imperialismus. Nicht immer leichte Kost, aber ein beeindruckendes Porträt Casements.

Rezension

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letusreadsomebooksvor 9 Jahren

Im August 1916 sitzt der irische Unabhängigkeitskämpfer Roger Casement in der Todeszelle eines Londoner Gefängnisses. Er erinnert sich an die Jahre, die er im belgischen Kongo verbracht hat, wo er im Auftrag der britischen Regierung einen Bericht über die Grausamkeiten in der Kolonie verfasst hat. Außerdem denkt er an seine Kindheit, die er in Irland in einer katholisch-protestantischen Familie verbracht hat. Im Jahr 1910 war er im Amazonasgebiet unterwegs, um die prekären Arbeitsbedingungen einer Firma aufzudecken, die mit britischem Kapital finanziert wird. Und seine eigentliche Mission, die Reise nach Berlin um für Unterstützung der irischen Unabhängigkeit zu werben. Doch nach dem Ausbruch des ersten Weltkrieges gerät er zwischen die Fronten und scheinbare Freunde werden zu Feinden.

In seinem Roman Der Traum des Kelten gelingt dem Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa ein beeindruckendes Porträt des Iren Roger Casement, der sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts für Freiheit und Gerechtigkeit einsetzt und dabei für manche zum Verräter wird. Seine Lebensgeschichte zwischen Irland, dem Kongo und Peru ist sehr bewegt und wird von Llosa spannend erzählt. Der Roman ist in drei Teil geteilt: Zunächst wird Casements Einsatz im Kongo geschildert, wo er sich für die Bevölkerung einsetzt, die unter der Herrschaft Belgiens großes Leid erfahren muss. Ähnlich ist auch der zweite Teil, in der erneut die Ausbeutung von Menschen zur Bereicherung von Firmen thematisiert wird, diesmal im Amazonasgebiet. Der dritte Abschnitt spielt dann in Europa und zeigt Casement, der sich patriotisch für die Unabhängigkeit Irlands einsetzt und dafür große Risiken eingeht. Das Bild das während des Lesens entstanden ist, ist ein sehr komplexes. Das Leben von Casement ist geprägt von politischem Engagement für die Menschen, die unterdrückt und ausgebeutet werden, ohne dass Llosa ihn glorifizieren würde. Casement selbst macht einige Wandlungen durch, so wird er vom Diplomaten der englischen Krone zum fanatischen Kämpfer für die irische Unabhängigkeit.

Im Verlauf seines Lebens entdeckt Casement außerdem nach und nach seine Homosexualität, was vom Autor zwar immer wieder erwähnt und teils auch direkt beschrieben wird, meiner Ansicht nach aber zu sehr an den Rand gedrängt wird. Hier hätte ich mir mehr Interpretation des Autors gewünscht, der diese Homosexualität, bei der auch Pädophilie mitschwingt, eher als Erfindung des britischen Geheimdienstes abtut. Llosa konzentriert sich dagegen mehr auf den Kampf gegen die Unterdrückung in den Kolonien, die häufig direkt und grausam beschrieben wird, wodurch der Roman sehr politisch und eben auch aktuell wird.

Der Stil hat mir insgesamt gut gefallen, auch wenn sich für meinen Geschmack zu sehr auf das Faktische konzentriert wurde, wodurch es schwierig war, eine Bindung zum Protagonisten aufzubauen.

Der Traum des Kelten ist ein spannender biographischer Roman zu der historischen Figur des Iren Roger Casement. Durch die behandelten Themen und die politischen Bezüge keine einfache Lektüre für Zwischendurch, aber für Leser, die politisch und/oder geschichtlich interessiert sind, eine spannende und anregende Lektüre.

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