Cover des Buches Tante Julia und der Kunstschreiber (ISBN: 9783518398203)
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Rezension zu Tante Julia und der Kunstschreiber von Mario Vargas Llosa

Rezension zu "Tante Julia und der Kunstschreiber" von Mario Vargas Llosa

von Ulf_Borkowski vor 13 Jahren

Rezension

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Ulf_Borkowskivor 13 Jahren
In dem bereits 1977 erschienen Roman „Tante Julia und der Kunstschreiber“ verbindet Mario Vargas Llosa die Liebesgeschichte eines 18 Jahre alten Jurastudenten zu seiner angeheirateten, um 14 Jahre älteren bolivianischen Tante Julia und die -zunächst den Eindruck einer Nebenhandlung erweckenden- Radio-Hörspiele des kauzigen Autors Pedro Camacho. Im Peru der Fünfziger Jahre verliebt sich Mario unsterblich in seine geschiedene Tante Julia, die auf der Suche nach einem neuen Ehemann nach Lima gekommen ist und bei Marios Onkel und Tante, ihrer Schwester, wohnt. Der so wenig an der Jurisprudenz interessierte Student, der um so vieles lieber ein armer Schriftsteller in einer Pariser Mansarde sein würde, statt den hochgesteckten Ansprüchen seiner Familie zu genügen, wird zunächst von seiner Verwandten zwar belächelt, aber auch diese verliebt sich bald in ihren Neffen. So kommt es zu einer heftigen Liebesaffäre, die auch dem großen Familien-Clan der beiden nicht entgeht und unweigerlich in einem Skandal gipfelt. Doch das Liebespaar gibt nicht auf und flüchtet in die Provinz, um durch die eheliche Legalisierung ihrer Beziehung den Clan vor vollendete Tatsachen zu stellen. Doch dies gestaltet sich schwerer als zunächst angenommen, da Mario mit 18 Jahren noch nicht volljährig ist und eigentlich die Erlaubnis seines Vaters brauch, um zu heiraten. Zwischen den einzelenen Kapiteln der dramatischen Liebesgeschichte streut Vargas Llosa immer wieder skurile Episoden ein, die zunächst den Eindruck einer parallelen Handlung machen, sich aber schnell als die Hörspiel-Geschichten des bolivianischen Schreibers Pedro Camacho herausstellen, der in dem Radiosender angestellt ist, in dem Mario sich als Nachrichten-Redakteur seinen Lebensunterhalt verdient. Camacho wurde vom Eigentümer des Senders eigens aus Bolivien abgeworben, um seine beliebten Hörspiele in Lima zu verbreiten. Schnell gewinnt Camacho das Herz der Peruaner und wird zum profitablen Star des Senders. Doch schon bald schleichen sich Ungereimtheiten in die zunächst so perfekten Hörspiele ein, die letztlich alle Serien miteinander vermischen und allesamt in Chaos und Tod aller Akteure gipfeln und den von Anfang kauzigen Camacho in den Wahnsinn treiben. Mario Vargas Llosa hat mit „Tante Julia und der Kusnstschreiber“ einen großteils autobiographischen Roman vorgelegt. Dies wird auch kaum verschleiert, so heißt doch der Protagonist Mario und wird von seinen Freunden „Varguitas“, also in etwa „der kleine Vargas“, genannt. Auch andere biographische Details, wie die Geschichte seiner Familie, die zeitweise Trennung seiner Eltern und eben auch die Heirat -als allerdings 19-jähriger- mit seiner um zehn Jahre älteren Tante Julia entspricht der Realität. Ein interessantes Detail, das Vargas seinem Protagonisten in den Mund legt ist, dass von ihm erwartet werde Millionär zu werden oder zumindest Präsident der Republik. Das Mario Vargas Llosa tatsächlich 1990 nur knapp die Wahl zum Präsidenten der Republik Peru gegen Alberto Fujimori verlieren würde, konnte er mit Sicherheit 1977 auch noch nicht ahnen, zumindest Millionär wird er aber dank seines schriftstellerischen Talentes geworden sein. „Tante Julia und der Kunstschreiber“ ist ganz sicher große Literatur, aber dabei heiter und lesbar, teilweise skuril, aber auch romantisch. Darüber hinaus gibt der Roman auch Einblick in die gesellschaftliche und politische Situation imPeru der Fünfziger Jahre. Ein sehr empfehlenswertes Buch.
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