Rezension zu "Schwert und Lilie" von Marion Henneberg
Wer auch immer das ließt, die Rezi ist höchstwahrscheinlich nicht spoilerfrei, aber ich muss mir grad einfach die Seele aus dem Leib reiern.
Mit Abt Fingerhut steht das Fuldaer Kloster unter der Hand eines expansionsbestrebten und furchtlosen Mannes. Sehr zum Unwillen der adeligen Nachbarschaft gerät so immer mehr Land unter deren Kontrolle. So auch Burg Wartenberg, auf der die junge Lukardis aufgewachsen ist. Um den Status ihrer Familie zu wahren, geht sie eine Vernuftehe mit dem Ritter Hermann von Ebersberg ein. Doch dieser entpuppt sich schnell als grausam. Lukardis steht eine triste Zukunft bevor. Doch mit der Zeit kommt Lukardis dahinter, dass ihr Gatte in dunkle Machenschaften verwickelt ist.
Nachdem ich im letzten Monat Blut und Seide von Marita Spang gelesen hatte, war ich nun in Stimmung für einen weiteren Roman aus der deutschen Ritterzeit und so habe ich beschlossen, dieses Buch zu lesen, dass schon länger auf meinem SuB gelegen hat. Sehr zum Unglück für Marion Henneberg muss man dabei sagen, da Blut und Seide für mich ein absolutes Highlight gewesen war, und ich nun unweigerlich durch die thematischen Überschneidungen die beiden Bücher miteinander verglich.
So kommen wir zunächst zum sprachlichen Stil des Buches. Unaufgeregt und kaum anspruchsvoll, dennoch gut zu lesen. So lautet mein Urteil. Man kommt angenehm locker durch die Geschichte, vermag es aber nicht besonders in diese einzutauchen. Atmosphäre kommt kaum auf. Ab und zu musste ich beim Lesen auch innehalten, weil scheinbar selbstverständliche Dinge nocheinmal extra erklärt wurden, oder aber eine kleinichkeit zweimal hintereinander gesagt wurde.
Inhaltlich ist das Buch auch nicht besonders gut auzfgestelt. Zwar bietet eine Fehde zwischen einem Kloster und den weltlichen Fürsten an und für sich eine spannende Grundlage, allerdings müsste man diese dafür auch nutzen. So tritt dieser Konflikt nur zu Tage, wenn eine Burg eingenommen wird - was im Übrigen auch äußerst sparsam beschrieben wird - oder aber irgendwer dem Abt wieder einmal den Tod an den Hals wünscht. Die Hauptgeschichte ist mehr das dunkle Geheimnis Hermanns und wie dieses die Beziehung zwischen Lukardis und ihrer angeblich engen Freundin (dazu komme ich noch) beeinflusst. Über das Ende der Geschichte muss ich mich dann auch noch kurz aufregen. So hat sich das letzte Viertel des Buches ohnehin schon recht lauwarm und langweiliger als der Rest gelesen, das Finale, bei dem ich doch noch auf Spannung gehofft hatte, wurde dann aber im Drive-In-Schnelldurchlauf serviert. Von vorne bis hinten blieb mein Hunger nach Spannung ungestillt. Im Laufe der Geschichte sterben mehrere Menschen, zwei werden enthauptet, also Potential für Spannung, die Autorin verzichtet allerdings gekonnt darauf, diese Szenen dann auch auszuarbeiten. Cut, und man bekommt gesagt: "Ja, dies, das, Ananas, der is leider tot."
Zu den Protagonist:innen habe ich dann noch mehrere Fragen. Vor allem, warum Lukardis so dumm ist, wie sie nun mal ist? Die Figuren sind generell nicht besonders nahbar und man hat in anderen Romanen schon dutzend mal Equivalente gesehen, Lukardis schafft es allerdings durch einen Mangel an Empathie und Logik herauszustechen. Vor allem im Umgang mit Hilda bin ich irgendwann dann ausgestiegen. Irgendwie will sie ihr zu ihrer Gerechtigkeit verhelfen, tanzt gleichzeitig aber der Familie ihres Mannes nach der Pfeife und kümmert sich nur darum, was die anderen Adelsfamilien über den Status ihrer Familie denken. Das Lukardis` Eltern ohnehin niemanden jucken, weder die Leserschaft, noch die anderen Adeligen. Außerdem muss Lukardis ja nicht durch die ganze Gegend posaunen, dass sie ihren Mann, der ihr gegenüber ohnehin gewaltätig ist, verraten hat, weil so unauffällihg hat er nunn auch wieder nicht agiert, dass niemand seinen bösen Machenschaften auf die Schliche gekommen wäre.
Dann wäre da noch die Zuneigung zwischen Lukardis und Raban, die schon am Klappentext angekündigt wird, im Buch allerdings viel zu lasch beschrieben wird. Kaum etwas, was die beiden denken oder fühlen würden, kommt dann auch wirklich bei der Leserschaft an. Von aufkeimender Liebe oder anderen Emotionen liegt definitv nichts in der Luft! Die Autorin scheint allerdings generell ein bisschen ein Problem damit zu haben, einen Charakter mehr als ein optisches Auftretenund ab un zu einen Gedankengang zu geben. Bevor sie eine Person interessant und facettenreich gestaltet, werden lieber noch weitere halbfertige Drohnen auf das Schlachtfeld geworfen.
Zugutehalten muss man Marion Henneberg allerdings, dass sie scheinbar sich intensiv mit den historischen Hintergründen zum Buch beschäftigt hat. Die Fehde und viele der Figuren beruhen auf realen Ereignissen und so liest sich das Nachwort auch wirklich lehrreich. Allerdings kommt von den historischen Tatsachen nicht sehr viel in der Geschichte an, zumindest fehlt mir das Gefühl, über ein historisches Ereignis zu lesen. Dafür hätte mehr dieses Wissens in den Roman selbst miteinfließen müssen. So hätte das Buch, so leid es mir auch tut, sich genauso gelesen, wenn es ohne jegliche historische Recherchearbeit geschrieben worden wäre.
Rückwirkend betrachtet fühlte ich mich leider nie unterhalten und Emotionen wurden bei mir höchstens geweckt, wenn ich mir die Dummheit gewisser Figuren einfach zu viel wurde. Dementsprechend keine Leseempfehlung, und all diejenigen, die das Buch so gut bewertet haben, sollten die Bücher von Marita Spang umsomehr fühlen.
Edit: Können wir bitte über die Coverkreation von 2014 reden? Einerseits ist auf deem Hintergrundgemälde ein Dampfschiff zu erkennen, vermutlich auf dem Rhein - Mittelalter und Fulda sind also ganz weit weg. Und dann ist da noch diese Dame im blauen Kleid davor eingefügt. eine fürchterliche Komposition, und auch der Gesichtsausdruck der Dame vermittelt recht gut den Emotionszustand, den man beim Lesen des Buches bekommt.