Cover des Buches Die Kieferninseln (ISBN: 9783518427606)
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Rezension zu Die Kieferninseln von Marion Poschmann

Viele Anspielungen zur japanischen Kultur, inkl. Selbstmord-Wald

von Ping vor 6 Jahren

Rezension

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Pingvor 6 Jahren
3,5, spoilerfrei, Video-Rezi am Ende der Review.

Man sollte sich nicht von dem hanebüchenen Grund (Traum, dass seine Frau ihn betrügt) für die Japanreise des Protagonisten Gilbert abschrecken lassen, denn zum einen spielen Traumsequenzen immer wieder eine kleine Rolle in dem Roman, zum anderen klang es für sowieso einfach nach einer Ausrede, um weit weg fliegen zu können.

Marion Poschmann schreibt auch Lyrik, was man diesem Roman anmerkt. Die japanische Gedichtform "Haiku" wird viel besprochen, nicht zuletzt weil Gilbert auf den Spuren großer Dichter Japans wandelt. Obwohl es hier eine Aneinanderreihung von verschachtelten Sätzen sondergleichen gibt, ließ sich das Werk dennoch angenehm lesen.
Gilbert lernt einen jungen Japaner kennen, dessen er sich quasi annimmt und ihn fortan begleitet oder sich begleiten lässt, wie auch immer man es sieht. Dieser Yosa bringt Gilbert die japanische Kultur näher, generell werden in Die Kieferninseln sämtlichs typisches japanisches Kulturwissen aufgegriffen, so dass es langsam für so manch einen geradezu gewollt anfühlen könnte. Mir fällt da eine Szene ein, wo Yosa und Gildert ein Theater besuchen und die japanische Theaturkunst beschrieben wird und der Schauspieler, der eine Frau spielt, mit einer neunschwänzigen Füchsin verglichen wird. Für mich war diese Szene für die eigentliche Geschichte überflüssig, aber hey, immerhin den Mythos um die Tierwandler (Kitsune bei den Füchsen) noch eingebracht!

Die positiven Aspekte in diesem Werk sind für mich der Zynismus und die spitze Zunge von Gilbert, der sowieso alles besser weiß, die Anspielungen auf die japanische Kultur (Schlange stehen beim Einsteige in den Zug, Kleinigkeiten wie Visitenkeiten mit beiden Händen überreichen), die schaurigen Geschichte rum um den Selbstmordkult und dass die Gedichte und die Zitate der erwähnten japanischen Dichter erklärt wurden (nämlich weil Gilbert sie quasi für den Lesenden interpretierte). Negativ empfand ich, dass die Geschichte in der zweiten Hälfte deutlich schwächer wird, weil es zusammenhangloser wird und dadurch unnötig in die Länge gezogen anfühlt und auch das für mich nicht zufriedenstellende Ende, welches sehr offen gehalten ist. Gerade bei einem Besserwisser und einem suizidgefährdeten Begleiter wären mir einige andere Enden eingefallen.

Fazit: Deutscher Buchpreis 2017er-Kandidat, der mit schön geschriebenen Impressionen rund um die japanische Kultur aufwarten kann. Ein Buch, das stark begann, dessen zweite Romanhälfte für mich jedoch schwächeln begann, weil die Szenen nicht mehr gescheit zueinanderpassen wollten und mich mit einem zu offenen Ende zurückgelassen hat. Dennoch bereue ich das Lesen nicht und kann das Buch aufgrund der teils lyrikhaften Sprache und weil der Gilbert ein kleiner Unsympathler war, sodass er schon wieder der Knaller war. :D




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