Cover des Buches Die amerikanische Nacht (ISBN: 9783596183326)
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Rezension zu Die amerikanische Nacht von Marisha Pessl

Ein Jahreshighlight, das noch sehr lange nachwirken wird!

von Insider2199 vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Ein Jahreshighlight, das noch sehr lange nachwirken wird! (*****)

Rezension

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Insider2199vor 7 Jahren

Ein Jahreshighlight, das noch sehr lange nachwirken wird!

Die am 26. Oktober 1977 in Clarkston, Michigan geborene Autorin schloss ihr Studium der Englischen Literatur an der Columbia University mit Magna-Cum-Laude ab und begann, neben ihrer Arbeit als Beraterin bei PwC mit dem Schreiben: der vorliegende Roman (Original-Titel: „Night Film“, wird zur Zeit verfilmt) ist ihr 2. Roman nach "Die alltägliche Physik des Unglücks" (2006).

Zum Inhalt: Die 24-jährige Ashley, Tochter des berühmten Horror-Regisseurs Stanislas Cordova, wird in einer Lagerhalle in Manhattan tot aufgefunden. War es ein Unfall, Selbstmord oder gar Mord? Der investigative Journalist Scott McGrath, der schon ein paar Jahre zuvor in unangenehmer Weise mit Cordova in Berührung gekommen war und dabei den Kürzeren zog, beginnt mit seiner Recherche in der Hoffnung, dabei Cordovas Mitschuld am Tod seiner Tochter nachweisen zu können, um sich damit an ihm zu rächen. Doch je tiefer McGrath in den Fall einsteigt, desto mehr scheint er sich ihm zu entziehen.

„Todesangst ist so überlebenswichtig wie die Liebe. Sie berührt den Kern unseres Daseins und lässt uns erkennen, wer wir wirklich sind. Trittst du einen Schritt zurück und schließt die Augen? Oder hast du die Kraft, dich dem Abgrund zu nähern und hinabzusehen? Willst du wissen, was dort unten ist, oder willst du in der dunklen Illusion leben, in der uns diese Welt des Kommerzes eingeschlossen hält wie ein ewiger Kokon in seinem Inneren die blinden Raupen? Wirst du dich mit geschlossenen Augen zusammenrollen und sterben? Oder kannst du dich davon befreien und fliegen?“ – Stanislas Cordova Rolling Stone, 29. Oktober 1977

Meine Meinung: Mit diesem Zitat beginnt der 800-seitige Roman, der einen sofort in seinen Bann zieht und nicht mehr loslässt. Das Buch liest sich wie ein „Film Noir“ (ich hoffe Hollywood macht einen Schwarzweiß-Film daraus!) und wir erleben die Story aus der Ich-Perspektive des Journalisten, verfolgen ihn auf Schritt und Tritt bei seiner interessanten Recherche, die noch durch die sehr bereichernden Neben-Figuren Hopper und Nora weitere Unterstützung erhält. Das Buch wird angereichert durch diverse Internet-Artikel, Interviews usw., sodass der Leser wirklich das Gefühl hat, bei der Aufdeckung jedes neuen Puzzle-Teils mitzuwirken.

Auch sprachlich und stilistisch versteht die Autorin ihr Handwerk: ihre Stärken sind die ausgezeichnete Charakterzeichnung – selbst Statisten werden in 1-2 Sätzen in ihrem Kern beschrieben, sodass sie sofort in der Vorstellung des Lesers lebendig werden – die Beschreibung der Locations, die wunderbar atmosphärisch und düster rüber kommen (New York ist hier eine weitere wunderbare Hauptfigur!) als auch die Metaphern, die mit viel Witz und Charme sofortiges Kopfkino auslösen. Anbei vier Beispiele:

Figur-Beschreibung: "Sharon hätte als blasse Nonne durchgehen können, die aus einem Porträt aus dem 15. Jahrhundert im Flügel für Flämische Malerei im Metropolitan herausstarrte. Nur beherrschte der Maler die menschlichen Proportionen nicht ganz, so dass er ihr einen zu langen Hals, ungleiche Schultern und zu kleine Hände verpasst hatte."

Metapher: "Fogwatt bestand aus ein paar windschiefen weißen Gebäuden, die sich an einen grauen Hang klammerten wie die letzten paar Zähne in einem alten Mund."

Metapher: „Vielleicht litt ich unter demselben Problem wie der Mann, der die Welt umsegelt hatte und jetzt vor seinem Farmhaus stand, seiner Frau und den Kindern, und begriff, dass die Gleichförmigkeit der Heimat, die sich vor ihm erstreckte wie ein ausgetrocknetes plattes Feld, unendlich erschreckender war als jede Sturmböe mit zehn Meter hohen Wellen.“

Witz/Charme: „Mit Aurelia zu schlafen war, als würde man den Zettelkatalog einer menschenleeren Bibliothek nach einem unbekannten, kaum beachteten Eintrag zur ungarischen Lyrik durchstöbern. Es war totenstill, niemand konnte mir sagen, wo ich hinmusste, und nichts war da, wo es sein sollte.“

Fazit: An diesem Roman gibt es absolut nichts auszusetzen! 800 Seiten, die zu keinem Zeitpunkt zäh oder langweilig werden, im Gegenteil: die Lust auf mehr machen; nach dem Ende des Buchs fühlt man große Wehmut aufsteigen, weil der Lesespaß so schnell vorbei ist. Ein absolutes Jahreshighlight, dem ich auch mehr als 5 Sterne geben würde. Unbedingt lesen!! (währenddessen werde ich das Debüt der Autorin so schnell wie möglich nachholen, grins)

Hier geht es zu ihrem Jugendbuch ...

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