Rezension zu "Ein Schaf fürs Leben" von Maritgen Matter
Das ist eine Geschichte nach unserem Geschmack, denn sie hat Humor und Gefühl und stellt hergebrachte Rollen in Frage. Ein Wolf macht sich auf die Suche nach einem Schmaus und stößt dabei auf ein freundliches und etwas naives Schaf.
„‚Magst du kein Heu?‘, fragte Schaf. ‚Ich fürchte nein‘, sagte Wolf. ‚Dann hast du auch keinen richtigen Hunger‘, sagte Schaf.“
Der Wolf verspricht dem Schaf „Erfahrungen“. Das Schaf denkt dabei an einen spannenden Ort (wie wundervoll ist die Idee zu diesem Missverständnis?) und macht sich mit ihm davon. Die Freundlichkeit des Schafs stellt dann alsbald den Hunger des Wolfes vor Probleme. Und uns beim Lesen immer wieder vor die spannende Frage: Schnappt er nun gleich zu?
Besonders haben uns auch die Bilder gefallen: Ein Großteil ist gezeichnet, dazwischen versteckt sich gleichzeitig eine geniale Verwendung der Collage-Technik. Die Schafswolle ist ein mit einem weissen glatten Strickmuster hinterlegt, der Schnee echter Schnee.
So hatten wir auch immer viel zum Gucken, wenn das Schaf, weiterhin in Unkenntnis der wölfischen Absichten, über sich hinauswächst.
Ich verrate hier nun ein bisschen das Ende, weil es auch zeigt, was mir an dem Buch besonders gefallen hat.
„Armer Wolf!“, hat mein fast 9jähriger Sohn am Ende der Geschichte immer wieder gesagt. Ja, armer Wolf, der lieber die Einsamkeit wählt, bevor er das Schaf noch verletzen könnte. Und so traurig das auch ist, finde ich hier sehr gelungen, dass hier zwar eine Freundschaft zwischen Wolf und Schaf entsteht, aber sich damit nicht alles in eitel Sonnenschein auflöst, wie das sonst oft in Kinderbüchern geschieht.
Sich selbst zu kennen und genau deswegen Verantwortung zu übernehmen, das ist etwas, das Kinder und Erwachsene lernen müssen. Und wenn wir das alle tun, dann gehören irgendwann auch toxische Beziehungen der Vergangenheit an. Und dann können wir freundlich sein, ohne, dass das ausgenutzt wird.