Marja-Liisa Vartio

 3,7 Sterne bei 27 Bewertungen

Lebenslauf

Marja-Liisa Vartio, geboren 1924, gilt in Finnland als die große moderne Klassikerin der Prosa. Sie war verheiratet mit dem Autor Paavo Haavikko. 1966 starb sie mit 41 Jahren an den Folgen einer Fieberkrankheit. Vartio war und blieb eine Bestsellerautorin in Finnland, im Zentrum ihrer Bücher stehen Frauen, die sich gegen ihre Grenzen zur Wehr setzen. Männer wie Männer, Frauen wie Frauen erschien in Finnland erstmals 1959.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Marja-Liisa Vartio

Cover des Buches Männer wie Männer, Frauen wie Frauen (ISBN: 9783458175988)

Männer wie Männer, Frauen wie Frauen

 (27)
Erschienen am 18.08.2014

Neue Rezensionen zu Marja-Liisa Vartio

Cover des Buches Männer wie Männer, Frauen wie Frauen (ISBN: 9783458175988)
Frau_M_aus_Ms avatar

Rezension zu "Männer wie Männer, Frauen wie Frauen" von Marja-Liisa Vartio

Leena, eine junge Frau stellt sich dem Leben
Frau_M_aus_Mvor 3 Jahren

„Männer wie Männer, Frauen wie Frauen“ von Marja-Liisa Vartio erschien erstmals in Finnland im Jahr 1959. Die Geschichte spielt sich vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Zeit in Finnland ab. Auch das Äußere des Buches entspricht dem mit seiner Gestaltung. Es handelt es sich hier um ein wahres Sahnebonbon, ja einfach um Weltliteratur.

Es geht um die Geschichte der 18jährigen Leena, die sich in einen 34jährigen Mann verguckt, der verheiratet ist und sich auch nur vorübergehend in ihrer Stadt als Straßenarbeiter aufhält. Als sie ihre Schwangerschaft bemerkt, ist der Mann schon wieder bei seiner Familie.

Leena steht mit ihrem Babybauch völlig allein da. Ihre Liebesgeschichte musste sie geheim halten, ihre Schwangerschaft muss sie so lange wie möglich verbergen. Auf ganz besondere Art wird deutlich, wie fremd sich die Menschen in ihrer Familie sind, wie blind füreinander. Als ihr Zustand offenbar wird, wird Leena von allen Aktivitäten der Familie ausgeschlossen. Im Grunde sind alle mit der Situation überfordert und agieren hilflos und chaotisch. Es ist nicht möglich, miteinander wirklich zu kommunizieren. Der Vater ist gar nicht ansprechbar. Versuche der Mutter und der Schwester, sich Leena anzunähern, ja ihr auch beizustehen, bleiben erfolglos. Alles ist für Leena nur belastend.

Leena entwickelt sich in dieser schwierigen Situation zu einer starken Persönlchkeit. Nachdem sie anfangs erfolglos versucht hat, die Schwangerschaft abzubrechen, beschließt sie, ihr Schicksal anzunehmen und die erforderlichen Schritte zu unternehmen. Sie ist sich selbst gegenüber dabei absolut ehrlich. Die Doppelbödigkeit der gesellschaftlichen Moral widert sie an. Sie überstürzt nichts und verlässt sich nur auf sich selbst. So ist es ihr möglich, Entscheidungen zu treffen, die ihre Situation verbessern. Leena verlässt ihr Elternhaus und nimmt eine Stelle als Hausmädchen in der Stadt an. Auch in dieser Familie gibt es keine Wärme, keine Nähe. Aber schließlich sind es fremde Leute, von denen so etwas ach nicht zu erwarten ist. So tut es Leena weniger weh.
Einzig mit dem 3jährigen Sohn verbindet sie eine liebevolle Zuneigung, die sie jedoch nur zeigen kann, wenn dessen Mutter nicht in der Nähe ist.

Interessant ist auch die Beziehung zum Vater des Kindes gestaltet. Der Mann will Leena nicht im Stich lassen, ist aber ja nun mal gebunden als Ehemann und Vater zweier Kinder. Er hält den Kontakt zu ihr und will sich auch um Leena kümmern. Aber er wohnt nun noch weiter weg von ihr. Sie haben keine gemeinsamen Alltag. Sie driften emotional ebenfalls weiter und weiter auseinander. Für Leena verliert der Mann mehr und mehr an Bedeutung.

Zu dem Kind in ihrem Bauch entwickelt Leena jedoch mit der Zeit eine wachsende Wärme. Sie kann es am Ende wirklich annehmen, sie kann ihr Leben annehmen,

Am Ende des Buches kann man zuversichtlich sein, dass Leena im Leben zurechtkommen wird, egal wie schwierig die Umstände sich gestalten.

Der besondere Schreibstil von Marja-Liisa Vartio macht das Buch zu einem besonderen Lesevergnügen. Sie verzichtet darauf, den Figuren Namen zu geben. Dennoch ist stets klar, von wem die Rede ist. Dadurch wird auch der Leser auf Distanz gehalten und einmal mehr die zentrale Rolle der Leena unterstrichen. Der Humor, der stellenweise zwischen den Zeilen mitschwingt, ist mal Ironie und mal Sarkasmus und manchmal auch ganz böse.

Cover des Buches Männer wie Männer, Frauen wie Frauen (ISBN: 9783458175988)
S

Rezension zu "Männer wie Männer, Frauen wie Frauen" von Marja-Liisa Vartio

Viel besser als erwartet
Sonntag16vor 9 Jahren

Nach der Leseprobe hatte ich den Eindruck, dass hier eine Geschichte erzählt würde, die schon tausend Mal erzählt worden war. Besonders das erste Kapitel kam mir sehr kitschig und naiv vor und ich hatte das Vorurteil, dass ich die folgenden Geschehnisse erahnen kann und das Buch langweilig werden könnte. So war es jedoch gar nicht. Klar eine Geschichte wie die eines jungen Mädchens, dass schwanger wird und dadurch folglich Probleme resultieren, hat jeder schon einmal gehört. Aber darum geht es in diesem Buch nicht. Der Autor bringt diesen Inhalt des jungen schwangeren Mädchens auf eine literarische Ebene. Der Schreibstil ist dabei sehr angenehm zu lesen und beschreibt klar und deutlich Wesentliches ohne romantische oder überdramatisierte Ausschmückungen, die dieses Buch keinesfalls bedarf! So wird der Mann der Leena, die Protagonistin, schwängert, stets als "der Mann" bechrieben, er wird nie beim Namen genannt. Durch diese Namenslosigkeit wird der Mann zum Symbol für alle Männer die ein junges Mädchen in eine dergleichen brenzlige Situation bringen. Des Weiteren wird die Geschichte in einer personalen Erzählform geschrieben, dennoch hat man durch die vermittelte Innenperspektive auf Leena das Gefühl, dass die Geschichte beinahe in der Ich-Perspektive geschrieben sein könnte. Der Autor verbindet, wie hier deutlich wird, elegant die persönliche Situation von Leena, die stellvertretend für alle jungen ungewollt schwanger gewordenen Mädchen steht, und die geselslchaftlichen Sichtweisen und Einstellungen, die Einfluss auf das junge Mädchen nehmen. Folgendes Zitat unterstreicht dieses: "Ja, die Welt endet nicht mit uns, wenn man es so betrachtet. Und wahrscheinlich empfinden die Menschen dieselben Dinge immer gleich." (S. 75). Ferner wird herausgestellt, dass Leena mit allen Problemen alleine zurecht kommen muss, sie kann sich niemandem anvertrauen und über ihre Schwangerschaft oder "den Mann" reden. So wird beim Leser das Gefühl einer ausweglosen Sitation geweckt und Emotionen von Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit erzeugt. Ein Thema dieses Buches ist es also mit Herausforderungen im Leben umzugehen und sich nicht unterkriegen zu lassen. Auch empfindet der Leser Wut darüber, wie die Familie Leena behandelt und wie die gesellschaftlichen Umstände ihr das Leben schwer machen. Schließlich nimmt Leena eine Stelle als Haushaltshilfe in einer anderen Stadt an. Dort redet ihre Chefin stets in der dritten Person mit ihr, obwohl sie Leena direkt anspricht. Dies wirkt als wäre Leena nicht wirklich anwesend und als dürfte sie nicht selbst über ihr eigenes Leben entscheiden, so, als wäre sie eine Spielfigur, die von verschiedenen Personen, die stellvertretend die Gesellschaft symbolisieren, hin und her geschoben wird. Folgendes Zitat unterstreicht dies: "Als wäre sie in der ganzen Angelegenheit wieder einmal eine Nebenfigur, die der Frau einen willkommenen Anlass zur Vergnügung geliefert hätte." (S. 238-239). Dies beantwortet auch ein wenig die Frage, warum Leenas Chefin unbedingt eine schwangere Haushaltsangestellte anstellt und sich so sehr für Leenas Umstände und den Vater des Kindes interessiert.

Cover des Buches Männer wie Männer, Frauen wie Frauen (ISBN: 9783458175988)
Herbstroses avatar

Rezension zu "Männer wie Männer, Frauen wie Frauen" von Marja-Liisa Vartio

Leena und das Leben
Herbstrosevor 9 Jahren

Leena ist verliebt, ein bisschen jedenfalls, und auch ein bisschen neugierig wie das so ist, das Leben und so. Sie ist jetzt 18 Jahre alt und war bisher immer die brave Tochter, die fleißig auf dem Bauernhof der Eltern mithalf. Zur Schule durfte sie nur zwei Jahre gehen, dann war der Vater der Meinung, dass es nun genug sei. Jetzt hat sie einen Mann kennen gelernt, einen Straßenarbeiter, doppelt so alt wie sie und dazu noch verheiratet. Leena ist verwirrt, weiß nicht was sie tun soll. Der Mann weiß es umso besser, auch wenn er danach meint, er „hätte es nicht tun dürfen“ und Leena glaubt, sie „hätte gar nicht erst herkommen dürfen“. Trotzdem treffen sie sich heimlich immer wieder. Als Lena merkt dass sie schwanger ist, verdrängt sie zunächst alle Gedanken daran und versucht, mit anstrengender Arbeit und heißen Saunagängen das los zu werden, was einfach nicht sein darf. Doch irgendwann lässt sich ihr Zustand vor den Eltern nicht mehr verbergen. Mutter macht sich Gedanken darüber, was die Leute im Dorf sagen werden, und für Vater ist Leena einfach nicht mehr existent. So fasst sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen eigenen Entschluss. Sie nimmt eine Stelle als Haushaltshilfe an und zieht in die Stadt …

Um dieses Buch richtig zu verstehen sollte man sich zunächst darüber im Klaren sein, dass die Geschichte Mitte der 50er-Jahre des vorigen Jahrhunderts spielt, zu einer Zeit also, in der eine ledige Schwangere noch als Nutte bezeichnet wurde, ihr Kind folglich ein Hurenbalg war. Unter diesen Aspekten lässt sich die Gefühlswelt, die Panik und innere Zerrissenheit der Protagonistin besser nachfühlen.

Der Schreibstil ist sehr distanziert, die Autorin spart mit Worten und drückt doch alles aus. Zu Beginn mag man ihn als passiv und gleichgültig empfinden, doch hat man sich erst daran gewöhnt fühlt man die Kraft und Stärke, die von den knappen und ruhigen, mit viel Feingefühl verfassten Worten ausgeht. Die Kargheit der finnischen Landschaft und die Trostlosigkeit des elterlichen Hofes empfindet man sehr eindringlich, die Charaktere der meist namenlosen Personen sind gut nachvollziehbar. Erscheint Leena anfangs noch sehr naiv und unreif, ändert sich das mit ihrem Auszug aus dem Elternhaus allmählich. Ihre Gedanken werden strukturierter, sie akzeptiert das Unvermeidliche und erkennt nach und nach ihre Möglichkeiten.

Das Ende bleibt offen und macht die Geschichte für mich unvollständig. Leenas Problem endet doch keineswegs damit, dass sie eine Entscheidung weiterhin vor sich herschiebt. Sie bringt einen gesunden Jungen zur Welt, und damit beginnen meiner Meinung nach erst die richtigen Schwierigkeiten für sie. Doch leider ist darüber nichts mehr zu lesen, nichts ist geklärt, keines ihrer Probleme ist gelöst. Sie macht sich ans Wäschewaschen – im Buch bleiben acht leere Seiten …

Fazit: Ich habe dieses Buch gerne gelesen und mich nicht damit gelangweilt, dennoch entlässt es mich ein wenig ratlos.

Gespräche aus der Community

Bisher gibt es noch keine Gespräche aus der Community zum Buch. Starte mit "Neu" die erste Leserunde, Buchverlosung oder das erste Thema.

Community-Statistik

in 42 Bibliotheken

von 14 Leser*innen aktuell gelesen

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks