Cover des Buches Der Manipulator (ISBN: 9783453438323)
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Rezension zu Der Manipulator von Mark Billingham

Hätte richtig gut sein können, wenn nicht...

von soetom vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Spannender Thriller mit Schwächen.

Rezension

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soetomvor 9 Jahren
Den Klappentext muss ich vermutlich nicht wiederholen, und mehr zu schreiben bringt Spoiler-Gefahr. Darum beschränke ich mich auf das Lese-Erlebnis.

Nach etwa 70 Seiten war ich drauf und dran, das Buch weg zu legen. Das lag zum einen daran, dass ich keine der auftretenden Figuren plausibel fand. Der Kommissar soll wohl ein besonders guter Ermittler sein, läuft aber blind ins offene Messer, alle anderen Polizisten sind scheinbar ohnehin zu unbedarft es mit einem wirklich gefährlichen Verbrecher aufzunehmen - was ich auch nicht wirklich realistisch finde, zumal "der Manipulator", ein bereits verurteilter Serienmörder, für mich irgendwie auch nicht so richtig plastisch und glaubwürdig wurde. Obwohl Billingham sich da noch die meiste Mühe gibt, einen plausiblen Hintergrund zu kreieren.

Alle anderen Figuren bleiben für mich blass und holzschnittartig. Es mag daran liegen, dass das Buch das aktuelle einer langen Reihe mit dem selben Kommissar ist. Vielleicht wirkt es anders, wenn man den Anfang auch gelesen hat.

Das zweite ist, dass ich das Buch - besonders am Anfang und besonders bei der Charakter-Beschreibung - oft sprachlich sehr schwach fand. Ein Beispiel, mit dem Kommissar charakterisiert werden soll: "Um sich zu entspannen, rief er sich etwas in Erinnerung. Ein lebendiges, wunderbares Bild entstand vor seinem geistigen Auge, das die Verspannung in seinem Nacken und den Schultern sofort löste. [...] Er erinnerte sich [...] an einen überraschten Blick auf einem zerstörten Gesicht. Dieser in seiner ganzen Perfektion eingefrorene Moment, kurz nachdem er Nicklin [das ist der Serienkiller] den Gewehrkolben in den Mund gerammt hatte. Zersplitterte Zähne sich durchs Zahnfleisch bohrten. Volle Lippen, die aufgesprungen waren wie faules Obst..."
Was will mir der Autor damit über seine Figur sagen? Dass er ein sadistischer, brutaler Schläger ist? Aber so wird er im restlichen Buch nicht dargestellt. Oder denkt er sich nur: Blut verkauft sich gut, also schreib ich mal was." So kam es mir zumindest vor und das hebt nicht gerade mein Lesevergnügen.

Trotzdem habe ich bis zur letzten Seite gelesen. Denn je weiter man im Text voran kommt, umso mehr drängt sich die - wortwörtlich - ausweglose Situation auf einer abgeschnittenen Insel ohne Helikopter- oder Schiffsanbindung zum Festland in den Vordergrund. Die Atmosphäre ist nicht greifbar, auch weil sie eher zwischen den Zeilen entsteht als dass sie durch bestimmte Formulierungen erzeugt würde. Mir hat die Atmosphäre über die anderen Schwächen hinweg geholfen.

Am Ende steht ein so unerwartet unbefriedigendes, offenes Ende, dass es mich schließlich mit den eingangs beschriebenen Unzulänglichkeiten versöhnt hat. Es war spannend und ich wollte am Ende unbedingt wissen, wie es ausgeht. Aber noch mal lesen werde ich das Buch vermutlich nicht.
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