"Man nehme zwei Teile Wüstensand aus dem Westen der USA, mische sie mit zwei großen Schlucken Wasser aus dem Golfstrom, kühle das Ganze mit Eis aus Regionen nördlich des Polarkreises und verrühre es mit einem Spritzer Respekt vor den Wissenschaften: Dieser Cocktail beseelte die 33 Männer, die sich am Abend des 13. Januar 1888 im Cosmos Club in Washington, D. C., tragen, um die National Geographic Society zu gründen." So beginnt Mark Collins Jenkins seinen Prolog dieses wahrlich beeindruckenden Jubiläumsbandes zum 125. Geburtstag der in ihrer "homogen abgemischten" Zusammensetzung oben beschriebenen Gesellschaft. Bereits auf den ersten Seiten wird man unweigerlich in den Bann gezogen. Da läuft ein Expeditionsmitglied über die erkaltete Lava in der Caldera des Vulkans Nyiragongo im Kongo. Glühend rot wirkt der Boden durch den Widerschein des nahen "Lavasees". Beinahe zu vibrieren vor positiver Energie scheint eine Seite weiter der Tanz der Tutsi in Kosoro, Uganda. Das Bild stammt aus dem Jahr 1971 und wird in seiner ungezwungenen Natürlichkeit nicht mehr lange realen Bestand haben, denn 1994 wurden bei dem verheerenden Genozid schätzungsweise 800.000 Tutsi getötet. Gleichfalls ungeheuer beeindruckend wirkt die Begegnung eines Tauchers 2008 vor den Aucklandinseln in Neuseeland, der Aug um Aug einem riesigen Südlichen Glattwal gegenübersteht.
Auf knapp 400 Seiten nimmt der Autor aus Fredericksburg, Virginia, den Leser und vor allem Betrachter auf eine wahre Zeitreise mit. Eine Zeit-, Entdeckungs- und Abenteuerreise einer Gesellschaft, die es sich bei ihrer Gründung zum erklärten Ziel setzte, die Wissenschaft und Forschung in einem Land zu fördern, dessen Regierungen solche Unternehmungen häufig für zu kostspielig hielten. Und tatsächlich hielten sie ihr Versprechen. Fast immer waren sie dabei, wenn die großen Abenteurer und Entdecker zu den unbekannten Orten der Welt vorstießen, sei es nun bei Robert E. Pearys Nordpolexpedition 1909, der Besteigung des Mount Everests 1963, der ersten Mondlandung 1969, dem Fund der Titanic im Jahre 1985 oder James Camerons Solotauchgang zum tiefsten Punkt der Erde 2012. Aber auch weniger unspektakuläre Momente faszinieren. So das Porträt einer Ifuago-Mutter mit Kind (Ureinwohner der Philippinen) aus dem Jahr 1917, eine malerische Ansicht der Olivenstraße oder "Bab Khna el-Zeit" in Jerusalem (1900), die Aufnahme eines Amischen-Jungen in Pennsylvenia (1965), die über und über mit Monarchfaltern bedeckten Bäume in den Bergen der Sierra Madre in Mexiko (1976) oder der junge Orang-Utan, dar sich ängstlich an den einjährigen Sohn einer Primatologin klammert, da er sich vor dem Wasser fürchtet, das in einer Waschschüssel die beiden zum Baden einlädt.
In fünf umfangreichen Kapitel mit rund 600 Fotografien und informativen Reportagen staunt, schaut, liest und informiert man sich über mehr als 10.000 Forschungsprojekte, die die National Geographic Society bis heute umgesetzt hat. Beginnend mit den vielen großen Unbekannten in den Gründungsjahren (1988-1998), über die allseits einströmenden Neuigkeiten von überall nach der Jahrhundertwende (1900-1919), zu Entdeckungen in ferne, wilde Orte (1920-1956) oder den Mondreisejahren (1957-1969). Ab dem Jahre 1970 setzt sich dann ein neuer Fotojournalismus durch, der es sich zur Aufgabe und zum erklärten Ziel gemacht hat, Verantwortung zu übernehmen und letztendlich bis heute den Menschen die Vielfalt der Erde vor Augen zu führen. Eine Vielfalt, die durch sinnlose Zerstörung und unkontrolliertes Wachstum mehr als bedroht ist. Die meisten Forscher, die mit National Georgraphic zusammenarbeiten, befassen sich mit ökologischen Fragen wie schwindenden Ressourcen, Überbevölkerung und dem drohenden Aussterben kultureller und biologischer Vielfalt - ein Wettlauf gegen die Zeit. Wie lange wird es noch das Volk der Yimas mit ihrer bedrohten Sprache Karim in Papua-Neuguinea geben? Wann werden die letzten Stelzenfischer ihre Plätze vor der Küste Weligamas in Sri Lanka einnehmen? Wann wird der letzte Kolibri, dieser geduldige Nektarsammler, der wie ein schillernder Diamant seinen Schnabel in den Kelch ein Blüte taucht, eine derart sensationelle Aufnahme ermöglichen, wie sie 2008 Christian Ziegler im Nebelwald von Westpanama gelang?
Fazit: Ob man zurückschaut oder nach vorn, unser Weg ist lang und gewunden und die Uhr tickt. Es ist an uns allen, diese Zeit zu dehnen. Das große National Geographic Buch offenbart nicht nur 125 Jahre Entdeckungen oder die Schönheit unseres Planeten, es ist ein Buch, das informiert und das die Augen öffnet. Danke dafür!
Mark Collins Jenkins
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Das große National Geographic Buch
Neue Rezensionen zu Mark Collins Jenkins
„Zwischen der National Geographic Society und ihren Mitgliedern besteht eine Bindung, die auf Vertrauen beruht“.
Das ist die Quintessenz von Gilbert M. Grosvenor, seines Zeichens Enkel des ersten festangestellten Herausgebers von National Geographic, zu Zeiten selber Herausgeber des National Geographic Magazins. Ein Mann, der fest und eng mit der National Geographic Society und ihren Zielen verwurzelt ist.
In diesem Vertrauen, das von Beginn an durch Qualität und Ehrlichkeit der Berichterstattung, vor allem in den vielfachen Bildbänden, seine Grundlegung erfahren hat, ist seit 125 Jahren ein verlässlicher „Darsteller“ der Welt auch an ihren entlegenen Orten und in ihren exotischen Ausdrucksformen vorhanden, der dieses Grundvertrauen zu Recht genießt. Ein „Darsteller in der Breite“ durchaus, der da in Form des Magazins und der vielfachen Publikationen, Vorträge und Materialien gewachsen ist, ausgehend 1888 aus der zusammengerufenen Gesellschaft zur „Förderung und Verbreitung geographischen Wissens“. Ein Magazin, das im Lauf der Zeit sich auf die Fahnen geschrieben hat, „die Welt und alles was in ihr ist“ zu behandeln.
Dieser nun vorliegende Bildband gibt einen profunden Einblick in die 125jährige Geschichte der Gesellschaft und zeigt an vielen Beispielen aus all den Jahren auf, wie breit gefächert die Themen sind und mit welch hohen Qualitätsanspruch vor allem an die Fotografien das Magazin von Beginn angearbeitet hat.
Schlaglichter wie jenes von einer Expedition in Alaska 1909, die Passion für die Archäologie in der Begleitung der „Suche nach verlorenen Städten“, Rückbesinnungen auf eine „verlorene Welt“ wie das wunderbare Bild der Mönche im Lama Kloster 1926, aber auch die Unterstützung vieler, vieler „Feldforschungsprojekte“ und Expeditionen, die ohne die Unterstützung von National Geographic nicht möglich gewesen wären und durch das Magazin dauerhaft in seinen Bildern für die Nachwelt dokumentiert wurden. Bis dahin, dass Menschen über die Gesellschaft bereit sind, ihr Leben „untergehenden Kulturen“ zu widmen.
Wie gewohnt mit hervorragendem Bildmaterial versehen bietet dieser Sammelband einen guten und breiten Einblick in die Entwicklung der Arbeit von National Geographic, rückt viele Schwerpunkte noch einmal in das rechte Licht und bietet ebenfalls (eher ungewohnt für die erfolgreichen Bildbände des Hauses) auch viel erläuternden Text zu den einzelnen Arbeitsbereichen und Höhepunkten der darstellenden Arbeit.
Von der Paläontologie bis zum Lavasee im Kongo 2011 reicht dabei die Vielfalt der Darstellungen von Flora, Fauna, Ereignissen und eben „der Welt und allem, was in ihr ist“ thematisch und von Beginn des letzten Jahrhunderts an bis in die Gegenwart in Wort und Bild.
Ein wunderbarer Einblick in die Geschichte von National Geographic und in die Welt, in der wir leben.
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