Rezension zu "Nollops Vermächtnis" von Mark Dunn
»Nollops Vermächtnis« ist das Erbe eines Ehrenbürgers der kleinen Insel Nollopton. Die Bewohner vergöttern Nollop und ehren den sprachgewandten Mann, dem es doch tatsächlich gelungen ist, einen Satz zu verfassen – ein Pangramm – , in dem jeder Buchstabe des Alphabets mindestens einmal vorkommt. Dieser Satz prangt als Heiligtum gut sichtbar am Denkmal des Stadtzentrums. Doch dann geschieht das Unglück. Es fällt das Z. Der Hohe Rat sieht darin ein Zeichen und verbietet zukünftig das Z zu benutzen. Bücher, Schriften und Verordnungen werden entsorgt. Das Z wird verbannt und wer sich erlaubt das Z weiterhin zu verwenden wird bestraft. Verwarnung, Auspeitschen, Verbannung. Keine Lappalie. Natürlich bleibt es nicht beim Z. Und viele Inselbewohner ahnen, dass es nicht Nollop ist, der auf diese Weise auf sich aufmerksam machen will, sondern nichts weiter als der hundert Jahre alte Kleber, der zum Ankleben der Buchstaben-Kacheln verwendet wurden.
Der Zerfall der Sprache - deutlicher ist es kaum darzustellen.
Der Zerfall der Sprache – deutlicher ist es kaum darzustellen.
Nun. Der Hohe Rat ist jedoch anderer Meinung. Und es passiert, was passieren muss. Nach und nach fallen alle Buchstaben aus dem Pangramm herunter. Auch das O, aber das – so meint der Hohe Rat – muss ein Versehen sein. Das O darf weiter benutzt werden, sonst könnte ja der tolle Nollop nicht mehr beim Namen benannt werden. Die Sprache verschwindet, dabei stand Nollop doch für die Sprache. Natürlich erfährt auch die Außenwelt von diesen seltsamen Verboten und versucht auf ihre Weise zu helfen.
"Das Z zerplatzt" von Chris van Allsburg: "Das Z zerplatzt, das Stück ist aus."
“Das Z zerplatzt” von Chris van Allsburg: “Das Z zerplatzt, das Stück ist aus.”
Die Geschichte ist nicht spannend, sie stimmt jedoch nachdenklich und erinnert mich nicht nur an die Schildbürger-Geschichten aus meiner Kinderzeit, sondern auch an »Das Z zerplatzt« von Chris van Allsburg – ein Kinderbuch mit Buchstabenreimen.
Doch Parallelen im Buch finden sich vor allem in der Realität. Die ausnahmslose Verehrung einer toten Person, ohne den eigenen Verstand zu benutzen, die Ausübung von Gesetzen der Machthabenden und der Kampf der Bürger gegen diese. Eine Buchstaben-Diktator. Und da wäre noch der Zerfall der Sprache, der von zahlreichen Generationen immer weider bemängelt wird.
Das besondere zum Stil: Die Geschichte rund um Nollop in Nollopton wird in Briefform geschrieben. Es wird keine Atmosphäre geschaffen. Nie kennt der Leser die Umgebung des Protagonisten und erfährt auch nicht wie dieser selbst aussieht. Alle bleiben ohne Gesicht, sie haben nur ihre Sprache, die sie in Schriftform ausdrücken. Und das muss nicht nur für den Autor, vor allem aber für den Übersetzter Henning Ahrens eine Herausforderung gewesen sein.
Letztendlich ist es kein erzählter Roman, sondern ein Schreibexperiment und die erschreckend ironische Zurschaustellung des Menschen auf vielfältige Weise.
Fazit: »Nollops Vermächtnis« von Mark Dunn ist für alle, die Sprache und Ausdruck lieben und mehr als nur eine unterhaltende Geschichte möchten.
© & Komplette Rezi unter:
http://www.blog.nicole-rensmann.de/2014/03/18/gelesen-nollops-vermaechtnis-von-mark-dunn/