Mark Johnson, geboren 1979, hat jahrelang als politischer Berater gearbeitet, lese ich und denke so bei mir, die politischen Berater werden auch immer jünger. Vielleicht schaut die Welt unter anderem auch deswegen so desolat aus.
„Die schlichte Wahrheit“ ist der erste Thriller des Schweden und der Prolog packt einen, auch wenn er nicht wirklich stimmig und etwas weit hergeholt ist. Zwei Männer, die in dunklem Ölzeug mitten in der Stadt auf der Strasse stehen und den Fahrer im Schneetreiben zum Halten veranlassen ... doch ich will nicht vorgreifen.
Der Auftakt zur eigentlichen Geschichte ist hingegen ganz wunderbar stimmig, zeigt es doch einen der beiden Protagonisten, den Referenten für energiepolitische Fragen Jonatan Stark, in einer alltäglichen Morgensituation (die eigenwilligen Kinder sollten frühstücken) – das ist wunderbar realistisch geschildert.
„Die schlichte Wahrheit“ spielt in Schweden, wo politische Referenten und Chefredakteure sympathischerweise mit dem Bus und die Oppositionsführerin mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Dazu kommt, dass Frau und Mann in diesem Land einander gesellschaftlich gleichgestellt sind – und von solch positiven Beispielen kann die Welt nicht genug lesen und hören.
Es geht natürlich um viel Geld, Macht, Korruption und politische Ränkespiele – wie das eben bei Thrillern oft der Fall ist. Was „Die schlichte Wahrheit“ auszeichnet sind die realistischen Schilderungen des politischen Milieus und der überzeugende Aufbau, der die Spannung geschickt steuert.
Worum geht's?
Jonatan Stark verliert seine Arbeit und kriegt handkerum einen finanziell ungemein attraktiven neuen Job angeboten. Er weiss nicht wie ihm geschieht. „Auf Höhe von Eriksdalsbadet ging er zum Ufer hinab und den Spazierpfad unter den Brücken entlang. An dem gegenüberliegenden Ufer sah er den steil abfallenden Arsta-Wald. Ihm fiel auf, dass er noch nie dort drüben gewesen war.“ Erst wenn wir aus unserem gewohnten Rhythmus fallen, bemerken wir Dinge, die uns zuvor noch gar nie aufgefallen sind.
Fast gleichzeitig wird der jungen Betty Lind, Pressechefin des Ministerpräsidenten, eine Liste mit Schmiergeldempfängern vorgelegt, auf der auch sie selber prominent figuriert. Zusammen mit Jonatan Stark soll sie geködert beziehungsweise erpresst werden ... doch um was zu tun? Das soll hier natürlich nicht verraten werden ...
Doch soviel soll sein: Es geht um die künftige Energieversorgung Schwedens, um Intrigen und Verrat, und um Politiker, die einen Terrorangriff primär als Gelegenheit sehen, ihre Führungsfähigkeiten unter Beweis zu stellen. Und natürlich spielen die heutzutage allübeall anzutreffenden Berater und ein russischer Oligarch prominente Rollen.
„Die schlichte Wahrheit“ ist durchgängig spannend und das ist eine Seltenheit! Bis auf die im letzten Viertel vorhersehbare Auflösung des Rätsels. Trotzdem: Ein gelungener Auftakt zu weiteren Abenteuern mit Jonatan Stark und Betty Lind, die der Verlag ankündigt. Man darf gespannt sein.
Ein russischer Oligarch und Schwedens künftige Energieversorgung