Rezension zu "Letzter Halt Bahnhofstrasse" von Mark van Huisseling
Mark van Huisseling (MvH), bekannt als Gesellschaftskolumnist und –Karikaturist, webt mit schillernden Glitzerfäden nicht nur einen spannenden Wirtschaftskrimi, auch nicht nur ein Familien-Epos oder eine messerscharf beobachtete, bittersüß-bissige Gesellschaftssatire sondern ein umwerfendes Potpourri an menschlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ver(w)irrungen. Der Mix aus Spannung und süffig Trivialem, aus Fiktion und Wirtschaftsgeschichte, realen und real anmutenden Begebenheiten ergibt, wie auf dem Cover treffend beschrieben, eine „chronique scandaleuse“.
Man mag sich fragen, ob MvH dabei war, einzelne Szenen gar selbst erlebt oder ob er einfach mit viel Phantasie, psychologischem Einfühlungsvermögen und Wortwitz Figuren geschaffen hat, die es in ihrer ganzen Klischeehaftigkeit in jeder Gesellschaft gibt. Gerade mit seinen trivialen Szenen und Beschreibungen zeichnet er Portraits, die einem irgendwie bekannt vorkommen – sei es aus der „Bunten“ Lektüre beim Coiffeur, aus dem Bekanntenkreis, vom letzten Familien- oder Vereinsfest oder aus dem kritischen Blick in den Spiegel … Dass MvH mit den unterschiedlichsten Szenen auf Tuchfühlung und in den verschiedensten Kreisen heimisch ist, kann er nicht verhehlen. Dies sowie seine dem Umfeld angepasste, manchmal etwas „schnodderig“ wirkende Sprache, seine scharfe Beobachtungsgabe und sein journalistisches Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen haben zum Gelingen dieses spannenden, interessanten und ziemlich frechen Romans beigetragen. Ein ausgesprochen kurzweiliges Lesevergnügen für alle, die das Leben und besonders sich selbst nicht immer so tierisch ernst nehmen!
Zum Inhalt:
MvHs Roman/Familienepos/Wirtschaftsthriller über Zürichs Gesellschafts- und Bankenszene hat keinen eigentlichen Hauptprotagonisten. Vielmehr begleitet der Autor einen Bankier mit dessen Familie und engsten Mitarbeitern durch die Finanzkrise, welche in der Pleite der New Yorker Investmentbank Lehman Brothers kulminiert. Er beleuchtet das Leben hinter den Kulissen einer der vom Aussterben bedrohten Privatbanken, die noch vom Eigentümer (Patron) geführt sind, aus der Sicht verschiedener Protagonisten: Da ist einmal der Patron, Niklaus Helfenstein, sein nicht ganz nach seinen Wünschen geratenen Sohn Curd, sein CEO, Beat Suter sowie dessen Stellvertreter, Fredi Sager. Wie der Sohn, halten auch der CEO und dessen Stellvertreter einige Überraschungen und Enttäuschungen für den Patron bereit. Für modische wie pikante Abwechslung sorgen die Partnerinnen dieser mehr oder weniger zahnlosen „Finanzhaie“.