Cover des Buches Oneiros - Tödlicher Fluch (ISBN: 9783868047196)
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Rezension zu Oneiros - Tödlicher Fluch von Markus Heitz

Rezension zu "Oneiros" von Markus Heitz

von WolfgangB vor 11 Jahren

Rezension

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WolfgangBvor 11 Jahren
Konstantin Korff, Bestattungsunternehmer ist darauf spezialisiert, die aus dem Leben Geschiedenen für eine offene Aufbahrung würdevoll zu präparieren. Doch seine Beziehung zum Ende ist eine weitaus vielschichtigere. Als Todesschläfer gehört er zu jener kleinen Gruppe von Menschen, die für den Tod unsichtbar sind. Wann immer sie in Schlaf verfallen, beginnt er sein Wirken in ihrer unmittelbaren Umgebung, ohne sie jedoch jedoch selbst mit sich reißen zu können. Von einem befreundeten Geheimagenten erfährt Korff von einem weiteren Verfluchten, der unter unkontrollierbaren Schlafattacken leidet und so bereits tausende Menschen in den Tod gerissen hat. In den falschen Händen kann dieser Mann zu einer gefährlichen Massenvernichtungswaffe werden, und so beginnt ein atemloses Spiel, in dem die unterschiedlichsten Interessen aufeinanderprallen. Mit "Oneiros" bearbeitet der renommierte deutsche Fantasy-Autor Markus Heitz den Mythos der Unsterblichkeit und läßt seine Geschichte ganz bewußt als eine Mischung aus "Highlander" und "Final Destination" erscheinen. Allerdings fehlt der mit bombastischem Soundtrack untermalte heroische Beigeschmack ersteren Films. Vielmehr hält sich Heitz an seinen Untertitel und läßt die Unsichtbarkeit für den Tod als einen traurigen Fluch erscheinen, der für Betroffene die Unfähigkeit zu engen sozialen Bindungen und für die Gesellschaft ein unkalkulierbares Risiko bedeutet. Wie im zweiten Film tritt der Tod nicht als wertfrei entretendes Lebensende, sondern als wütendes Bewußtsein auf. Damit reiht der Autor sich - gewiß nicht als letzter - in eine jahrhundertealte Tradition in der Kunst ein. Ringt man sich zu dem Ansatz durch, den Tod als seine Opfer bewußt wählend darzustellen, stößt man auf die mittelalterliche Form des Totentanzes oder auch konkrete Werke wie Johannes von Tepls "Ackermann von Böhmen" und Hugo von Hofmannsthals "Jedermann". All diesen Werken ist jedoch gemein, daß der oft "Sensenmann" Genannte als anthropomorphe Figur erscheint, bei Heitz entfällt diese Konkretheit zugunsten einer diffusen, jedoch nicht minder zielgerichtet agierenden Form. Mit der Figur des Konstantin Korff spielt der Autor auch auf den Topos von Eros und Thanathos an. In diesem auch von Schubert vertonten Motiv aus der Renaissance wird die Schönheit eines jungen Mädchens mit deren Vergänglichkeit kontrastiert. Im Zuge des Abenteuers hadert Korff immer wieder mit seiner Unfähigkeit, sich einer amourösen Beziehung hinzugeben, da eine Frau an seiner Seit unweigerlich dem Tode geweiht wäre. Als heimlicher Sympathieträger entabliert sich auch der Charakter Thielke, der als gesetzloses Rauhbein eingeführt sukzessive seinen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn offenbart und erscheint, als hätte sich Josef Matula zu einer Karriere als Kopfgeldjäger entschlossen. Die Geschichte selbst zeichnet sich durch ein hohes Erzähltempo aus, das trotz der komplexen Thematik selbst in der gekürzten Fassung kaum Fragen unbeantwortet läßt. Ihre Spannung bezieht sie in erster Linie aus der Figur des Bent Arctander, dessen unkontrollierbare Schlafattacken regelmäßig tausende Menschen das Leben kosten. Kann es eine Befreiung von seinem Fluch oder zumindest eine Linderung der Auswirkungen seiner Krankheit geben? Und welche Ziele verfolgen die unzähligen Verfolger, die seine Eigenschaften für ihre Zwecke nutzen wollen? Zumindest, was das katastrophale Potential der Figur betrifft, scheint dem Autor daran gelegen zu sein, seine Leser zu schonen. Erfährt man etwa beiläufig, daß in einem Fußballstadion 80.000 Menschen um's Leben gekommen sind, so wirkt diese Zahl zu groß, zu abstrakt, um noch faßbar zu sein und nimmt der Erzählung somit unbeabsichtig an Dramatik. Üblicherweise bedarf es keiner Atombombe auf zwei Beinen, um Leser bzw. Hörer zu fesseln, und somit verbleibt die Frage, ob Markus Heitz sich im Verhältnis zwischen Opferzahl und der gebührenden Verarbeitung vergriffen hat. Simon Jäger markiert mit seiner Lesung schließlich einen Höhepunkt des Hörbuchs. Mit vernehmbarer Freude am Spiel mit den zahlreichen Akzenten verleiht er jeder Figur ihre unverwechselbare Persönlichkeit. Sei es im Fall des knorrigen Thielke, sei es Korff, wenn er sich als französischsprachiger Marokkaner ausgibt, der Sprecher agiert stets mit der dem Stoff angemessenen Dezenz, um der Gefahr einer Karikatur zu entgehen. Immer wieder in die Erzähung eingewoben finden sich kommentierende Gedanken der Hauptfigur, für die Jäger eine akustische Entsprechung zum kursiven Druck findet.
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