Rezension zu Null-Null-Siebzig, Truthahn, Mord und Christmas Pudding von Marlies Ferber
Truthahn, Mord und Christmas Pudding
von SiriB
Kurzmeinung: Marlies Ferber ist mit diesem 4. Band ihrer 0070-Krimis wieder einmal ein gut geschriebenes, spannendes und unterhaltsames Buch gelungen.
Rezension
SiriBvor 9 Jahren
Frau Ferber, wenn man sich auf Ihrer Internetseite umschaut, findet man bereits Antworten auf viele Fragen, die sonst gerne in einem Interview gestellt werden.
Ich möchte deshalb von „How it began“ (1) ausgehen. Sie schreiben in dieser amüsanten Geschichte, dass Sie vor der Entwicklung der 0070 Krimi-Idee Zwiesprache mit Miss Marple, verkörpert von Margaret Rutherford, gehalten haben. Und in diesem fiktiven Gespräch werden Sie von Miss Marple höchstpersönlich aufgefordert statt über sie, besser über James Bond, 007, zu schreiben. Allerdings wünscht sich Miss Marple einen James Bond in ihrem eigene Alter. Was ist dran, an dieser Geschichte?
Marlies Ferber:
Diese Geschichte ist natürlich wahr, so wie alles, was ich über James und Sheila aufschreibe. Ich würde es aber vielleicht eher als innere Wahrheit bezeichnen.
M.S.:
Miss Marple verlangt in Ihrer Geschichte auch eine eigene Rolle. Als „Honey“ hätte sie wahrlich nicht recht zu Margaret Rutherford gepasst, aber als „Sheila“ schon eher. Wie sind darauf gekommen Sheila mit Miniröcken auszustatten?
Marlies Ferber:
Der Geist von Miss Marple ist – zumindest meinem Empfinden nach – nicht in Sheila anzutreffen, sondern in einer der weiblichen Nebenrollen, nämlich Edith (2). Warum Sheila einen Minirock trägt? Mmh, sie war plötzlich da, wie ein Sturm, der über James hinwegfegte, in ihrem ersten Auftritt, wie sie zur Tür hereinschneit, mitsamt Regenhaube und Minirock. Sie war in den 1960-er Jahren jung, und vielleicht wollte ich mit der Treue zum Minirock ausdrücken, dass sie auch innerlich nicht wesentlich gealtert ist, immer noch so schwungvoll und temperamentvoll wie als junges Mädchen, auch wenn sie natürlich äußerlich gealtert ist.
M. S.:
Mr. Stringer als Bösewicht habe ich bisher in Ihren 4 Romanen nicht recht entdecken können. Gibt es auch ein Pendant zu dieser Figur irgendwo?
Marlies Ferber:
Nein, diese Frage an Mr Stringer war ein Scherz. Natürlich kann er nicht der Bösewicht sein. Aber wenn ich an Mr Peabody (2) denke, erscheint vor meinem geistigen Auge stets Mr Stringer bzw. Stringer Davis, ein großartiger Schauspieler. Er war mit Miss-Marple-Darstellerin Margaret Rutherford verheiratet, und in einem Interview wurde er einst gefragt, ob es ihm nichts ausmache, dass sie ein so großer Star sei. Er sagte auf seine vornehme Art etwas ganz reizendes: Er sei sein ganzes Leben ein „supporting actor“ gewesen und sei sehr glücklich, dies auch in ihrer Ehe zu sein. (Nebenbei: Welch ein viel schönerer Ausdruck „supporting actor“, also wörtlich „unterstützend Handelnder“ ist als „Nebendarsteller“!) Stringer Davis und Margaret Rutherford waren meinem Empfinden nach ein wunderbares, skurriles, ur-britisches Ehepaar (das sich erst im fünften Lebensjahrzehnt zueinander fand) und insofern vielleicht tatsächlich ein sehr inspirierendes Vorbild für die innere Beziehung James-Sheila, obwohl ich mir äußerlich keinerlei Ähnlichkeit vorgestellt habe.
M.S.:
Sind Sie eigentlich auch ein Fan von Ian Flemmings 007-Romanen bzw. ein Bond-Film Fan? Was hat Sie daran fasziniert?
Marlies Ferber:
Ich kenne natürlich alle James-Bond-Filme, mag die Dialoge, den Humor, das Spiel mit Klischees, die Selbstironie, die kreativen Bond-Gadgets und diese Märchenstimmung mit all den exotischen Settings, langweile mich allerdings immer bei diesen elendig langen Verfolgungs-Szenen mit all den Knalleffekten und schnellen Schnitten, die das Auge nervös machen und den Geist betäuben (und über schwer nachzuvollziehende Handlung hinwegtäuschen).
M.S.:
Wie kam es, dass Band 1 „Operation Eaglehurst“ zum Theaterstück wurde?
Marlies Ferber:
Ich hatte von Anfang an im Sinn, dass sich „Operation Eaglehurst“ gut für die Bühne eignen würde und habe deshalb die Bühnenrechte, als es zum Vertrag mit dem dtv kam, nicht mit verkauft. Im Sommer 2013 gab es eine Lesung im Theater an der Volme in meiner Heimatstadt Hagen, und ich fragte die Theaterleiter, Indra Janorschke und Dario Weberg, ob sie vielleicht Lust hätten, dem Publikum einen James-Sheila-Dialog szenisch vorzuspielen. Sie hatten, daraus entwickelte sich die Idee zum 0070-Schauspielprojekt, und Indra und Dario holten den Hagener Theaterautor Stefan Schroeder für die Bühnenfassung ins Boot. Ein Jahr später, am 8. August 2014, war Uraufführung. Seit Neuestem gibt es übrigens auch Überlegungen, das Stück auch in Hastings, dem „Originalschauplatz“ von „Operation Eaglehurst“, aufzuführen, letzte Woche war ich nach Vermittlung unserer englischen Freunde, Dr. Linda und John Westcott, zu einem ersten Gespräch mit dem „Stables Theatre“ in Hastings.
M.S.:
Hat Sie diese Theaterarbeit zu Ihrem 4. Buch inspiriert oder war die Idee schon vorher da?
Marlies Ferber:
Ja! Ich war sehr fasziniert von dem ganzen Projekt, habe fast alle Proben besucht und acht von zehn Aufführungen, und irgendwann, während ich James und Sheila auf der Bühne sah, fragte ich mich, ob sie in ihrem „echten Leben“, zuhause in London-Hampstead, nicht auch Lust hätten, Bühnenluft zu schnuppern. So ergibt eins das andere …
M.S.:
Sie haben, wie Sie in Ihrer Biografie (1) erzählen, schon als Kind gerne Geschichten geschrieben. Nach Ihrem Studium waren Sie im Ausland, u.a. auch in China, wo ja auch Ihr 3. Buch angesiedelt ist. Danach waren Sie Verlagslektorin, d.h. Sie sind in die Buchbranche gegangen. Gab es im Hintergrund vielleicht immer noch den (Kindheits-) Wunsch Schriftstellerin zu werden?
Marlies Ferber:
Der innere Kompass, die Schreiberei, war wohl immer da. Beziehungsweise seitdem ich mit elf Jahren das Schreiben für mich entdeckt hatte.
M.S.:
Sind weitere Theateradaptionen Ihrer Bücher geplant?
Marlies Ferber:
Ich denke, allenfalls der jetzt erschienene „Christmas Pudding“ eignet sich eventuell für eine weitere 0070-Theateradaption. „Agent an Bord“ war geplant, scheiterte aber an der Besetzung, denn es agieren u.a. ein Kleinkind und zwei Neunzigjährige. „Mord in Hangzhou“ ist unmöglich auf der Bühne zu realisieren wegen des Settings in China und der vielen Figuren und Schauplatzwechsel.
M.S.:
Dürfen sich Ihre Leser bereits auf ein neues Abenteuer von James und Sheila freuen?
Marlies Ferber:
Nein, der „Christmas Pudding“ ist der abschließende Band der Reihe. Wir begleiten den siebzigjährigen James und Sheila ein Romanjahr (und vier Bücher) lang. In dieser Zeit bestehen die beiden vier Abenteuer, und ihre anfänglich noch recht distanzierte Beziehung entwickelt sich. Wir verlassen James alias „Null-Null-Siebzig“ kurz vor seinem 71. Geburtstag. Dann wäre er nicht mehr „Null-Null-Siebzig“.
M.S.:
Haben Sie noch andere Buch-Ideen im Kopf?
Vielleicht Geschichten, die in einem ganz anderen Genre angesiedelt ist?
Marlies Ferber:
Ja, aber darüber möchte ich noch nicht reden, denn diese Idee ist noch im Stadium des kreativen Gärprozesses. Wie bei einem Hefeteig: Er braucht seine Zeit und sollte warm, geschützt und gut bedeckt stehen, bis die Zeit reif ist für den Backofen.
M.S.:
Ganz herzlichen Dank, liebe Marlies Ferber, für diese detaillierten und aufschlussreichen Antworten. Sehr, sehr schade, dass James und Sheila nun keine spannenden Fälle mehr lösen wollen. Ich freue mich aber bereits auf den fertig gebackenen „Hefeteigkuchen“ in Form Ihres neuen Romans.
(1) siehe: http://www.marliesferber.de/
(2) siehe Band 1, Operation Eaglehurst
Interview mit der Autorin Marlies Ferber
M.S. alias SiriB:Frau Ferber, wenn man sich auf Ihrer Internetseite umschaut, findet man bereits Antworten auf viele Fragen, die sonst gerne in einem Interview gestellt werden.
Ich möchte deshalb von „How it began“ (1) ausgehen. Sie schreiben in dieser amüsanten Geschichte, dass Sie vor der Entwicklung der 0070 Krimi-Idee Zwiesprache mit Miss Marple, verkörpert von Margaret Rutherford, gehalten haben. Und in diesem fiktiven Gespräch werden Sie von Miss Marple höchstpersönlich aufgefordert statt über sie, besser über James Bond, 007, zu schreiben. Allerdings wünscht sich Miss Marple einen James Bond in ihrem eigene Alter. Was ist dran, an dieser Geschichte?
Marlies Ferber:
Diese Geschichte ist natürlich wahr, so wie alles, was ich über James und Sheila aufschreibe. Ich würde es aber vielleicht eher als innere Wahrheit bezeichnen.
M.S.:
Miss Marple verlangt in Ihrer Geschichte auch eine eigene Rolle. Als „Honey“ hätte sie wahrlich nicht recht zu Margaret Rutherford gepasst, aber als „Sheila“ schon eher. Wie sind darauf gekommen Sheila mit Miniröcken auszustatten?
Marlies Ferber:
Der Geist von Miss Marple ist – zumindest meinem Empfinden nach – nicht in Sheila anzutreffen, sondern in einer der weiblichen Nebenrollen, nämlich Edith (2). Warum Sheila einen Minirock trägt? Mmh, sie war plötzlich da, wie ein Sturm, der über James hinwegfegte, in ihrem ersten Auftritt, wie sie zur Tür hereinschneit, mitsamt Regenhaube und Minirock. Sie war in den 1960-er Jahren jung, und vielleicht wollte ich mit der Treue zum Minirock ausdrücken, dass sie auch innerlich nicht wesentlich gealtert ist, immer noch so schwungvoll und temperamentvoll wie als junges Mädchen, auch wenn sie natürlich äußerlich gealtert ist.
M. S.:
Mr. Stringer als Bösewicht habe ich bisher in Ihren 4 Romanen nicht recht entdecken können. Gibt es auch ein Pendant zu dieser Figur irgendwo?
Marlies Ferber:
Nein, diese Frage an Mr Stringer war ein Scherz. Natürlich kann er nicht der Bösewicht sein. Aber wenn ich an Mr Peabody (2) denke, erscheint vor meinem geistigen Auge stets Mr Stringer bzw. Stringer Davis, ein großartiger Schauspieler. Er war mit Miss-Marple-Darstellerin Margaret Rutherford verheiratet, und in einem Interview wurde er einst gefragt, ob es ihm nichts ausmache, dass sie ein so großer Star sei. Er sagte auf seine vornehme Art etwas ganz reizendes: Er sei sein ganzes Leben ein „supporting actor“ gewesen und sei sehr glücklich, dies auch in ihrer Ehe zu sein. (Nebenbei: Welch ein viel schönerer Ausdruck „supporting actor“, also wörtlich „unterstützend Handelnder“ ist als „Nebendarsteller“!) Stringer Davis und Margaret Rutherford waren meinem Empfinden nach ein wunderbares, skurriles, ur-britisches Ehepaar (das sich erst im fünften Lebensjahrzehnt zueinander fand) und insofern vielleicht tatsächlich ein sehr inspirierendes Vorbild für die innere Beziehung James-Sheila, obwohl ich mir äußerlich keinerlei Ähnlichkeit vorgestellt habe.
M.S.:
Sind Sie eigentlich auch ein Fan von Ian Flemmings 007-Romanen bzw. ein Bond-Film Fan? Was hat Sie daran fasziniert?
Marlies Ferber:
Ich kenne natürlich alle James-Bond-Filme, mag die Dialoge, den Humor, das Spiel mit Klischees, die Selbstironie, die kreativen Bond-Gadgets und diese Märchenstimmung mit all den exotischen Settings, langweile mich allerdings immer bei diesen elendig langen Verfolgungs-Szenen mit all den Knalleffekten und schnellen Schnitten, die das Auge nervös machen und den Geist betäuben (und über schwer nachzuvollziehende Handlung hinwegtäuschen).
M.S.:
Wie kam es, dass Band 1 „Operation Eaglehurst“ zum Theaterstück wurde?
Marlies Ferber:
Ich hatte von Anfang an im Sinn, dass sich „Operation Eaglehurst“ gut für die Bühne eignen würde und habe deshalb die Bühnenrechte, als es zum Vertrag mit dem dtv kam, nicht mit verkauft. Im Sommer 2013 gab es eine Lesung im Theater an der Volme in meiner Heimatstadt Hagen, und ich fragte die Theaterleiter, Indra Janorschke und Dario Weberg, ob sie vielleicht Lust hätten, dem Publikum einen James-Sheila-Dialog szenisch vorzuspielen. Sie hatten, daraus entwickelte sich die Idee zum 0070-Schauspielprojekt, und Indra und Dario holten den Hagener Theaterautor Stefan Schroeder für die Bühnenfassung ins Boot. Ein Jahr später, am 8. August 2014, war Uraufführung. Seit Neuestem gibt es übrigens auch Überlegungen, das Stück auch in Hastings, dem „Originalschauplatz“ von „Operation Eaglehurst“, aufzuführen, letzte Woche war ich nach Vermittlung unserer englischen Freunde, Dr. Linda und John Westcott, zu einem ersten Gespräch mit dem „Stables Theatre“ in Hastings.
M.S.:
Hat Sie diese Theaterarbeit zu Ihrem 4. Buch inspiriert oder war die Idee schon vorher da?
Marlies Ferber:
Ja! Ich war sehr fasziniert von dem ganzen Projekt, habe fast alle Proben besucht und acht von zehn Aufführungen, und irgendwann, während ich James und Sheila auf der Bühne sah, fragte ich mich, ob sie in ihrem „echten Leben“, zuhause in London-Hampstead, nicht auch Lust hätten, Bühnenluft zu schnuppern. So ergibt eins das andere …
M.S.:
Sie haben, wie Sie in Ihrer Biografie (1) erzählen, schon als Kind gerne Geschichten geschrieben. Nach Ihrem Studium waren Sie im Ausland, u.a. auch in China, wo ja auch Ihr 3. Buch angesiedelt ist. Danach waren Sie Verlagslektorin, d.h. Sie sind in die Buchbranche gegangen. Gab es im Hintergrund vielleicht immer noch den (Kindheits-) Wunsch Schriftstellerin zu werden?
Marlies Ferber:
Der innere Kompass, die Schreiberei, war wohl immer da. Beziehungsweise seitdem ich mit elf Jahren das Schreiben für mich entdeckt hatte.
M.S.:
Sind weitere Theateradaptionen Ihrer Bücher geplant?
Marlies Ferber:
Ich denke, allenfalls der jetzt erschienene „Christmas Pudding“ eignet sich eventuell für eine weitere 0070-Theateradaption. „Agent an Bord“ war geplant, scheiterte aber an der Besetzung, denn es agieren u.a. ein Kleinkind und zwei Neunzigjährige. „Mord in Hangzhou“ ist unmöglich auf der Bühne zu realisieren wegen des Settings in China und der vielen Figuren und Schauplatzwechsel.
M.S.:
Dürfen sich Ihre Leser bereits auf ein neues Abenteuer von James und Sheila freuen?
Marlies Ferber:
Nein, der „Christmas Pudding“ ist der abschließende Band der Reihe. Wir begleiten den siebzigjährigen James und Sheila ein Romanjahr (und vier Bücher) lang. In dieser Zeit bestehen die beiden vier Abenteuer, und ihre anfänglich noch recht distanzierte Beziehung entwickelt sich. Wir verlassen James alias „Null-Null-Siebzig“ kurz vor seinem 71. Geburtstag. Dann wäre er nicht mehr „Null-Null-Siebzig“.
M.S.:
Haben Sie noch andere Buch-Ideen im Kopf?
Vielleicht Geschichten, die in einem ganz anderen Genre angesiedelt ist?
Marlies Ferber:
Ja, aber darüber möchte ich noch nicht reden, denn diese Idee ist noch im Stadium des kreativen Gärprozesses. Wie bei einem Hefeteig: Er braucht seine Zeit und sollte warm, geschützt und gut bedeckt stehen, bis die Zeit reif ist für den Backofen.
M.S.:
Ganz herzlichen Dank, liebe Marlies Ferber, für diese detaillierten und aufschlussreichen Antworten. Sehr, sehr schade, dass James und Sheila nun keine spannenden Fälle mehr lösen wollen. Ich freue mich aber bereits auf den fertig gebackenen „Hefeteigkuchen“ in Form Ihres neuen Romans.
(1) siehe: http://www.marliesferber.de/
(2) siehe Band 1, Operation Eaglehurst