Inhalt
In Die Frauen von Birkenau schildert Seweryna Szmaglewska ihre verstörenden Erlebnisse als politische Gefangene im Frauenlager von Auschwitz-Birkenau. Noch 1945, fast sofort nach ihrer Flucht im Januar, schrieb sie fieberhaft ihre Erinnerungen nieder, die ein wichtiges Zeugnis bei den Nürnberger Prozessen wurden.
Eindruck
„Die Novemberwindstürme sind vorbei, die Schneestürme und Frostschübe von Dezember und Januar bedrohen uns nicht mehr. Vor uns liegen März und April, vor uns liegt der Sommer.“
In Zeiten wie diesen hört man oft, dass wir uns in der schlimmsten Krise seit dem zweiten Weltkrieg befinden. Keine Frage, es ist auch jetzt herausfordernd, aber im Vergleich zu dem, was die Menschen in den verschiedenen Lagern durchmachen mussten, in keiner Weise verhältnismäßig. Auch wenn es mir als selbständiger Unternehmer wirtschaftlich auch nicht gut geht, ärgern mich solche Vergleiche, wenn ich sie höre. Ja, wir befinden uns in einer Krise, aber jeder einzelne von uns, wird noch als Individuum, als Mensch, wahrgenommen. Davon konnten die Frauen in Birkenau oder die anderen Häftlinge in Lagern nur träumen.
Bei diesem Buch verschwimmen die Grenzen. Es handelt sich, aus meiner Sicht, um einen Roman im Kleid eines Sachbuches, oder umgekehrt, schwer zu sagen. Es ist auch egal, denn ich werde mir unter keinen Umständen eine Bewertung dieses Buches anmaßen. Es wäre undenkbar für mich über Handlungsstränge, Grammatik oder Ähnliches zu diskutieren, oder auch nur ein geschriebenes Wort in diesem Buch in Frage zu stellen. Keine Bewertungsskala dieser Welt, kann die Wichtigkeit solcher Bücher erfassen.
Dieses Werk, dieses Mahnmal, wurde vor 75 Jahren bei den Nürnberger Prozessen als Beweismittel zugelassen. Warum hat man sich solange Zeit gelassenes ins Deutsche zu übersetzen? Da das Buch bereits im Jahr 1945 von der Autorin Seweryna Smaglewska verfasst wurde, die selbst das Lager zwischen 1942 und 1945 überlebte, handelt es sich um eine umfassend detaillierte Wiedergabe der Geschehnisse. Hinsichtlich der darin enthaltenen Beschreibungen ist es für mich überhaupt ein Wunder, dass ein Mensch solche Qualen überleben konnte. Gerade die nüchterne, emotionslose Sprache verstärkt die beinahe unerträgliche Atmosphäre für den Leser.
Was bei mir nach Beendigung dieses Buches bleibt ist Wut, unfassbare Wut, dass die Menschheit solche Gräueltaten zulassen konnte. Außerdem empfinde ich Scham darüber, dass ich in einem Land mit solche einer Vergangenheit lebe. Diese Zeit darf niemals in Vergessenheit geraten.
Wer sich nicht vor der Vergangenheit verschließen, wer Wissenslücken füllen möchte, wer an der schlimmsten Zeit des letzten Jahrhunderts interessiert ist, muss zu diesem Buch greifen.
Autor
Seweryna Szmaglewska wurde 1916 im polnischen Przyglów geboren. Sie besuchte ein Lehrerseminar im nahegelegenen Piotrków Trybunalski und studierte bis zum Kriegsausbruch Soziologie in Warschau. Von 1942 bis 1945 war sie im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau inhaftiert, 1946 sagte sie als eine von zwei Zeugen aus Polen bei den Nürnberger Prozessen aus. Nach dem Krieg lebte sie einige Jahre in Lodz, später in Warschau, wo sie eine erfolgreiche Schriftstellerin wurde und 1992 starb.