Neue Ermittlung der jugendlichen Hobby-Detektivin
von M.Lehmann-Pape
Rezension
Neben Inspector Jury hat Martha Grimes schon seit längerem mit der 12jährigen Emma Graham ein zweites, durchaus erfolgreiches, Eisen im Feuer.
Hier sei vorweg angemerkt, dass es zwar nicht unbedingt notwendig, zum Verständnis dieses neuen Romans aber durchaus von Nutzen ist, zumindest den direkten und vielleicht auch einige der anderen Vorgängerbände zu kennen. Was „das Personal“ und verschiedene Motive angeht, greift Grimes in erkennbarer Form gerade im ersten Teil dieses Buches auf „Bekanntes“ zurück. So erschließt sich unter anderem die Rolle des „unsichtbaren“ Taxifahrers Alex eigentlich erst im Zusammenklang der umfassenden Geschichte Emma Grahams, aber auch die Merkwürdigkeiten der Brüder „Uhub und Ulub“ werden erst im Zusammenhang der Bände deutlich. Selbst das zentrale Motiv dieses Romans, das „verschwundene Mädchen aus dem „Belle Ruin““ begleitet Emma Graham nicht erst seit Beginn dieses neuen Romans.
Treffend wie gewohnt bildet Grimes die Atmosphäre in der amerikanischen Kleinstadt „Spirit Lake“ (der Heimat Emmas und Schauplatz des Geschehens) und die verschiedenen Personen mitsamt ihrem Verhältnis untereinander ab. Breit und mit viel Zeit erzählt wird deutlich, dass dieses „Personenschau“ mit ein Hauptanliegen der Autorin in dieser Reihe um Emma Graham ist. Der „Fall“ selbst droht immer wieder, hinter den vielen kleinen Episoden und Charakterisierungen fast zu verschwinden.
Was einerseits ein munteres Kaleidoskop teils skurriler, teils „kluger“ Personen darstellt und immer wieder durch die trockene Ironie des Stils für humorvolle Momente sorgt, was aber andererseits auch Längen ergibt. Das Buch zieht sich gerade in der ersten Hälfte ziemlich vor sich hin.
Ebenso wie gewohnt, nicht nur bei dieser Reihe, werden sich die Ereignisse zum Ende hin aber spannungsvoll gestalten und das Tempo anziehen, auch aufgrund der vielen Ungereimtheiten um die vermeintliche Entführung eines Säuglings in der Vergangenheit im ehemaligen Luxushotel. Gut, dass Emma hier und da Hinweise und Hilfe finden kann.
„Zu Mrs. Louderbeck ging ich immer dann, wenn die Dinge kompliziert wurden oder wenn das, was ich vor meinem geistigen Auge sah, wieder eins von diesen „teuflischen Details“ war“. Mrs. Louderdale ist übrigens die bekannte Tarot-Legerin in der Stadt und man wird erst abwarten müssen, ob die Karten Emma wirklich weiterhelfen werden.
Insgesamt souverän und flüssig geschrieben, mit trockenem Humor und vielen verschiedenen „bunten“ Persönlichkeiten ist dieser Roman unterhaltsam zu lesen. Wobei aber die Spannung lange Zeit auf der Strecke bleibt und manches doch auch konstruiert wirkt. An die „Jury“ Romane reicht Reihe um „Emma Graham“ nicht heran.