Cover des Buches Stephanie von Hohenlohe (ISBN: 9783776681239)
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Rezension zu Stephanie von Hohenlohe von Martha Schad

Eine Prinzessin , jüdischer Herkunft, als Hitlers Spionin

von Bellis-Perennis vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Eine ausführliche Biographie einer umstrittenden Person

Rezension

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Bellis-Perennisvor 7 Jahren

Martha Schad ist Autorin mehrerer Biographien interessanter Persönlichkeiten verfasst. Schwerpunkt ist dabei das Österreichische Kaiserhaus.
Prinzessin Stephanie von Hohenlohe ist allerdings kein Mitglied des Kaiserhauses. Sie wurde 1891 als Tochter des bürgerlichen (und jüdischen) Rechtsanwalts Johann Sebastian Richter und seiner ebenfalls jüdischen Gemahlin Ludmilla Kuranda geboren. Stephanie ist genau wie ihre ältere Schwester ein „Kuckuckskind“, das ihre ehrgeizige Mutter ihrem Ehemann untergeschoben hat. Wie es für großbürgerliche Töchter zu dieser Zeit üblich ist, erhält sie eine gute Ausbildung in den „schönen Künsten“, lernt Klavier spielen, Eis laufen und mehrere Fremdsprachen, einen längeren England-Aufenthalt inklusive. Als Vierzehnjährige gewinnt sie einen Schönheitswettbewerb.
Ehrgeiziges Ziel der jungen Stephanie ist es, einen Prinzen zu heiraten. Doch zuvor (oder dewegen?) geht sie ein Verhältnis mit dem verheirateten Erzherzog Franz Salvator von Österreich-Toskana (1866-1939), dem Ehemann von Kaiser Franz Josephs Tochter Marie Valerie, ein. Als Stephanie schwanger wird, lässt der Kaiser eine Ehe mit Friedrich Franz zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst (1879-1958) arrangieren. Im Dezember 1914 kommt ihr einziges Kind, Prinz Franz, zu Welt. Nach dem Untergang der Donau-Monarchie lässt sich Friedrich Franz 1920 wieder von seiner Frau scheiden.

Obwohl der Adel in der jungen Republik Österreich abgeschafft wurde, benutzt Stephanie ihren Titel um prestige- und geschäftsträchtige Verbindungen zu knüpfen. Sie engagiert sich, um wenigstens in Ungarn wieder die Monarchie herzustellen.
Sie lernt einflussreiche Personen kennen, die später im Dritten Reich eine wesentliche Rolle spielen sollten. Mit dem verheirateten Fritz Wiedmann, pflegt sie Jahre lang eine Ménage á trois. Wiedmann ist Hitlers Adjutant und auch den Führer lernt sie kennen. Wie nahe, ist nicht klar. Doch muss sie, die Jüdin, einen beachtlichen Eindruck bei Hitler hinterlassen haben. Ungeachtet aller Anfeindungen macht sie Hitler zur „Ehrenarierin“. Ein ziemlich seltsames Verhalten, das auch von den wenigsten in Hitlers Umgebung goutiert wird. Sie lernt Joachim von Ribbentrop, Hermann Göring und andere Nazigrößen kennen.
Auf Grund ihrer guten Beziehungen in Europa reist sie häufig in Hitlers Auftrag um die Politiker Englands auszuhorchen. Besonders in Großbritannien hat sie recht viel Erfolg, gibt es hier (noch vor dem Krieg) eine breite Fan-Gemeinde der Nazis. Sogar König Edward VIII, der dann 1936 wegen Mrs. Wallis Simpson abdanken musste, war den Nazi-Gedankengut nicht abgeneigt.
Für die Treffen mit Lord Halifax erhielt sie 1938 Schloss Leopoldskron bei Salzburg als „Lohn“. Dieses Schloss gehörte dem Regisseur Max Reinhardt, der als Jude enteignet wurde.

„Die Fäden dieser Travestie, bei der die Jüdin für ihre Verdienste um den Nationalsozialismus mit dem Besitz ausgebürgerte Juden belohnt wurde, zog Hitlers Adjutant Fritz Wiedmann.“
„Was für ein makabrer Scherz: (Max) Reinhardts Schöpfung – ein Schloss für die Nazis!“ schrieb fassungslos Reinhardts spätere Frau, die Schauspielerin Helene Thimig. "


Als sie 1940 wieder einmal in Hitlers Auftrag in die USA reist, wird sie interniert und mehrere Jahre festgehalten. Zuvor hatte sie allerdings noch Kontakte mit einflussreichen, politischen Kreisen. Doch sie wird von nun an als „Hitlers jüdische Spionin“ behandelt und von den meisten fallen gelassen. Sie fühlt sich als „neue“ Mata Hari.

Interessant ist, dass ihrem Charisma auch nach der Entlassung aus dem Internierungslager und der Rückkehr nach Deutschland, viele Männer zu Füßen liegen. Sie wird (wieder) Prinzessin genannt und arbeitet für mehrere Zeitungen wie z.B. Quick. Sie lernt den Medienmogul Axel Springer kennen.
Stephanie von Hohenlohe stirbt 1972 in Genf.

Schreibstil:

Martha Schads verfügt über einen außergewöhnlich schönen Schreibstil. Dass gleich zu Beginn der Name der Stadt Gmunden zu „Gmund“ verstümmelt, übersehe ich großzügig.
Viele Zitate aus Briefen von und an Stephanie sind in den Text eingearbeitet. Zusätzlich ergänzen ausführliche Auszüge aus Dokumenten und viele Fotos aus dem Familienbesitz diese Biographie. Ihr Sohn Prinz Franz kommt genauso zu Wort, wie ihre Zeitgenossen.

Stephanie von Hohenlohe wird als eine charismatische Person, die allerdings recht skrupellos war und sich auch nicht scheute, ihren Körper einzusetzen, wenn es galt, ihre ehrgeizigen Ziele zu erreichen. Wieviel sie wirklich spioniert hat, wird man wohl nicht herausfinden.

Fazit:
Eine beeindruckende Biographie einer schillernden Frau. Ich vergebe fünf Sterne und eine Lesempfehlung.
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