Martin Grichting

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Aufgabe des Staates ist es, eine Ordnung zu garantieren, in der religiöse wie religiös "unmusikalische" Menschen auf dem gleichen Territorium friedlich zusammenleben und dabei offen zu ihren Überzeugungen stehen können. (S. 24)

Meine Meinung

Als ich das Buch zum ersten Mal erblickte, war ich zunächst irritiert, daß der Generalvikar eines katholischen Bistums (Chur) ein solches Buch in einem evangelischen Verlag veröffentlicht. Andererseits: gelebte Ökumene. Und wenn man es genau nimmt, ist das nicht nur ein „katholisches“ Buch, sondern die Aussagen des Autors treffen auf jede Konfession, ja genauer gesagt, jede Religion zu. Denn er beschreibt Bedingungen, unter denen ein friedliches Zusammenleben verschiedener Religionen in einem (säkularen) Staat möglich ist.

„So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ (Matthäus 22.21, Schlachter-Bibel) Schon im Neuen Testament als Jesus-Wort wird hier die Trennung von Staat und Kirche erklärt, und es waren die ersten Christen, die für Religionsfreiheit kämpften und vielfach ihr Leben ließen. Denn sie weigerten sich, einen vom Staat vorgeschriebenen Gott (nämlich den Kaiser) anzubeten und als Gott zu verehren. Daß diese schon im Evangelium angelegte Trennung im späteren Verlauf der Geschichte von der (kath.) Kirche wieder aufgegeben wurde, verschweigt der Autor nicht und kritisiert dies auch deutlich als Irrweg.

Es war das 2. Vatikanische Konzil, welches die (kath.) Kirche für die moderne Zeit öffnete und bereit machte. Im Verlauf des Büchleins wird deutlich, wie wenig davon bis heute umgesetzt wurde - und wie gleichzeitig modern vor über einem halben Jahrhundert Richtungsentscheidungen getroffen wurden, die heute noch Gültigkeit haben und mir bisweilen so erscheinen, als ob diese in Kenntnis der heutigen Situation so und nicht anders ausfielen.

Martin Grichting hat in diesem Text für mich überzeugend (und im übrigen für mich erstmals) die „zwei Königreiche“ säkularer Staat sowie Kirche beschrieben und gegenübergestellt. Beide haben ihre Berechtigung, und beide ihre je eigenen Aufgaben, was gegenseitig respektiert werden sollte. Er plädiert sehr stark dafür, daß sich die Kirche aus der aktuellen Tagespolitik heraushalten sollte (und zitiert dazu die entsprechenden Dokumente des 2. Vaticanums), denn in politischen Fragen gibt es oftmals nicht die eine Lösung, sondern auch Christen können da durchaus verschiedener Meinung sein. Nimmt die Kirche (bzw. deren Vertreter) hier für eine Seite Stellung, überschreitet sie ihren Auftrag.

Vor allem dieser Argumentationsstrang gefiel mir außerordentlich gut, und wenn ich mir so manche Verlautbarung der deutschen Bischöfe der letzten Monate oder Jahre ansehe, weiß ich, worauf der Autor möglicherweise (auch) anspielt.

So gibt der Autor auf rund sechzig Seiten eine überzeugende Antwort, ob und wie eine „Glaubensgemeinschaft, die unbedingten religiösen Wahrheiten verpflichtet ist, Teil einer pluralistischen Gesellschaft sein und in ihr wirken kann.“ (Grichting, Klappentext) Damit zeigt er „nebenbei“ auch einen Weg für andere Konfessionen und Religionen auf, wobei - das macht er sehr deutlich - natürlich immer Voraussetzung ist, daß die Geltung der Gesetze des Staates von allen zu respektieren ist.


Mein Fazit

Auf rund sechzig Seiten eine prägnante Darstellung, wie ein religiöser Mensch in einer pluralistischen Gesellschaft leben und sich einbringen kann.

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