Martin Grundmann

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Neue Rezensionen zu Martin Grundmann

Cover des Buches Milch oder Blut (ISBN: 9783867542531)
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Rezension zu "Milch oder Blut" von Liza Cody

Kein konventionell gestrickter Spannungsroman
Haversvor 3 Jahren

Wer einen 08/15 konventionell gestrickten Spannungsroman erwartet, ist bei Liza Cody an der falschen Adresse. Ob nun die Protagonistin aus dem in diesem Genre üblichen Rahmen fällt, oder die Story sich in eine unvorhersehbare Richtung entwickelt…bei dieser Autorin muss man mit allem rechnen, denn sie überrascht immer wieder mit ihrem Ideenreichtum.

Eine Woche im Leben von Seema Dahami, die bei einem Pub-Besuch mit ihren Freundinnen die Bekanntschaft eines älteren Herrn macht. Ein Charmeur der alten Schule, kultiviert, vermögend, ohne Dreck unter den Fingernägeln. Ganz anders als Seema, die ihren Lebensunterhalt als Stadtgärtnerin verdient. Sie kann sich Lazaros Charisma nicht entziehen, genießt das Interesse, das er zeigt, nimmt sein Angebot an, sie in seiner komfortablen Limousine nach Hause fahren zu lassen und lehnt auch das Opiumpfeifchen nicht ab, das er ihr anbietet. Auf sein Drängen hin verabreden sie sich wieder, sie soll einen Dachgarten für ihn gestalten, aber alle diese Treffen finden nachts in seiner Villa statt. Die Warnung einer Freundin schlägt Seema in den Wind, obwohl ihr manches seltsam vorkommt. Die seltsamen Flecken an ihrem Hals, das unerklärliche Nasenbluten und die Fressorgie, bei der sie entgegen ihrer jüdischen Erziehung einen blutigen Cheeseburger verschlingt. Und dann wird auch noch ihre Mutter mit durchschnittener Kehle aufgefunden…

„Milch oder Blut“ ist ein wilder, stellenweise verwirrender Mix aus Krimihandlung, jüdischen Traditionen und Blutsauger-Story, der sich zwischen Realität und Fantasie bewegt und die Grenzen zwischen Lüge und Wahrheit verwischt. Das muss man mögen, und wenn man sich darauf einlassen kann, wird man mit einer ungewöhnlichen, spannenden und unterhaltsamen Geschichte belohnt.

Cover des Buches Ballade einer vergessenen Toten (ISBN: 9783867542388)
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Rezension zu "Ballade einer vergessenen Toten" von Liza Cody

Wer war Elly Astoria
SalanderLisbethvor 5 Jahren

Dieser Song mit seiner schmerzlich-schönen Melodie und seinem herzzerreißenden Text bewirkt, dass die Frau ihren Kopf in die Zeitung steckt und weint. Doch er setzt auch die Alchemie in Gang, die Amy von einer ausrangierten, trauernden verlorenen Seele in eine Biografin verwandeln wird. (Auszug Seite 19)


Die Schriftstellerin Amy ist an einem Tiefpunkt angelangt. Beruflich läuft es nicht wirklich rund und jetzt wurde sie auch noch von ihrem Freund, einem erfolgreichen Autor verlassen. Passend zu ihrer deprimierten Stimmung läuft im Radio der 80er Jahre Song „See Jesse Tomorrow“ der Band SisterHood. Deren blutjunge Sängerin Elly Astoria war ein musikalisches Genie und leider viel zu früh verstorben. Die Band löste sich danach sofort auf und Elly geriet nach der medialen Aufregung um ihren Tod sehr schnell in Vergessenheit. Das musikalische Wunderkind wurde vor 25 Jahren grausam misshandelt und ermordet aufgefunden, der Täter nie gefasst. Die spontane Idee eine Biografie über Elly Astoria zu schreiben, beflügelt Amy total. Sie will unbedingt mehr über die begnadete Musikerin erfahren und der Nachwelt das vergessene Genie in Erinnerung bringen.


Wer war Elly Astoria?

Die Umstände von Ellys Tod spielen erst mal gar keine so große Rolle denn Amy sieht sich auch nicht als Detektivin. Amy interviewt die damaligen Lehrer und Nachbarn, ermittelnde Polizisten und sogar den Friseur, der für die nötige Bühnenpräsenz sorgen sollte. Während sich Ellys Lebensgeschichte anhand von Interviews der Bandkollegen, Abschriften von Polizeiberichten, E-Mails, Briefen, Tagebucheinträgen und Tonaufzeichnungen immer detaillierter darstellt, tritt die Person Elly mehr und mehr in den Hintergrund. Da wir sie nur durch die Augen anderer kennen lernen, bleibt ihre Persönlichkeit blass.

Unauffällig, fast unsichtbar war das zierliche Mädchen auch in der Schule, bis man auf ihr absolutes Gehör aufmerksam wurde. Ohne Vater lebte sie mit ihrer drogensüchtigen Mutter in einer verwahrlosten Wohnung zusammen. Sie fühlte sich für ihre Mutter verantwortlich und verdiente Geld als Musikerin auf den Straßen Londons. Hier wird die Frauenband auf sie aufmerksam und bald ist sie die Sängerin und Songschreiberin der SisterHood. Die Frauen, allen voran „Big Mama“ Briony, die füllige Bandmutter, nehmen die vernachlässigte Außenseiterin unter ihre Fittiche, profitieren aber auch von ihrem Megatalent und vereinnahmen sie. Als ihre Mutter stirbt und die Band erstmals die versifften Verhältnisse sehen, in denen Elly leben musste, wurde die Wohnung renoviert und alle Bandmitglieder zogen mit ein. Elly ließ alles mit sich geschehen, sie war aber auch erst 15 Jahre alt, und nicht 18, wie sie allen erzählte.


Die Macht der Musik

Bei ihren Recherchen stößt Amy auf unterschiedliche Aussagen, auch auf Neid und Missgunst und ihr wird klar, dass sie den Mord an Elly nicht ausklammern kann und die Biografie würde sich auch besser verkaufen. Also wird aus der Musikerbiografie eine Ermittlungsgeschichte und sie erstellt eine Liste mit zehn Verdächtigen für die grausame Tat. Was ist zum Beispiel mit dem zwielichtigen Manager Tom Prank und seiner geschäftstüchtigen Zwillingsschwester Carol, die Elly zum Megastar gemacht hatten? Aber was hätten sie für einen Grund gehabt? Die Geschwister verdienten Millionen, während die Band fast leer ausging. Dann doch schon eher die schöne Maddie, sexy Star der Band, bevor Elly dazu stieß. Ausgerechnet die kleine, unscheinbare Elly, die auf Bildern oft nur der verwischte Fleck ist, der grade ins Bild kommt oder rausgeht. Aber sobald sie die Bühne betrat, entwickelte sie ein Charisma und riss die Massen mit.


Es ist recht interessant, einmal festzustellen, wie oft Beteiligte gewisser Begebenheiten in Ellys Leben gestehen, dass sie einen Hass auf sie entwickelten, einfach weil alle anderen „sie liebten“. Oder Neid empfanden, weil Elly, die zweifellos musikalisch begnadet war, zusätzlich auch noch eine Art von Aufmerksamkeit auf sich zog, die sie „gar nicht verdiente“. (Seite 87)


Amy muss tief im Leben der grausam Ermordeten graben und hadert erst mit ihrer Rolle als Detektivin. Es ist interessant zu lesen, wie sie langsam über sich hinaus wächst, streng gehütete Geheimnisse enthüllt und sogar einen Verleger an Land zieht.


Fazit

Obwohl die englische Krimiautorin Liza Cody zum Schluss auch eine stimmige Auflösung anbietet, ist es weniger ein Kriminalroman, sondern mehr ein detailliertes, teilweise bissiges Portrait des gar nicht so glänzenden Musikgeschäfts. Es ist auch eine Abrechnung mit den Abgründen der Musikindustrie einschließlich ein paar gekonnten Seitenhieben gegen Musikjournalisten. Den präzisen Blick hinter die Kulissen der Musikszene kauft man Cody aufgrund ihrer Erfahrungen als Roadie im Konzertbusiness der 6oer und 70er Jahre völlig ab.

Es war mein erster Roman von Liza Cody, aber nachdem ich mich erst mal auf die nicht lineare Erzählweise und die sukzessive Enthüllung der unterschiedlichen Informationen eingelassen hatte, habe ich die grandiosen Charakter- sowie Milieustudien sehr genossen. Cody schreibt mit Witz, Empathie aber ohne große Sentimentalitäten. Am Ende dieser außergewöhnlich erzählten Geschichte will man unbedingt die ergreifende und berührende Musik der fiktiven Elly Astoria hören.

Cover des Buches Ballade einer vergessenen Toten (ISBN: 9783867542388)
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Rezension zu "Ballade einer vergessenen Toten" von Liza Cody

zeitgenössische Literatur über die Musikszene
Gwhynwhyfarvor 5 Jahren

»Sie starrt blicklos auf den Rezensionsteil ihrer Zeitung und versucht zu ermessen, wie viel Zeit, Energie und Liebe sie an Craig verschwendet hat. Als sie ihn kennenlernte, hat sie davon geträumt, Schriftstellerin zu werden. Craig aber war bereits Schriftsteller, ein guter, ein erfolgreicher. Sie dachte, von ihm könne sie lernen. Und sie lernte. Sie lernte kochen für einen Schriftsteller, putzen für einen Schriftsteller, Finanzen und Dinnerpartys organisieren für einen Schriftsteller. Dann feuerte er sie.«

Amy am Tiefpunkt ihres Lebens angekommen: Noch immer nicht konnte sie sich als bekannte Schriftstellerin durchsetzen, Craig, ihre große Liebe, hat sie gegen eine Jüngere eingetauscht. Wie soll es weitergehen? Da kommt ihr eine Idee, als sie einen Song im Radio hört. Eine ganze Generation war fasziniert von diesen Songs, geschrieben von Elly Astoria, die so tief die Seele der Jugendlichen erfasste. Amy nimmt sich vor, eine Biografie über Elly zu schreiben, Elly Astoria, die Bandleaderin der »SisterHood«, brutal und grausam 1980 ermordet. Eine kurze Karriere einer sehr jungen Frau, die tragisch endete. Der Täter konnte bis heute nicht gefasst werden. Amy beginnt zu recherchieren, versucht, Begleiter aus dem direkten Umfeld von Elly zu interviewen. Was war Elly für ein Mensch? Wie sah ihr tägliches Leben aus? Was für ein Mensch war diese Frau, die so viele Herzen berührte?

Die alten Bandmitglieder geben sich bedeckt, nicht jede von ihnen ist zu einem Interview bereit, zumindest anfangs nicht. Der ehemalige Manager lebt in den USA. Wie soll Amy an den herankommen, Geld für die Reise hat sie nicht. Ist überhaupt ein Verlag interessiert an dem Stoff? Könnte sie herausfinden, was damals wirklich geschah – oder wer der Mörder ist – das wäre die Story schlechthin!

»Als Briony durch die Jalousie auf die dunkle Straße spähte, meinte sie einen Mann zu sehen ... Seit einiger Zeit waren alle Jalousien ständig heruntergelassen, gegen Blicke und Kameras. Draußen vor dem Haus war immer irgendwer, manchmal eine kleine Menschenmenge.«

Leider ist Elly Astoria eine erfundene Figur, denn Liza Cody schafft es, dass man sich danach sehnt, während des Lesens die Songs zu hören. Elly behauptet, sie sei 18, doch dieses zwergenhafte, unscheinbare Mädchen mit einem einmaligen Gefühl für musikalische Harmonie ist gerade mal 15, als sie den Vertrag bei ihrem Manager unterschreibt. Zu dem Zeitpunkt lebt Ellys Mutter noch, ein Junkie, von Elly liebevoll versorgt. Sie verstirbt kurz danach. Die Band wird berühmt, der Manager hatte den richtigen Riecher. Dieser unbekannte Hanswurst und seine Schwester werden steinreich mit der Band, aber Elly und ihre Bandmitglieder erhalten nur ein paar Krümel vom Kuchen. Produzenten, Styler, eine ganze Maschinerie heftet sich an die Fersen der Band, verdient reichlich. Wollte Elly damals aussteigen, hatte sie eine Solokarriere anvisiert? Wollte sie den Manager loswerden? Und die Bandmitglieder untereinander – zerstritten, getrieben von Eifersucht? Die ersten Frauen beginnen mit Amy zu reden. Doch wem kann sie trauen? Wer tischt Lügen auf und warum? Und manch einer plant ein Comeback mit Erscheinen dieser Biografie - raus aus dem Schatten - nocheinmal von Elly profitieren!

»Madelins Auto war ein kleiner Renault, eine Kindermädchenkutsche, wie sie oft dachte. Es passt nicht zu ihrem Selbstbild, zu ihrer neuen Wohnung. Sie sollte längst in der Lage sein, sich beides leisten zu können, sexy Bleibe und sexy Karosse, stattdessen empfing sie Lohn, wo ihr Teilhabe zustand.«

Liza Cody präsentiert uns hier die dreckige Wahrheit der Musikszene aus dieser Zeit. Elly wird von allen Seiten vereinnahmt. Das beginnt mit dem Manager und dem Produzenten. Als Ellys Mutter stirbt, zieht die gesamte Band in das Haus ein, das nun Elly gehört – die kleine Elly wird übergriffig vereinnahmt. Sie wird gar nicht gefragt – ruckzuck ist die versiffte Junkie-Bude total renoviert und neu möbliert – Elly fühlt sich fremd im eigenen Haus. Und wenn man es genau nimmt, verschwindet Elly in jedem Kapitel ein Stück mehr. Es geht immer um die anderen – um die, die ihr Geld mit ihr verdienen. Neben Amys Recherchen fließen multiperspektiv Kapitel über die Bandmitglieder ein. Hier hat jeder Dreck am Stecken. Liza Cody schreibt eindringlich, witzig, melancholisch, präzise definiert, sie trifft die Noten und den Rhythmus der jeweiligen Szene punktgenau. – Dieser Roman ist ein Blues. Den Stoff als einen Krimi zu definieren, wäre zu einfach. Natürlich puzzelt hier eine Detektivin ihre Teile zum Ganzen zusammen. Aber ist es letztendlich am Ende wichtig, zu wissen, wer der Mörder ist? Eigentlich nicht. Es geht um die Gesamtkomposition des Dramas, um die Musikszene, das einsame Leben eines Stars, der völlig fremdbestimmt ist in seinem Leben. Ein großartiger, einfühlsamer Roman.


Liza Cody, mit bürgerlichem Namen Liza Nassim, stammt aus London. Sie studierte Kunst an der London Art School und der Royal Academy und arbeitete als Fotografin, Malerin, Wachsfigurendesignerin bei Madame Tussot, Grafikerin und Möbelschreinerin, bevor sie zum Schreiben kam. 1980 erschien ihr erster Krimi, »Dupe«, mit der Privatdetektivin Anna Lee, der mit dem »John Creasey Memorial Prize« für das beste Krimidebüt ausgezeichnet wurde. Die Verfilmung mit Imogen Stubbs war auch im deutschen TV zu sehen. Der erste Roman der Serie, »Bucket Nut« (Was sie nicht umbringt), wurde mit dem »Silver Dagger Award« ausgezeichnet. Ihr Roman »Gimme more« handelt von der Musikbranche. Liza Cody arbeitete als Roadie bei »einer der schlechtesten Bands von London«, wie sie selber sagt. Schon immer wollte sie ein Buch über Musik schreiben, »aber zu beschreiben, wie aufregend Musik ist, ohne dabei idiotisch zu klingen, ist sehr schwierig« (Liza Cody in einem Interview mit Will Simpson, März 2000). Für »Lady Bag« erhielt sie den Deutschen Krimi Preis (internationale Kategorie) 2015 und mit »Miss Terry« 2. Platz hier in 2017.

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