Rezension zu "Schritt für Schritt nordwärts" von Martin Kettler
Auf der ganzen Welt gibt es einige Langwanderwege – Wege auf denen man mehrere Wochen verbringt, und den Weg wandert. Der Jakobsweg in Europa und der Appalachian Trail in Amerika gehören zu den bekanntesten. Norge på langs, Norwegen der Länge nach ist eher etwas unbekannter. Eine Route ist hier nicht vorgeschrieben, man wandert vom südlichsten Punkt Norwegens bis zum nördlichsten Punkt, oder umgekehrt. Aufgrund der nicht vorgegebenen Route kommt man so auf 2500 – 3000km Wanderweg.
Bei Martin Kettler aus der Schweiz kam im Jahr 2010 ein erstes Mal der Wunsch auf, diesen Weg zu laufen. Nach langen Vorbereitungen und Planungen startete er im Mai 2013 den Weg bei Kap Lindenes, dem südlichsten Punkt Norwegens. Wenig klappte so wie geplant, neben Beinentzündungen machte unablässiger Regen das Wandern schwierig. Überschwemmungen machten Umwege nötig, oftmals musste statt über das Fjell den Strassen entlang gelaufen werden, Strassen waren durch Erdrutsche gesperrt… Was Martin in dieser Zeit erfährt ist dafür die unglaubliche Gastfreundschaft der Norweger. Aufgrund seinen Entzündungen muss er jedoch die Tour abbrechen.
2015 setzt er seine Wanderung fort. Er steigt etwas südlich seines Abbruchorts wieder ein, und erlebt einen traumhaften Sommer, zwar mit viel Restschnee, aber vielen stabilen Hochs, und kaum Regen. Und vollendet nach gesamt über 3000km die Wanderung am Nordkap.
In diesem Buch erzählt er von dieser Reise. Wie es zu der Entscheidung kam, die gesamte Planung vom Traum bis zum Start, ohne sich dabei in Details zu verlieren. Man leidet als Leser richtiggehend mit bei seinem Versuch im 2013, und kann den Abbruch mehr als nachvollziehen. Und freut sich mit ihm auf der 2015er-Tour, und bei seinem Abschluss des Abenteuers.
Mich persönlich fasziniert Norge på langs sehr, und habe bereits mehr darüber gelesen. Martins Buch hat mich jedoch noch anders fasziniert. Immer wieder konnte ich Berührungspunkte feststellen, teilweise weil er dieselben Bücher als Inspiration nennt, die auch mich am Outdoor so faszinieren, teilweise weil er Ort in Norwegen beschreibt, die ich selbst so erlebt habe wie er auf meinen bisherigen mehrfachen Reisen dorthin, und teilweise weil ich 2015 im selben Hochdruckgebiet im Norden Skandinaviens wie er unterwegs war bei meiner allerersten längeren Tour, nur ein paar Hundert km südlicher. Er schaffte es durch seine Ausdrucksweise auch, mich richtiggehend zu packen. Ich habe laut gelacht, hatte Hühnerhaut bei gewissen Momenten, war tief berührt, und unglaublich oft geschmunzelt. Das Buch hat mich richtiggehend in Bann gezogen. Er erzählt nicht nur von seinem Weg, auch die unglaublichen Begegnungen mit anderen Wanderern, und welche Emotionen er dabei durchlebt. Auch die Bilder waren traumhaft, und von mir aus hätten es gerne mehr sein können!
Für wer ist das Buch? Ganz sicher nicht für jedermann. Wer mit Outdoor und Wandern nichts anfangen kann, für den ist das nichts. Wer sich jedoch für den Norden Europas begeistern kann, das Wandern liebt oder sich gerne von ungewöhnlichen Outdoor-Abenteurern inspirieren lässt, dem kann ich das Buch nur ans Herz legen. Von mir gibt es 5 Sterne!