Diese Geschichte handelt von den Roma und ihrer Welt. Auch wenn es sich hier nur um unser Nachbarland Tschechien / Slowakei handelt, ist es so, als ob man eine andere Welt betritt. Die Geschichte handelt von Andrejko, einen Roma. Er wächst zuerst bei seiner Familie auf, aber schnell merkt er, dass diese Traditionen und Sitten nicht seine sind. Er kann sich damit nicht anfreunden und fängt ein neues Leben an. Hinzu kommt, dass er sich in seine Cousine verliebt und sie schlussendlich zu einem Paar werden. Sie ziehen weit weg von ihrer Familie und versuchen ein normales Leben mit der einheimischen Bevölkerung zu führen. Dies geht auch eine zeitlang gut, bis eines Tages das Schicksal brutal zuschlägt!
Martin Smaus ist ein toller Erzähler. Er zeigt uns behutsam die wirkliche Welt der Roma. In dieser Geschichte ist man mittendrin statt nur dabei!!
Martin Maus
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Mach mal Feuer, Kleine
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Andrejko hat es von Geburt an nicht leicht. Er ist ein Roma und wächst in einem Dorf in den Bergen der Ostslowakei auf.
Andrejko hat ein Talent, das eher ein Fluch ist. Er ist ein unglaublich geschickter Taschendieb. Deshalb wird er im Alter von vier Jahren seiner Mutter entrissen und von seinem Onkel in die Stadt mitgenommen, um für die Familie zu stehlen.
Die Gesellschaft ist im Umbruch. Für Pferdezüchter, Hufschmiede und Kesselflicker gibt es in der modernen Zeit keine Verwendung mehr. Und so werden die Roma in die Städte, aus denen nach dem Krieg die Deutschen vertrieben wurden, umgesiedelt. Die Familien werden getrennt; die Kinder werden in Internate gesteckt. Die Eltern sollen in den Fabriken arbeiten. Aber unter diesen Zwangsbedingungen geht der Versuch einer Integration schief.
Die Roma leben am Rand der Gesellschaft, bekommen Kinder, um ihren Sozialhilfesatz zu erhöhen, verwüsten die zugewiesenen Wohnungen, betteln und stehlen.
So wächst Andrejko also auf. Aber er will dieses Leben zwischen Alkohol, Gewalt, Kriminalität, Kinderheim und Gefängnis nicht.
Seine Zielstrebigkeit, sein Fleiß und sein Aufstiegswillen führen dazu, dass er immer wieder eine Existenz aufbauen kann. Aber immer wieder wird er zurückgeworfen. Immer wieder passiert etwas, was ihn wieder ganz nach unten bringt.
Andrejko gibt nicht auf, er ist beharrlich und überlebt alle Widrigkeiten. Schließlich fasst er den Entschluss, wieder in die Berge zu gehen. Aber auch hier holt ihn sein Unglück ein.
Dieses ganz besondere Buch hat mich völlig fasziniert. Eine mir gänzlich unbekannte Welt tat sich auf, die durch den poetischen Schreibstil lebendig wurde. Mit Andrejko habe ich mitgelitten, mitgelacht, mitgeweint. Ich bin zornig auf den Rassismus geworden, der ihm immer wieder in die Quere kommt und habe Andrejko für sein Pech bedauert.
Besonders bemerkenswert fand ich, dass der Autor die Roma nicht als edle Wilde idealisiert, sondern realistisch schildert, auch mit ihren negativen Eigenschaften.
Ein aufwühlendes und ungewöhnliches Buch, dem ich möglichst viele Leser wünsche.
»Andrejkos Mutter, die schöne Mária, war dem Dezider Dunka aus der Zigeunersiedlung bei Vyšná Poljana versprochen. Beim mangavipen band der alte Laco Dunka ihre Hände mit einem Tuch zusammen und goss ihnen Schnaps in die hohle Hand, auf dass der eine von dem anderen trinke und ihm so die Treue verspreche, doch in der Nacht zeigte sich, dass Mária bereits empfangen hatte und ein neues Leben in sich trug.
Dezider war ein rechtschaffener Mann und wollte die Familie nicht Spott und Schande aussetzen. Also beschloss er, erst seine Frau und dann sich selbst umzubringen. Er stand auf und ging in die Schenke von Poljana, um sich zu stärken, aber dort wollte man ihm nichts geben, erst wenn er seine Schulden beglichen habe, er stehe schon zu tief in der Kreide. Da vergaß Dezider den Schmerz, der ihn in die Schenke getrieben hatte, und sein feuriges Blut wallte auf.«
Dezider zettelt eine Schlägerei an, wird fast totgeschlagen, und überlebt deshalb den geplanten Selbstmord. So kommt Andrejko zur Welt.
Martin Smaus schildert das Leben in den Bergen der Ostslowakei, Ruthenen, Roma, Slowaken, die Juden sind bereits vergast worden und viele der Zigeuner haben ebenfalls nur durch Glück die Nazis überlebt. In dieses Völkergemisch bricht erst der Kommunismus ein, dann die Moderne und für Pferdezüchter, Hufschmiede und Kesselflicker ist kein Platz mehr. Damit haben sich die Zigeuner früher über Wasser gehalten. Jetzt wandern sie aus in die tschechischen Städte, nach Prag, Pilsen und in die Bergwerksstädte. Wer nicht freiwillig geht, wird von den Kommunisten zwangsumgesiedelt. Richtige Wohnungen, fließendes Wasser und Arbeit versprechen sie den Zigeunern. Die Kinder kommen in Internate, damit sie etwas gescheites lernen. Doch die angeordnete Integration scheitert. Die Roma bleiben am Rand der Gesellschaft, betteln, stehlen und bald sind auch die Kommunisten voller Vorurteile
Martin Smaus hat ein Panorama der gegenseitigen Vorurteile zwischen Roma und ihrer Umgebung geschaffen, gleichzeitig ein Panorama der untergehenden Tschechoslowakei. Und der ganz eigenen Region in den Grenzgebieten von Slowakei, Polen und Ukraine. Er idealisiert die Roma nicht, viele von ihnen wollen sich nicht in das moderne Leben mit Achtstundentag, Müllabfuhr und Schule einordnen. Aber er schildert auch die andere Seite, wie unmöglich es ist, sich in die tschechische Gesellschaft einzugliedern. Wer das will steht, zwischen den Stühlen. Die eigenen Leute akzeptieren ihn nicht und die anderen sehen immer den Roma in ihm.
Spannend geschrieben, stilistisch gekonnt gewann der Autor mit diesem Erstling den Magnesia Litera, dem bedeutendsten tschechischen Literaturpreis. Und er hat ihn verdient, kein Zweifel. Und wer nach einem ungewöhnlichen Buch sucht, wird hier fündig.
Leseprobe: http://www.amazon.de/gp/reader/3423248270/ref=sibdppt#reader-link
Mach mal Feuer, Kleine, Martin Smaus, dtv, Februar 2011
Aus dem Tschechischen von Eva Profousova
ISBN-13: 978-3423248273, Tb, 360 Seiten, Euro 14,90
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