Rezension zu "Kaiser von Amerika" von Martin Pollack
Zu allen Zeiten der bekannten Geschichte haben sich große Massen von Menschen auf den Weg gemacht, ihren bisherigen Wohnort, ihr altes Land verlassen und oft unter großen Gefahren für Leib und Leben, das Herz voller Hoffnung auf ein besseres Leben, nach einem neuen Land gesucht, eines, von dem sie sich Arbeit und Nahrung und vor allem so etwas wie Zukunft versprachen.
In diesen Tagen melden die Nachrichtensender, dass eine Einsatztruppe der EU die griechischen Behörden dabei unterstützt, Flüchtlinge aus aller Herren Länder, die über die türkisch- griechische Grenze in das neue Gelobte Land EU einreisen wollen, abzufangen und zurückzuschicken. Über Jahre vorher waren es die italienischen Inseln vor Sizilien, wie Lampedusa, die im Focus der öffentlichen Wahrnehmung standen, weil Flüchtlinge vor allem aus Afrika, mit ihren Booten dort anlandeten. Jedenfalls die, die nicht vorher im Mittelmeer ertrunken waren, und deren Zahl bis heute niemand kennt.
Das vorliegende Buch des Österreichers Martin Pollack erzählt von einer solchen Massenbewegung und dokumentiert sie in Wort und Bild. Um das Jahr 1900 wurden Hunderttausende von Menschen, in ihrer großen Zahl Juden aus Galizien nach Amerika gelockt, dem Gelobten Land, wo jeder seines eigenen Glückes Schmied ist.
„Vor der Kulisse der Häuser ragte eine riesenhafte Frauengestalt aus dem Wasser, mit einen Strahlenkranz um dien Kopf und einer Fackel in der zum Himmel gestreckten Hand. Das sei die heilige Mutter Gottes, sie heiße die geliebten Polen mit einen einladenden Lächeln willkommen.“ Es war vor allem dieses Bild, was zunächst langsam, dann zu einem regelrechten Strom anschwellend, Hunderttausende von Menschen aus dem Armenhaus der Habsburgermonarchie, aus Galizien, nach Amerika lockte. Alle suchten sie ein besseres Leben und glaubten fest daran, der „Kaiser von Amerika“ werde sie dort mit offenen Armen empfangen und willkommen heißen.
Und so wie heute die Flüchtlingsbewegungen nach Europa ein lukratives Geschäft sind für allerlei mafiose Netzwerke, so verdienten auch damals viele Agenten, Beamte, Gendarmen, amerikanische Unternehmen und die großen Schifffahrtslinien ein Vermögen mit diesen armen Menschen.
Martin Pollack zeichnet diese Geschichte eindrücklich nach in einem Buch, bei dem sich fast auf jeder Seite die Parellelen zur Gegenwart aufdrängen – die Geschichte von den ewigen Verlierern und den ewigen Gewinnern. Und die Geschichte von der nicht auszurottenden Sehnsucht nach einem besseren Leben.