Cover des Buches Provokateure (ISBN: 9783257069280)
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Rezension zu Provokateure von Martin Walker

Martin Walkers siebter Bruno-Krimi ging mir unter die Haut

von Gundo57 vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Der beste Walker, den ich bisher gelesen habe, aktuell, spannend und unter die Haut gehend ....

Rezension

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Gundo57vor 9 Jahren
Wer meine Besprechungen hier schon regelmäßig liest, wird sich vielleicht daran erinnern, dass ich die Romane von Martin Walker liebe und den vorletzten von ihm hier auch schon vorgestellt habe. Meistens sind es Krimis aus dem Perigord und die Hauptperson darin ist mehrheitlich der Dorfpolizist Bruno.

Zum Hintergrund
Der gebürtige Schotte Walker ist studierter Historiker, arbeitete lange für eine britische Tageszeitung als Redakteur, lebt abwechselnd in Washington und dem Perigord und hat mit dem Dorfpolizisten Bruno eine Figur geschaffen, die in etwa jährlichem Rhythmus neue spannende Kriminalfälle lösen muss und ihm eine weitere Berufung bescherte: Die des Schriftstellers. Neben den sieben Bruno-Bänden erschien im letzten Jahr das tolle „Brunos Kochbuch“, dem auch zwei Krimikurzgeschichten beiliegen und sein Erstlingsroman „Schatten an der Wand“, der wie bei den Bruno Romanen eine spannende Mischung aus historischer Vergangenheit und krimineller Gegenwart ist, ohne dass Bruno schon die zentrale Figur ist, aber auch hier ist das Perigord schon der Hauptschauplatz! Seine Romane – die verkaufte deutschsprachige Auflage ist inzwischen auf über 1,5 Millionen gestiegen – sind für die Gegend echte Tourismuswerbung und auch der Absatz von Wein und anderen Agrarprodukten der Region hat sich durch seine Bücher spürbar verbessert … Dazu schrieb Tilman Krause in Die Welt (wie die Buchrückseite verrät) „Martin Walker hat eine der schönsten Regionen Frankreichs zum Krimiland erhoben und damit überhaupt erst für die Literatur erschlossen.“

Worum es diesmal geht
Terrorismus, Afghanistan-Krieg mit europäischer Beteiligung, Islamistische Aktivitäten in einer großen Moschee in Toulouse, Judenverfolgung im zweiten Weltkrieg und Schutz jüdischer Kinder durch die christlichen Kirchen, ein mögliches Vermächtnis einer israelischen Granddame, wenn es ein unterstützenswertes Projekt dafür gibt, an dem die aufgeweckte Schulklasse der Ausnahmelehrerin Madame Florence Pantowsky sich mit viel Einsatz versucht, der richtige Umgang mit den Medien, französische Innenpolitik und Verwaltungskompetenzgerangel, einen karrieregeilen, skrupellosen Wissenschaftler, der auch Frauen gegenüber nicht zimperlich ist, bisher sogar zwei Vergewaltigungsanklagen glücklich entging und einen autistischen Jungen, der von den Islamisten aus dem Moscheeinternat in Toulouse nach Afghanistan gelockt und dort für Krieg und Terror missbraucht wurde und zurück zu seiner Familie will, sowie den Schutz von Zeugen und Angehörigen. Da stehen aber rechtliche und politische Hindernisse im Weg bis hin zu der attraktiven und gescheiten CIA-Agentin Nancy Sutton, die sich mit Bruno einen blutigen Kampf gegen zwei Terroristen liefert und die Gefährlichkeit des autistischen Terrorhelfers und die Sinnhaftigkeit eines Auslieferungsbegehrens in die USA erkunden soll.
Es beginnt mit der Entdeckung eines grausam hingerichteten Undercoveragenten, dessen Tod nur kurz in Brunos Zuständigkeit fällt, bevor das Innenministerium aus Paris sich einschaltet. Daneben wird wie immer bei Walker in verschiedenen Formen und auf unterschiedlichen Ebenen kulinarischer Genuss zelebriert.

Der Klappentext
Es gießt in Strömen, und im Périgord fürchten alle um die Weinernte. Doch Bruno Courrèges, einziger Polizist des Städtchens Saint-Denis, hat ganz andere Sorgen. Im Morgengrauen findet er die Leiche eines muslimischen Undercover-Agenten, der ihn nur wenige Stunden zuvor um Hilfe gebeten hatte. Und im Büro erwarten ihn eine schöne amerikanische FBI-Agentin und eine verstörende Nachricht. Ein autistischer Junge aus Saint-Denis ist auf einer französischen Armeebasis in Afghanistan aufgetaucht und will nun nach Hause kommen – als Freund oder Feind, das ist die Frage.
„Ich liebe das Périgord und bewundere die Art, wie seine Bewohner sich immer wieder anzupassen vermochten – sei es der Eiszeit, Invasionen von Engländern, Mauren und Deutschen oder Kriegen von Königen und Großgrundbesitzern, Katholiken und Protestanten, Revolution und Restauration. Jetzt passen sie sich dem vereinten Europa und dem Tourismus an, der Rezession und Immigration. Trotzdem bleiben sie sich immer treu und bewahren mit freundlicher Entschiedenheit ihre ganz eigene Lebensart und Gelassenheit.“

Meine eigenen Eindrücke
Diese Geschichte, vielleicht sollte ich besser von Geschichten sprechen, denn in Walkers Romanen werden verschiedene zeitlich weit auseinander liegende Handlungsstränge geschickt miteinander verwoben, ist/sind spannend, zeitnah und historisch, plausibel und mit viel menschlicher Wärme und Tiefe gewürzt.

Die Sprache ist klar und deutlich, viel wird in wörtlicher Rede von den handelnden Personen im Gespräch zum Ausdruck gebracht; das Buch liest sich flüssig, schnell und gut – ich hatte das Buch in anderthalb Tagen durch, dank zweier langer Bahnfahrten sogar unter der Woche!

Mir gefällt seine Mischung aus spannendem Heute, historischen Rückblicken, die er lebendig darzustellen weiß, tiefen Einblicken in Zwischenmenschliches und seiner Begeisterung für den Genuss von Speisen und Getränken, der in seinen Romanen immer eine ganz wichtige Rolle spielt und wohl auch eine große Faszination für den Autor an seiner Wahlheimat Perigord zu sein scheint!

Mir waren meine Augen mehrmals beim Lesen ganz schön feucht geworden! Am Ende hatte ich das Gefühl, hier hat Autor Walker sich noch einmal mehr übertroffen und für mich ist dieser siebte Bruno Fall der spannendste, schlüssigste, menschlichste und deshalb der bisher beste! Der größte Teil der Inhalte wird über persönliche Dialoge in wörtlicher Rede kommuniziert.

Manche technische Details, wie etwa konkrete Hubschraubermodellbezeichnungen oder Flugzeugmusterangaben würde ich mir wünschen statt nur von Helikopter oder Turboprop zu lesen. Aber dem Roman fehlen sie nicht wirklich …

Über den Autor
Martin Walker, geboren 1947 in Schottland, ist Schriftsteller, Historiker und politischer Journalist. Er lebt in Washington und im Périgord und war 25 Jahre lang Journalist bei der britischen Tageszeitung ›The Guardian‹. Er ist im Vorstand eines Think Tanks für Topmanager in Washington, den er sieben Jahre präsidierte, und ist außerdem Senior Scholar am Woodrow Wilson Center in Washington DC. Seine ›Bruno‹-Romane erscheinen in inzwischen fünfzehn (auf dem Buchrücktitel werden noch nur 10 genannt!) Sprachen und erreichten allein in Deutschland, Österreich und der Schweiz bisher eine Auflage von über 1,5 Millionen Exemplaren.

Martin Walkers Bücher auf Deutsch und ihre Erscheinungsjahre
Die bisherigen anderen sechs Brunofälle waren Bruno, Chef de police (2009, als Taschenbuch (TB) 2010), Grand Cru (2010, TB 2011), Schwarze Diamanten (2011, TB 2012), Delikatessen (2012, TB 2013), Femme fatale (2013, TB 2014) und Reiner Wein (2014, TB im Mai 2015). Schatten an der Wand erschien auf Deutsch 2012 und als TB 2014 und Brunos Kochbuch im Herbst 2014.

Der Diogenes Verlag schrieb Anfang Mai in einer eMail, dass dieses Buch Provokateure, der siebte Fall für Bruno, Chef de police von Martin Walker, kurz nach Erscheinen auf dem ersten Platz in Deutschland (Platz 1 im Stern 7.5.2015, Platz 2 Spiegel-Bestsellerliste 9.5.2015), Österreich und der Schweiz stehe. Weiter heißt es dort, dass Walker momentan im Mai und Juni, sowie auch im Oktober auf Lesereise in Deutschland und in der Schweiz unterwegs sei. Genaue Daten gibt es hier http://www.diogenes.ch/leser/katalog/nach_autoren/a-z/w/9783257069280/mehr.

Mein Fazit
Ich habe das Buch verschlungen, war von den verschiedenen Handlungssträngen begeistert, habe wieder einiges aus der französisch-deutschen Geschichte dazu gelernt und mag Walkers Art einen Roman spannend aufzubauen und sich auf weitere Brunofälle zu freuen, die inzwischen in jährlichen Abständen erscheinen. Es ist spannend ohne gruselig zu sein, geht dazwischen auch ans Herz und setzt sich sehr anschaulich mit aktuellen Gesellschaftsproblemen und unserer jüngeren Geschichte in Europa auseinander, wie dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien und dem Antiterrorkampf des Westens in Afghanistan. Volle fünf Lesesterne und eine absolute Leseempfehlung von mir für Walker, Provokateure, Der siebte Fall für Bruno, Chef de police!
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