"Bonjour Deutschland" lag war schon länger auf meiner Wunschliste und ich war neugierig, was mich erwarten würde. Es ist Martine Lestrats Erstlingswerk und ich wurde nicht enttäuscht. Einmal angefangen, habe ich es mit großem Vergnügen zu Ende gelesen.
Die Autorin zog 1984 im Alter von 24 Jahren von Frankreich zu ihrem Freund nach Deutschland. Und sie ist hiergeblieben. Lebt heute in der Holsteinischen Schweiz.
Weder hatte sie Sprachkenntnisse noch eine Arbeit, als sie nach Deutschland kam. Doch voller Optimismus und mit einer großen Portion Neugierde wollte sie das neue Land begrüßen und sagte: "Bonjour Deutschland".
In ihrem Buch schildert sie in zahlreichen kleinen Anekdoten ihr Erleben und die Begegnung mit den Menschen im neuen Land, setzt sich mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Deutschland und Frankreich auseinander. Beleuchtet auf sehr sympathische und humorvolle Weise Sprache, Kultur und Gewohnheiten.
Die kurzen Kapitel sind in einem flüssigen Schreibstil verfasst, lassen sich leicht lesen und sind thematisch geordnet, sodass man beim Lesen keine Reihenfolge einhalten muss.
Anfangs war es für die Autorin nicht leicht, hier heimisch zu werden, was besonders an den noch mangelnden Sprachkenntnissen lag. Die Menschen wollten ihr helfen und verfielen rasch ins Französische oder Englische. Erst die Kinder im Kindergarten, in dem Martine ein Praktikum absolvierte, hatten die nötige Geduld, immer wieder zu erklären, bis sie verstanden hatte.
Die Autorin traf auf Wohlwollen und Hilfsbereitschaft, begegnete aber auch Vorurteilen, wurde zuweilen selbst damit konfrontiert, zum Beispiel, als man annahm, sie als Französin könne kein Engisch sprechen. Doch sie erlebte auch Vorurteile, die in plakatives Denken münden und dadurch Ausländer nach unterschiedlichen Maßstäben beurteilen.
Das Leben und Arbeiten hier in Deutschland war von Anfang an abwechslungsreich. In schwierigen Situationen zeigte Martine Lestrat Ideenreichtum und stellte sich den Herausforderungen immer mit Optimismus.
Die Begebenheiten entlockten mir beim Lesen oft ein Schmunzeln, stimmten mich aber auch nachdenklich. Wenn Martine Deutschland und Frankreich vergleicht, dann mit viel Empathie und Verständnis. Auch Kritik äußert sie respektvoll. Ich habe immer gespürt, dass sie den Menschen offen und mit einem großen Herzen begegnet. Trotz einiger Unterschiede zwischen beiden Ländern zeigt sich letztlich, dass es meist nicht das "typisch Deutsche" oder "typisch Französische" gibt. Es sind vielmehr das Individuelle, die Erziehung, die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse, die uns zu dem Menschen machen, der wir sind. Und wir eignen uns in dem Land, in dem wir leben, viele Gewohnheiten an, die sich ändern lassen.
"Bonjour Deutschland" ist ein wunderbares Buch, unterhaltsam, oft mit einem Augenzwinkern geschrieben, das aber doch viel Nachdenkliches beinhaltet. Ich konnte oft schmunzeln, aber auch meine eigene Haltung reflektieren und mein Heimatland aus anderer Sicht kennenlernen.
Martine Lestrat ist inzwischen in beiden Kulturen zuhause und so bezeichnet sie sich selbst als "norddeutsche Französin" und zeigt uns, was es heißt, Mensch zu sein.
Danke, liebe Martine, für dieses Buch, das ich mit großem Vergnügen gelesen habe. Auch das ansprechende und aussagekräftige Cover gefällt mir gut. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung.
