Rezension zu "Unheimliche Geschichten" von Mary Hottinger
Die Herausgeberin Mary Hottinger dieser Kurzgeschichtensammlung war schon durch andere Anthologien in Erscheinung getreten. Gleichgültig, ob diese Erzählungen aus dem Bereich der Kriminal- oder der unheimlichen Literatur sind, sie alle sollen für Qualität und einem hohen Verständnis für Literatur sprechen. Ich selbst konnte mich davon schon bei den Gespenster- und Horroranthologien von ihr überzeugen: Sie alle beinhalten bemerkenswerte und anspruchsvolle Erzählungen.
Von der hier vorliegenden bin ich nicht ganz so überzeugt, was vielleicht auch an dem Titel liegen mag, der mich zunächst in die Irre führte. Denn wie die Herausgeberin in dem Vorwort mitteilte, beinhaltet diese Kurzgeschichtensammlung nicht nur unheimliche Geschichten, die ich dann auch erwartete, sondern Sciencefiction- oder einfach nur ungewöhnliche Erzählungen.
Jedoch sind darunter auch ein paar Autoren, die mich mit ihrem Stil nicht überzeugen konnten. Welche das genau sind und welche mich mit ihren Erzählungen überzeugen konnten, kann der geneigte Leser nun im Folgenden erfahren.
1. Ambrose Bierce - Ein Ereignis an der Owl-Creek-Brücke
Eine sehr einfühlsame Erzählung, um einen Mann, der aufgrund eines Kriegsverbrechens gehängt werden soll. Die Kurzgeschichte erzählt auf sehr beeindruckende Art und Weise von dem Schrecken und des Leidens des Gehängtwerdens.
4 von 5 Sterne
2. Thomas Burke - Die gelben Teufelchen
Eine Kurzgeschichte, um einen Mörder, der durch den Wind in eine Wohnung getrieben wird, deren Bewohner er geplant hatte, umzubringen. Die kleinen gelben Teufelchen folgten ihm darauf und führen ihn zur Polizei. Amüsante Geschichte, deren Aussage ich jedoch nicht ganz verstanden habe.
3 von 5 Sterne
3. Muriel Spark - Portobello Road
Eine sehr schöne Geschichte, die nicht nur sehr einfühlsam erzählt wurde, sondern ebenso durch einer sehr angenehmen Atmosphäre und gut gezeichneten Charakteren zu überzeugen weiß! Es geht um vier Freunde, die alle miteinander stark verbunden sind, was ihnen auch zum Verhängnis wird...
5 von 5 Sterne
4. John Anthony West - In Chanceyville
Eine humorvolle Erzählung, um einen jungen Anhalter, der von einem Mann mitgenommen wird. Unterwegs stellt sich heraus, dass der Fahrer Constable ist, was Probleme für den Mitfahrenden bedeutet. Die Erzählung endet recht abrupt, aber es war wohl auch alles erzählt worden, was erzählt werden musste. Das Ende verdeutlicht aber auch, dass die Geschichte keine tiefere Aussage bereithält. Es geht scheinbar lediglich darum ein paar Minuten nett und humorvoll unterhalten zu werden.
4 von 5 Sterne
5. Freeman Wills Crofts - Der Bahnübergang
Eine einfache, aber gleichsam wirksame und spannende Erzählung! Sie handelt von einem Mann, der dabei erwischt wurde, wie er von seiner Arbeitsstelle Geld gestohlen hat. Seitdem wird er von ihm erpresst. Um sich aus dieser Schlinge zu befreien, plant er seinen Peiniger zu töten.
4 von 5 Sterne
6. Patrick Quentin - Bächleins Rauschen tönt so bang
Ein Mann von fast 40 Jahren lebt eng mit seiner Mutter zusammen, das Band, das die beiden zusammenhält ist sehr eng. Bei einem Urlaub lernt er eine junge Frau kennen, der er sich völlig hingibt und eine neue Lebendigkeit spürt, von der er glaubte, sie gar nicht zu haben. Nur durch sie spürt er die Fesseln seiner Mutter. Es entsteht der Plan seine Mutter umzubringen, um sich von diesen Fesseln zu befreien...
Eine sehr verstörende und eindringliche Erzählung.
5 von 5 Sterne
7. Stanley Ellin - Tod am Weihnachtsabend
Eine kurze und effektvolle Erzählung. Habe sie nicht ganz verstanden, da ich den entscheidenden Satz nicht verstehe, aber ich ahne, was mir der Autor mir sagen wollte. So ist es eine typische Geistergeschichte, die allerdings eine etwas stärkere Entfaltungsmöglichkeit gut getan hätte.
3 von 5 Sterne
8. Henry Slesar - Der Mann in der Nachbarzelle
Eine recht nichtssagende Erzählung, um einen Mann, der als Anhalter mitfährt und später erfährt, dass dies verboten sei. Im Gefängnis erlebt er dann eine Verwechslung mit einem anderen Gefangenen. Sehr schön und flüssig erzählt mit recht ausdrucksstarken Charakteren, aber inhaltlich weiß die Geschichte allerdings nicht zu überzeugen. Langweilig ist sie zwar nicht, aber auch nicht besonders aussagekräftig oder interessant.
2 von 5 Sterne
9. Ray Bradbury - Feuerballons
Eine fantastische oder Sciencefiction-Geschichte, die sich mit Geistlichen von der Erde auf dem Mars abspielt. Die beiden Geistlichen, die sich auf dem Weg zum Mars gemacht haben, um dort die Sündiger zu bekehren, werden in ihrem Glauben zu Gott geprüft.
Ich konnte diese Erzählung nicht zu Ende lesen, da sie mir als zu abgedreht erschien. Desweiteren legte der Autor auch zu wenig Wert auf die Stimmung, Charaktere und Handlung. Einzig allein die Konfrontation der beiden Geistlichen mit den Feuerballons schien ihm wichtig zu sein, was mich aber nicht interessierte.
1 von 5 Sterne
10. John Wyndham - Der Meteor
Eine weitere Sciencefiction-Erzählung, diesmal um einen Meteoriten, der in einer ländlichen Gegend herabgestürzt ist. Parallel wird der Inhalt eines Treffens wiedergegeben, der sich mit der Entdeckung eines Planeten beschäftigt.
Ähnlich wie bei der vorherigen Erzählung von Ray Bradbury handelt diese von einer uns fremden Welt, die aber einen Einfluss auf die Erde hat. Auch wenn sie aus meiner Sicht spannender erzählt wurde und mehr Wert auf die Charaktere und die Handlung gelegt wurde, so spricht mich diese Erzählung ebensowenig an. Dementsprechend habe ich nur die Stellen gelesen, die nicht von anderen Welten handeln.
2 von 5 Sterne
11. Miriam Allan de Ford - Der Einzelgänger
Ein Mann, ziemlich unglücklich mit seiner Arbeit und seiner Frau, lässt sich von der Arbeit für einen Tag aus Krankheitsgründen befreien und beobachtet beim Spaziergang eine Tat, die eine Meldung bei der Polizei erfordert.
Eine dramatische und spannende Erzählung, die deutlich macht, was es bedeuten kann, Hilfe zu unterlassen, wo sie gebraucht wird.
5 von 5 Sterne
12. G. K. Chesterton - Der Mann in der Passage
Diese Erzählung, auch wenn sie recht ironisch ist, erinnert mich ein wenig an die Kriminalgeschichten von Edgar Allan Poe. Der Mord an eine Schauspielerin, den es vor Gericht aufzulösen gilt, konnte nur mit scharfem Verstand und einer hohen Kombinationsgabe erfolgen.
Insgesamt ist der Rahmen, in dem dieser Mord passiert ist, mit Bezug zum Theater und zur Schauspielerei gut gewählt und mit interessanten Charakteren ausgestattet, jedoch vermochte mich die Geschichte nicht gänzlich zu überzeugen. Denn der Stil der Erzählung ist etwas zu hölzern und sperrig, wodurch der Geschichte Lebendigkeit und Spannung genommen wurde.
3 von 5 Sterne