Rezension zu "Mary Shelley, Frankenstein. Ein Schauerroman" von Mary Shelley
Zweiffellos ist Mary Shellys "Frankenstein" ein Klassiker der Schauerliteratur des 19. Jahrhunderts. Was bei der öffentliche Rezeption und Interpretation, z.b. durch die Filme, immer auffällt, dass das Augenmerk immer auf dem Monster liegt und weniger auf dem, was das Buch wirklich ist. (Es heißt ja FRANKENSTEIN und nicht DAS MONSTER VON ...) Wer Frankenstein wirklich verstehen will, der muss auch ein wenig in den Mary-Shelly-Eisberg eintauchen. Denn Mary Shelly schrieb das Buch zu einer Zeit als sie von einem ihrer Ehemänner regelrecht tyrannisiert wurde. DAs findet sich auch im Buch versteckt, denn Viktor Frankenstein, um den es eigentlich geht, ist eine zarte, sensible Seele, gepeinigt von seiner naturwissenschaftlichen Genialität und seinen gleichzeitigen, alchemistisch geprägten Fehlschluss er könne das Leben selbst schaffen. Tatsächlich nimmt die Erschaffung des Monsters und dessen Präsenz nur einen kleinen Teil des Buches ein. Stattdessen geht es über weite Strecken über Schuld, Sühne, Melancholie, die zuweilen ins depressive abgleitet und darum, dass Viktor Frankenstein von Anfang an mit seiner Umwelt hadert. Der Figur ist eine tiefe Tragik innewohnend, die nichts mit Splatter und Horror zutun hat, sondern vielmehr mit der Suche nach Vollkommenheit und Liebe. Und die Frage, ob wenn man Leben schafft nicht auch dafür verantwortlich ist. Eigentlich ein ziemlich feministisches Thema zu einer Zeit als Frauen vor allem die Objekte ihrer Männer waren und eine ungewollte Schwangerschaft vor allem diesen zur Last gelegt wurde. Denn so kann man Mary Shellys Konflikt durchaus intepretieren. Ein Mann schafft ungewollt Leben und macht dieses für seine Existenz verantwortlich. Und obwohl Viktor so sensibel ist, ist er halt auch selbstsüchtig und kennt in manchen Dingen kein Maß. Genau genommen ist es ja eine Charakterstudie und kein Schauerroman.
Ich persönlich bin ein großer Fan der Figur Frankenstein. Die innewohnende Tragik ist einfach legendär. Ich gebe trotzdem nur vier 4/5 weil aus heutiger Sicht natürlich die Erzählweise ziemlich umständlich ist. Es sei denn man ist wie ich und mag die alten, schwarzromantischen Klassiker genau deshalb. ;)