Rezension zu "Glücklich, steht dir gut!" von Marya Stones
Mein ganzes Leben lang habe ich mir eine Familie gewünscht und bin diesem Glück nachgejagd.
Das Ergebnis ist, ich lebe allein.
Den Maßstab unserer und anderer Gesellschaften abzulegen, fiel mir unendlich schwer und manchmal erreicht er mich immer noch.
Doch wenn ich heute morgens mein Küchenfenster öffene und mich die Tauben, der Eichelhäher, der Buntspecht, das Eichhörnchen und die anderen Tiere in der Baumkrone der Eiche begrüßen, manchmal gar ein Spatz in meine Wohnung fliegt, kommen mir die Tränen vor Glück und ich frage mich, warum ich das nicht früher gesehen habe. Warum habe ich das Glück vor meiner Haustür nicht früher wahrgenommen und mich so unendlich geliebt und geborgen gefühlt?
Marya Stones wurde das Familienglück zuteil. Ich freue mich sehr für sie, ohne sie zu beneiden, was mir bewusst macht, wie weit ich gekommen bin. Doch auch sie musste zuvor durch das Unglück gehen. Ihres war der Tsunami im Jahr 2004 in Thailand. Ein Wunder ließ sie und ihren Mann überleben, gesunden und eine gemeinsame Tochter empfangen, ein Familienglück, zu dem sich weiteres gesellte.
Zehn Jahre nach dem Tsunami konnten sie ihre Agentur verkaufen, Marya wurde nun nicht nur als Schriftstellerin kreativ. Tanz, Yoga und Meditation sorgten für die innere Mitte.
Beim Reisen, oft nach Italien, aber auch auf die Piste in den USA schaut sie anfangs "blöd in der Gegend herum". Wie vertraut war mir diese Äußerung. Ich nenne das, mit "Kuhaugen in meine alte Eiche vor dem Küchenfenster starren".
Es ist das Sein in der Gegenwart, wo es keinen Tsunami gibt und auch keine Sorgen um die Zukunft. In der Gegenwart kann die Autorin wieder ihrer Liebe zum Meer nachgehen, auch wenn sie sich ihm seit dem Weihnachtstag im Jahr 2004 mit Respekt nähert.
Das Reisen ist für Marya Stones eine Entdeckungsreise ins Selbst. So ist es nicht verwunderlich, dass sie ihre berufliche Laufbahn als Flugbegleiterin begann, nicht bei diesem Abenteuer blieb, sondern infolge Kommunikationswissenschaften und Psychologie studierte. Ohne Computerkenntnisse stieg sie in einem amerikanischen Verlag für Computerfachzeitschriften auf, was der Wegbereiter für ihre Agentur war.
Grundlage für ihre Offenheit und Neugier war ihre Kindheit als "Third Culture Kid", Drittkulturkind. Ich dagegen wuchs in einer deutschen, vielleicht auch sowjetischen, undemokratischen Diktatur auf, auch DDR genannt, deren enge Grenzen ich erst durch eine Ausreise im Januar 1984 sprengen musste. Das habe ich im unerfahrenen Alter von nur 22 Jahren ganz allein geschafft! Auch wenn ich nie an die Englischkenntnisse von Marya Stones heranwachsen werde, con mi español, puedo viajar a otros países.
Die Biografie und die Lebensweise von Marya Stones ist der meinigen komplett entgegengesetzt, aber das Ergebnis ist völlig identisch: Glücklich, steht ihr und mir gut!
Viele Wege führen nach Rom und das ist wundervoll!
Besonders gefallen haben mir ihre Zitate im Buch, von denen ich nur das aus dem Film "The Queen of Katwe" als Wegweiser für das Glück wiedergeben möchte: "Was du kennst, ist nicht zwingend der Ort, an den du gehörst." Auf zu neuen Ufern, liebe Leserinnen und Leser!
Ich danke Marya Stones herzlich, für den Spiegel, den sie mir vorhielt und wünsche ihr alles Glück dieser Welt!
Vera Seidl