Cover des Buches Handbuch Erzählliteratur (ISBN: 9783476023476)
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Rezension zu Handbuch Erzählliteratur von Matias Martinez

Rezension zu "Handbuch Erzählliteratur" von Matias Martinez

von M.Lehmann-Pape vor 12 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 12 Jahren
Darstellung und Geschichte der westlichen Erzählliteratur von der Antike an Epochen, Gattungen und Werke bilden auf der einen Seite den Bereich der historischen Betrachtung der Erzählliteratur, der in diesem Handbuch seinen Platz findet, auf der anderen Seite kommen in systematischer Betrachtungsweise auch die Formen und Funktionen der entsprechenden Literatur ausführlich zu Wort. Wobei von Beginn an festzuhalten ist, dass dieses Buch mit einem hohen wissenschaftlichen Anspruch versehen ist und primär der forschenden und wissenschaftlichen Arbeit dient. Eine Form „leichter“ Lektüre zum Durchstreifen der Epochen und Formen westlicher Erzählliteratur liegt mit diesem Handbuch nicht vor. Unter Einbeziehung neuer Erkenntnisse, vor allem aus dem Feld der Untersuchung nicht-literarischer Erzählformen (deren Einfluss auf die „klassische“ Literaturwissenschaft im Buch aufgenommen wird) und unter Beachtung des sprachlich-literarischen Erzählens auch in Bezügen anderer Medien (Bild, Film, Tanz u.a.) weitet das Handbuch seine Sicht auf die Erzählliteratur durchaus aus, so dass auch aktuelle Einflüsse ihren Niederschlag im Buch finden. Ein breiter Blick, der den Begriff Handbuch völlig verdient, wird in drei Hauptteilen vorgelegt. Im ersten Teil liegt der Fokus der Darstellung auf dem aktuellen Forschungsstand zur Medialität und psychologischen und anthropologischen Aspekten des Erzählens. Die entscheidenden Funktionen erzählender Literatur (wie u.a. die Herstellung persönlicher und kollektiver Identitäten) finden hier ebenso ihren Platz, wie ein umfassender Blick auf die maßgeblichen Forschungstraditionen der modernen Narratologie. Im zweiten Hauptteil werden zentrale Strukturelemente von Erzähltexten (Erzählstimme, Perspektive, Figur, Zeit, Raum u.a.) ausführlich dargestellt. Der abschließende dritte Hauptteil ist der Formgeschichte mit ihren Gattungen, einigen Einzelwerken und vorliegenden Erzählverfahren vorbehalten. Sei es der „heroische Roman“, sei es „Klassik und Romantik“ oder auch (sehr interessant und aufschlussreich nachzulesen) „Die Neuformierung des literarischen Diskurse in Europa“ nach 1945, breit, umfassend und fundiert ist gerade in diesem dritten Teil die Entwicklung der Erzählliteratur von der Antike an bis zur transnationalen Intertextualität klar strukturiert und somit auch in Ausschnitten bearbeitbar hervorragend dargelegt. So findet der interessierte Leser und der wissenschaftlich im Bereich forschende gleichermaßen im Handbuch fundierte Eindrücke zu „klassischen“ Themen der Erzählliteratur ebenso, wie zu (noch) eher „Randgebieten“ wie dem eines „computergestützten Erzählen“. Jedes der einzelnen Kapitel bietet im Nachgang eine durchaus ausreichende „erste“ Literaturliste, die zur näheren Vertiefung des konkreten Themas einlädt und die Weiterarbeit erleichtert. Sprachlich erschließt sich das Handbuch mit seiner komplexen und teils wissenschaftlich abstrakten Sprache nicht unbedingt leicht und erfordert hohe Konzentration und durchaus Einarbeitungszeit. Eine Mühe, die sich durchaus lohnt, denn in solcher Breite und fundierter Darstellung findet sich nicht leicht ein anderes Werk zur Welt der erzählenden Literatur. Das Handbuch stellt sich übersichtlich gegliedert und sachlogisch nachvollziehbar dar und wird in erster Linie im Rahmen der literarischen Wissenschaft seinen Platz finden. Wer die Mühe einer konzentrierten Einarbeitung nicht scheut wird allerdings auch als interessierter Laie vielfache Erläuterungen und Einordnungen zur Erzählliteratur finden, die den eigenen Blick auf dieses umfassende Genre durchaus erweitern.
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