Preußens Ursprünge
Ein wenig bekanntes Kapitel baltisch-deutscher Geschichte ist es, welches die auf archäologische Themen spezialisierte Publizistin Gisela Graichen und der in christlicher Archäologie promovierte Matthias Gretzschel mit diesem Buch ins Bewusstsein rücken.
Über hunderte von Jahren hinweg erhielt sich, in oft harten Verteidigungskämpfen, die Kultur der 12 Stämme des baltischen Volkes der Prussen, geographisch angesiedelt im Bereich zwischen Memel und Passarge, besser bekannt als Ostpreußen.
Die Geschichte der Prussen im eigentlichen Sinne beginnt (und damit setzt auch das Buch ein), mit der Christianisierung dieses Volksstammes durch Adalbert, eine Christianisierung, in die durchaus die tief verankerte Naturreligion der Prussen mit Eingang fand.
In drei Teilen gehen die Autoren dieser faszinierenden Geschichte nach.
Im ersten Teil wird das Volk der Prussen in den Blick gerückt, dies allerdings eher knapp gehalten. Erwähnt wird der aufkommende, rege Bernsteinhandel, sicherlich einer der Hauptgründe für den Deutschen Orden im 13. Jahrhundert, sich diesen Rohstoff in die eigene Hand zu sichern. Ein Motiv, das letztendlich zur Niederlage der Prussen und zur Entstehung Preußens mit führte. Der deutsche Orden übernahm, nach dem Sieg, den Volksnamen. Ein, wie die Autoren deutlich herausstellen, einzigartiger historischer Vorgang.
Die Kultur der Prussen und deren Assimilation in das neu entstehende Preußen hinein ist der Schwerpunkt des zweiten Hauptteils des Buches. Zentral wird Königsberg mit dem Königsberger Schloss in die Mitte der prussischen, aber auch der daraus erwachsenden preußischen Kultur gestellt. Eine unermessliche Vielzahl von Kunst- und Schmuckgegenständen bildet hier das Erbe des prussischen Volkes, unter anderem lässt sich die weltweit größte Bernsteinsammlung dort finden. Ein kulturelles, aber auch materielles Erbe, das mit dem dritten Reich ebenso wie Preußen selbst sein Ende findet.
Diesem Untergang Königsbergs und damit der prussischen Kultur und Preußens selbst wenden sich die Autoren ausführlich zu und verstehen es immer wieder, die Ereignisse der neueren Geschichte in die Vergangenheit hinein zu verzahnen.
So entwickelt sich ein lebendiges Bild all der Einflüsse, die die prussische Kultur auf das spätere Preußen und damit auf ganz Deutschland genommen haben. Bis weit in die Neuzeit hinein künden Sprache und Bräuche Ostpreußens noch von diesem prussischen Erbe.
Durch die vorherrschende lebendige Sprache des Buches, die in der Form immer wieder so angelegt ist, dass der Leser mit hinein genommen wird in die verschiedenen Epochen der geschichtlichen Entwicklung, entsteht zudem ein anregendes Leseerlebnis, dass sich fern hält von einer trockenen, rein wissenschaftlichen Darstellung.
Der letzte und abschließende Teil des Buches ist eine, ebenso lebendig in Sprache und Stil geschilderte, Darstellung der archäologischen Arbeit in Ostpreußen im Rahmen eines deutsch-russischen Forschungsprojektes, das bis zum Jahre 2012 hin terminiert ist und deren Ziel die Entdeckung und archäologische Erforschung einer zentralen prussischen Siedlung ist.
Ein Buch über ein unbekanntes Kapitel preußischer und damit deutscher Geschichte, das sich sorgfältig recherchiert und lebendig in Sprache und Stil darstellt. Ein anregendes Stück spannender Historie stellen die Autoren damit in den Raum, dass es lohnt, gelesen zu werden.