Rezension zu "Karaoke für Herta" von Matthias Keidtel
MEINE MEINUNGSchon beim Blättern in den Verlagsvorschauen bin ich über dieses Buch gestolpert, weil ich einfach bei einer solchen Covergestaltung immer genauer hinschaue. Meistens verspreche ich mir davon ein witziges und unterhaltsames Buch, das sich in einem Rutsch weglesen lässt.
Auch der Klappentext war wirklich vielversprechend. Der 70-jährige Norbert möchte eigentlich nur sein Renter-Dasein genießen, doch diese Rechnung hat er ohne seine rüstige 89-jährige Mutter gemacht, die schon immer der Ansicht war, dass Norbert noch erzogen werden muss. Kurzerhand beschließt sie, bei ihrem Sohn einzuziehen.
So weit, so gut. An sich hat die Geschichte wirkich Potenzial, leider konnte sie mich trotzdem nur mäßig überzeugen. Anfangs beginnt die Geschichte noch mit recht viel Tempo und man lernt die wichtigsten Charaktere auch ziemlich schnell ziemlich gut kennen. Ich hatte mir vor allem witzige Szenen erhofft, die vor allem durch ein neuerliches Zusammenleben von Mutter und Sohn entstehen.
Doch nach ca. einem Viertel des Buches hatte ich das Gefühl, als würde die Story ordentlich auf die Bremse drücken. Die Handlung stagnierte und ich musste mich ein wenig durchkämpfen. Zwar kommen immer wieder kleinere Ideen auf, die durchaus Potenzial hatten, aber es schien, als stände sich Matthias Keidtel da ein wenig selbst im Weg.
Dabei hat er mit Norbert und Herta eigentlich ganz nette Charaktere geschaffen, die zwar schon das eine oder andere Klischee bedienen, aber trotzdem sehr liebenswert sind. Norbert liebt sein langweiliges, ereignisloses Leben. Er hat nicht viele Freunde, hat 40 Jahren lang im gleichen Geschäft gearbeitet und liebt Fernsehtürme, also zumindest deren Modelle, denn mit seiner Höhenangst würde er nie einen betreten. Dagegen ist seine Mutter Herta das komplette Gegenteil. Nur vom Alter will sie sich nicht vom Leben abhalten lassen. Sie reist viel, trifft sich mit Freundinnen und hat nicht vor, so bald ins Grab zu springen. Daher ist es ihr auch ein Dorn im Auge, dass ihr Sohn so gar nichts mit seinem Leben anfängt.
An einigen Stellen musste ich wirklich laut auflachen, doch es gab auch genauso viele Stellen, an denen ich nur unverständlich den Kopf schütteln konnte. Herta ist sehr viel authentischer ausgestaltet als ihr Sohn. Dessen Gedankengänge waren für mich an manchen Stellen schwer nachvollziehbar. Zwar wird dem Leser schnell klar, dass Norbert eigentlich auch gar nicht so recht von Muttis Rockzipfel weg möchte, doch es gab schon Passagen, da hätte ich mir sogar von ihm eine andere Reaktion erwartet. Zumal durch genau sein Handeln vielen Textstellen die Spannung genommen wurde.
Dass mir ein wenig die Spannung gefehlt hat, lag vielleicht auch zum Teil an Matthias Keidtels Schreibstil. Ich tat mir persönlich ein wenig schwer damit, wobei ich noch nicht mal genau weiß, an was das lag. An sich ist der Schreibstil recht einfach gehalten, lässt sich gut und recht fix lesen. Aber im Zusammenhang mit dem etwas flachen Handlungsbogen konnte ich mich nicht so recht damit anfreunden.
FAZITKaraoke für Herta konnte mich nur mäßig überzeugen, da das Buch in der Mitte rum größere Stellen aufwies, denen es einfach an Spannung fehlte. Allerdings konnte ich auch mal laut lachen und zum Ende hin macht der Spannungsbogen einen richtigen Aufschwung. Die Charaktere waren dafür wirklich gut dargestellt und ich hatte wirklich das Gefühl, sie zu kennen. Dieses Buch lässt sich trotzdem ganz gut für Zwischendurch lesen.