Eigentlich finde ich die Lektüre nicht ganz so schlecht, wie die Sterne vermuten lassen. Meine Bewertung schwankt zwischen 2/3 Sternen, weil in diesem Werk schlichtweg der Kontext fehlt und es sich wie ein Aufzählung an Missständen anfühlt, um die Überlegenheit des Westens darzustellen, währen der Autor China attestiert, dass die Regierung die Überlegenheit Chinas demonstrieren will.
So beschreibt der Autor u. a. die Coronakrise im Jahr 2020 und das agieren der chinesischen Behörden auf internationalem Parkett. Er wirft China vor, dass die Regierung tonnenweise Hilfsgüter an Italien liefert, um Einfluss zu gewinnen. Nebenbei unterstellt er subtil Italien, dass es von China bevorteilt wird, sodass eine positive Haltung nach Außen getragen wird. Hier fehlt jedoch ganz klar der Kontext, dass die europäischen Nachbarn Ausfuhrbeschränkungen für medizinische Ausrüstung verhängt haben. Was hätte Italien also tun sollen, wenn die Bundesregierung die Grenzen dicht macht und Exporte einschränkt? Dieser wichtige Kontext fehlt hat ganz klar, zumal Initiativen, wie COVAX der "westlichen Welt" auch einen politischen und wirtschaftlichen Einfluss sichern wollen...
Und aus dem fehlenden Kontext entsteht dann eine überhebliche Haltung aus Perspektive des Westens, zu dem sich der Autor mitzählt. Chinas Verfehlungen werden scharf angegriffen und die noblen Reaktionen des Westens unterstrichen. Dabei betreibt der Westen sein eigenes Folterlager Guantanamo und hat seine eigenen Gefangen, wie Julian Assange. Dabei geht es gar nicht darum, dass man von China ablenken soll, weil die EU-Außengrenzen zur Todesfalle für tausende von Menschen geworden sind, aber wenn ein Werk sich der aktuellen Situation in China widmet, dann sollte der Autor auch dabei bleiben, ohne mehrmals zu erwähnen, dass China keine "Freunde" hätte und isoliert agieren würde. Auch immer einzuschieben, welche tollen Preise die EU oder andere Gemeinschaften an chinesische Leute verteilen würde, um ein Zeichen zu setzen, ist müßig. Zumal es einfach die Realität verkennt. Dies wird auch deutlich, wenn der Autor sich fragt, wann die Chinesen wieder nach Demokratie und wirtschaftlicher Freiheit trachten würden. Wenn der Autor die Situation in einen Kontext setzen würde, dann würde er wohl merken, dass China seine Bevölkerung aus der absoluten Armut geholt hat und ihr das Gefühl von Macht und Stärke gibt. Auch die Coronazahlen machen dann Eindruck auf die eigene Bevölkerung, während in den USA die Menschen wegsterben.
Natürlich gibt es Überwachung, Willkür, Repression und Zensur, aber ohne Kontext wird man nicht verstehen, warum sich dieses System etablieren konnte und auch erstmal durchsetzen wird in diesem Land. Denn aus einer armen Bauerngesellschaft eine Weltmacht ohne absolute Armut zu machen verbessert die realen Lebensbedingungen der Menschen in dieser und lässt sie sicherlich nicht auf die Idee kommen, dass es sinnvoll wäre sich an die USA zu kuscheln, die ihre Partner schon mehrmals fallen lassen haben, wie zuletzt Afghanistan und einen Präsidenten hervorbringt, wie Trump.
Interessant ist auch, dass der Autor schreibt die westliche Demokratie sei überlegen, weil wir Freunde in der gesamten Welt hätten, während China nur Kunden hätte. Hier vergisst er in seiner eurozentrischen Arroganz ganz klar, dass die Weltbank und der IWF genauso andere Länder erpressen, um die Märkte zu öffnen und Abhängigkeit zu forcieren. Als sei der Westen überall so beliebt, wie der Zeitjournalist Naß glaubt wage ich zu bezweifeln.