Rezension zu "Piagnolia" von Matthias von Arnim
Italien, 1934.
Die Fußballweltmeisterschaft steht an und Mussolini hat es sich in den Kopf gesetzt, dass sein Land den Titel holen wird. Koste es, was es wolle. Und damit bezieht sich der Duce nicht nur auf Geld.
Es fließen Bestechungsgelder in alle Herren Länder und auch landesintern in alle Richtungen. Funktionäre, Schiedsrichter, Fußballer - alles, was empfänglich ist wird bestochen. Und wer nicht mitspielen will, wird anderweitig 'auf Kurs gebracht' oder als letzte Instanz eben aus dem Weg geräumt.
Den Gegenpol dazu bildet das kleine Dorf Piagnola mit seinen durchaus liebenswerten und teilweisen etwas verschrobenen Einwohnern. Nicht von ungefähr fühlt man sich mehr als einmal an die s/w-Variante von Don Camillo erinnert.
Neben dem heimgekehrten Guido Ventura spielen noch einige andere Dorfbewohner eine tragende Rolle.
Vorrangig im Gedächtnis bleiben für mich der Bürgermeister Agostino, der von der Entwicklung, die sein geliebtes Italien da nimmt alles andere als begeistert ist und für das gesamte Dorf schon seit Jahren keine Steuern mehr zahlt!
Als nächstes seine Hochwürden, der Dorfpfarrer Corello, der alle Hände voll zu tun hat, seine Schäfchen von irgendwelchen Dummheiten abzuhalten und nicht von ungefähr sich direkt mit 'dem Herrn' unterhält.
Dazu kommt dann noch der etwas gedankenlos wirkende Bauer Filotti, der vor allem wegen seiner im weiteren Verlauf sehr passenden Ähnlichkeit mit einer anderen tragenden Figur der Geschichte und seiner Neigung zu unüberlegten Handlungen im Gedächtnis verblieben ist.
Vom Sprachstil ist es eine ruhige unaufgeregte Sache. Sehr passend für die ländliche Gegend Italiens. Es werden keine große Worte gemacht. Meistens sind die auch nicht notwendig. Zu großen Teilen geht es um die anstehenden Fußballspiele und die Versuche der beiden Parteien, sich gegenseitig auszuspielen. Hohe Spannungsmomente kommen hier seltener auf.
Damit wird die Geschichte nicht zwingend weniger verfolgenswert. Allerdings kann man sich beim Lesen recht gut vorstellen, in welche Richtung sich die ganze Sache weiter entwickeln wird. Vor allem auch deswegen, weil durch die historische Thematik der letztendliche Ausgang schon feststeht.
Ich schwanke lange zwischen zwei und drei Sternen. Ein klarer Pluspunkt findet sich in der historischen Authentizität um die 2. Fußball-WM mit originalen Aufstellungen aus dieser Zeit. Damit werden die (politischen) Hintergründe auch einmal für Leser interessanter, die sich sonst nicht für den Fußball-Hype interessieren.
Die Protagonisten sind detailliert und dabei auch sympathisch ausgearbeitet. Der Haken dabei ist, daß der Handlungsablauf stellenweise zu stereotyp gezeichnet erscheinen. Es lässt sich in diesen Momenten recht genau vorhersagen, was als nächstes geschehen wird.
Zwei Sterne deswegen, weil die erhoffte Spannung über den größten Teil der Handlung im Hintergrund der Fußballspiele abläuft. Richtig spannend wird es erst zum Ende hin. Ein Ende, mit dem die handelnde Person mit einem Schlag lebendiger und greifbarer geworden ist als über den ganz vorigen Geschichtsverlauf.
Schön wäre es gewesen, wäre diese Spannungshöhe über den ganzen Verlauf gehalten worden.