“I feel—to speak of it would be to contain what it did to me, to make it small.”
Ich habe "Die Verlorenen der Zeiten" auf Englisch (This Is How You Lose the Time War) gelesen und wüsste nicht, wie ich adäquat beschreiben kann, was diese Novelle mit mir angerichtet hat.
Es gibt nicht viele Geschichten, die mich so sehr berührt haben, wie diese. Die beiden Protagonistinnen brauchen nicht lange um sich anzunähern und für einander zu fallen, und sobald sie es tun, tun sie es mit vollster Hingabe. Und trotzdem habe ich im letzten Moment an ihnen gezweifelt. War es alles nur gespielt? Vetrauen sie sich am Ende wirklich? Wenn ich die Geschichte meinen Freunden vorstelle, sage ich gerne, dass es eine Art Orpheus & Eurydike Retelling ist, aber wir, die Lesenden, sind Orpheus. Und noch nie konnte ich so sehr nachvollziehen, dass sich Orpheus umdrehen musste, um sich zu vergewissern, dass Eurydike wirklich da ist.
Neben der Romance zwischen den Charakteren, die alles übertrifft und über den Haufen wirft, das ich mir je unter Romance hätte vorstellen können, tritt der Konflikt zwischen den verfeindeten Seiten und das World-Building völlig in den Hintergrund. Am Anfang habe ich mich noch daran gestört, aber nach dem ersten Drittel begriffen, dass es anders gar nicht sein kann. Es ist auch einfach total irrelevant. Wichtig wurde für mich nur noch, mit welchem Synonymen sich die beiden in ihren Briefen anschreiben.
Denn auch auf sprachlicher Ebene ist dieses Werk für mich einzigartig. Hier hätte ich mir zu Beginn noch weitreichendere Beschreibungen gewünscht um mich besser zurechtfinden zu können (der einzige Minuspunkt, den ich für mich habe), doch der poetische Schreibstil reicht von verwirrend bis herzzerreißend schön. Keines der stilistischen Mittel ist willkürlich oder ausschmückend, sondern exakt und bewusst gesetzt—etwas, das auf einer Meta-Ebene mich innerlich völlig hat ausrasten lassen (im positiven Sinne), sobald ich es verstanden hatte. Hier möchte ich aber auch noch einmal erwähnen, dass ich das Buch auf Englisch gelesen hatte, inwiefern die deutsche Übersetzung mithalten kann, kann ich nicht sagen.
"Die Verlorenen der Zeiten" ist eines meiner absoluten Lieblingsbücher, eines das ich sofort noch einmal lesen wollte, nachdem ich es beendet hatte. Ich will es so lange lesen, bis ich jede Zeile, jede Referenz perfekt verstehe und verinnerlicht habe. All die lustigen Zeilen, die Tränen, den Hunger, das Vertrauen.
Ich würde dieses Buch allen empfehlen, die auch gerne Lektüren lesen, die etwas anspruchsvoller sind, es lieben charakterschwere Geschichten und tiefgreifende Beziehungen mögen. Auf keinen Fall sollte man sich von dem Genre Sci-Fi abschrecken lassen, da es, wie bereits angedeutet, für die Entwickling der Protagonistinnen relativ wenig Spielraum einnimmt.