Maxim Biller

 3,6 Sterne bei 192 Bewertungen
Autor von Sechs Koffer, Der falsche Gruß und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Legt den Finger in die Wunde und stellt die unliebsamen Fragen: Maxim Biller ist 1960 in der tschechischen Hauptstadt Prag geboren worden und mit zehn Jahren nach Deutschland emigriert. Sein Studium der Literatur schließt er 1983 mit einer Magisterarbeit über das Bild der Juden im Frühwerk Thomas Manns ab und hängt ein weiteres Studium an der angesehenen Deutschen Journalistenschule in München an. Im Anschluss daran schreibt er für größere und große Magazine und Zeitschriften wie DIE ZEIT, den Spiegel oder Tempo. Bei Tempo hatte er eine eigene Kolumne mit dem Titel „100 Zeilen Hass“, die ihn als Provokateur ins Gespräch und die öffentliche Wahrnehmung brachte. Auch mit seinen literarischen Werken löst Biller regelmäßig Kontroversen aus. Sein Erzählband „Land der Väter und Verräter“ von 1994 beispielsweise stieß auf sehr gemischte Kritiken. Und nicht nur im Inland sorgt er für Aufsehen, seine Bücher wurden bereits in mehrere Sprachen übersetzt, zwei seiner Kurzgeschichten wurden sogar im New Yorker abgedruckt. Sein Roman „Sechs Koffer“ schafft es 2018 in die Shortlist des Deutschen Buchpreises. In den Jahren 2015 und 2016 war Maxim Biller Mitglied der Literarischen Quartetts und sorgte durch seine einzigartigen Denkansätze und Meinungen für Interesse beim Publikum. Heute lebt Biller in Berlin und schreibt für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung eine satirische Kolumne mit dem Titel „Moralische Geschichten“ und für die ZEIT die Kolumne „Über den Linden“.

Alle Bücher von Maxim Biller

Cover des Buches Sechs Koffer (ISBN: 9783462050868)

Sechs Koffer

(79)
Erschienen am 08.08.2018
Cover des Buches Mama Odessa (ISBN: 9783462004861)

Mama Odessa

(13)
Erschienen am 17.08.2023
Cover des Buches Liebe heute (ISBN: 9783462305852)

Liebe heute

(13)
Erschienen am 08.03.2012
Cover des Buches Der falsche Gruß (ISBN: 9783462000825)

Der falsche Gruß

(14)
Erschienen am 19.08.2021
Cover des Buches Der gebrauchte Jude (ISBN: 9783462037036)

Der gebrauchte Jude

(9)
Erschienen am 24.09.2009
Cover des Buches Bernsteintage (ISBN: 9783462305845)

Bernsteintage

(8)
Erschienen am 08.03.2012
Cover des Buches Im Kopf von Bruno Schulz (ISBN: 9783596030620)

Im Kopf von Bruno Schulz

(8)
Erschienen am 25.06.2015
Cover des Buches Der gebrauchte Jude (ISBN: 9783596172610)

Der gebrauchte Jude

(4)
Erschienen am 11.02.2011

Neue Rezensionen zu Maxim Biller

Cover des Buches Mama Odessa (ISBN: 9783462004861)
Nicolai_Levins avatar

Rezension zu "Mama Odessa" von Maxim Biller

Nicolai_Levin
220 Seiten Liebe

Bei der Auflösung der Hamburger Wohnung seiner verstorbenen Mutter findet der Berliner Schriftsteller Mischa Grinbaum im Sekretär etliche Briefe, die die Mutter vor Jahren an ihn geschrieben, aber nie abgesendet hat. Als er sie liest, kommen Erinnerungen zurück an die Kindheit und an die Familiengeschichte der Grinbaums.


Die ist an einigen Ecken verfremdet, aber sonst ziemlich deckungsgleich mit jener der Familie Biller, mit Mischa als Maxim und Aljona als Mutter Rada. Die Grinbaums kommen aus Odessa, sind nichtreligiöse Juden, der Großvater väterlicherseits Armenier. Durch pures Glück überstehen sie im Krieg die Massaker der Nazis und davor und danach die Verfolgungswellen Stalins. 1960 kommt Mischa zur Welt. Der stramm zionistische Vater erwirkt die Ausreise in den Westen, die 1971 erfolgt - doch statt nach Israel geht es nach Hamburg, wo der Vater, der die Familie ernähren muss, einen lukrativen Job erhalten hat. Mutter Aljona, die in der Sowjetunion Geografie studiert hat (das angestrebte Medizinstudium blieb ihr als Jüdin verwehrt), bekommt eine Stelle als Forschungsassistentin an der Hamburger Uni. So rein nebenbei schreibt sie - auf russisch - Erzählungen aus ihrem Leben, die ihr Sohn, der - erst in München und dann in Berlin - Journalist und Autor wird, irgendwann, als die Mutter schon alt und pensioniert ist, bei einem Verlag unterbringt. Das Buch der Mutter wird ein Erfolg, ein zweiter Band mit Erzählungen kommt aber nicht mehr zusammen, weil die Mutter vorher stirbt.


In unsortierten Fragmenten wird uns diese Geschichte erzählt, eine Geschichte von Heimat und Fremde, von Sprache und Literatur, von Verbundenheit und ihrem Fehlen. Während Mutter und Sohn ganz in der Welt der Kultur und des Schreibens zuhause sind, bleibt der Vater, der keine literarischen Ambitionen als Leser oder gar Schreiber hat, außen vor - er verlässt die Familie und heiratet eine nichtjüdische Deutsche, die er - ausgerechnet! - in Israel kennengelernt hat. Seine letzten Jahre verbringt er so unrussisch und unjüdisch, wie man es sich nur denken kann: In einem Klinkerhäuschen in Othmarschen. Die Mutter aber lebt im Hamburger Exil ganz in ihrer russischen Welt, in den Erinnerungen an Odessa, in der sentimentalen Hingabe an russische Dichterinnen und Chansonniers aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts. Ihre Texte sind russisch, ein unmodernes literarisches Russisch, wie der Icherzähler Mischa bemerkt.


Er selbst ist nirgendwo daheim. Er spricht mit der Mutter noch russisch, aber seine Erinnerungen an Odessa sind bruchstückhaft, russische Schreibschrift kann er schon nicht mehr lesen. Deutschland ist zwar Wohnort, und die deutsche Sprache die seiner Arbeit und Kunst, aber ihm bleibt immer der Blick von außen, des Fremden. Er kennt zwar Gott und die Welt, lauter Leute aus der Medien- und Verlagswelt, er ist Stammgast in den angesagten Bars, aber vertrauensvolle Freundschaften kann er offenkundig nicht machen, immer sagen sie alle irgendwann was Unpassendes oder Dummes - gern antisemitisch dazu - und dann ist es aus mit der Freundschaft. Auch aus dem Judentum zieht er keinen Halt, Mischa hat es einmal - heimlich - probiert, sich in Israel niederzulassen, aber das hat auch nicht funktioniert. So ist diese Familiengeschichte auch eine über das Fremdsein in verschiedenen Kulturen.


Mama Odessa dürfte nicht von Maxim Biller sein, wenn er nicht um sich treten und kräftig austeilen würde. Der Springerverlag kriegt sein Fett weg für seinen scheinheiligen Philosemitismus, und wir erfahren von der zerbrochenen Freundschaft mit einem Schriftsteller, in dem bis zur unzweifelhaften Kenntlichkeit verfremdet Jakob Arjouni abgebildet ist, der hier gar kein gutes Bild abgibt. So wenig wie die eigenartige Nachbarin Martha Neustadt mit ihrem Buch über den Wunderheiler Gröning (den gab es wirklich), das Mischa bei Suhrkamp lancieren soll. Auch hinter dieser garstig verzerrten Figur wird eine reale Person stecken - wer, konnte ich freilich nicht entschlüsseln.


Diese galligen Fiesheiten hätte es für meine Begriffe nicht gebraucht, sie trüben den Ton in diesem sonst so wehmütigen und sanften Buch, mit dem Maxim Biller ansonsten ein kleines Wunder gelungen ist: Eine epische Familiengeschichte über drei Generationen auf nicht einmal 250 Seiten; ein tiefsinniges Buch, das sich locker und leicht wegliest wie eine Zeitungskolumne; ein komisches, anrührendes, lustiges und doch tieftrauriges Buch. Alles Schwere gerät leicht und luftig in Billers eleganter Prosa und jenen witzig-bissigen Dialogen, in denen Mutter und Sohn allem Bösen spotten und ihre Probleme zu Pointen biegen. Nur ganz am Rande deutet Biller an, was im Innern mit all dem geschieht, was sich in dieser Weise nicht aufbereiten lässt - wenn all die ungesagten und unverarbeiteten Probleme zu einem nicht erklärbaren juckenden Ausschlag auf der Haut führen.


Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 hat Maxim Biller erklärt, dass er keine weiteren Romane mehr schreiben kann und will. Ich kann ihn verstehen, aber es wäre angesichts dieses gelungenen Buches überaus schade.

Cover des Buches Mama Odessa (ISBN: 9783462004861)
renees avatar

Rezension zu "Mama Odessa" von Maxim Biller

renee
Mutter und Sohn oder Das Jetzt und das Gestern

Maxim Biller hat mich schon mit zwei anderen Büchern beeindruckt, das erste Buch war "Sechs Koffer" und das zweite sein "Der falsche Gruß". "Sechs Koffer" fand ich autobiographisch und nachhallend, "Der falsche Gruß" war für mich eine schöne Gesellschaftskritik, die perfekt in die Zeit passt. "Mama Odessa" schließt wieder an das Autobiographische an, allerdings nicht so vollkommen durchschimmernd wie in "Sechs Koffer", hier in "Mama Odessa" ist mehr künstlerische Freiheit heraus lesbar. Allerdings ist es nicht weniger nachhallend.

Mutter und Sohn, eine komplexe Beziehungswelt. Maxim Biller meistert dieses Gefühlskonstrukt sehr schön in meinen Augen. Ich habe mich wie auch schon bei "Sechs Koffer" oft im Netz aufgehalten und gesucht. Nicht nur zur familiären Situation Billers. Nein. Auch zu geschichtlichen Ereignissen im Odessa des zweiten Weltkriegs. Denn auch um die Geschichte geht es. Gerade dies ist in der heutigen Zeit sicher schlimm für Maxim Biller. Dieser unsägliche Krieg. Wenn dieses Grauen nur bald vorbei wäre. Wenn diese unsägliche Gier nur endlich enden würde! Aber gut, dies fällt wahrscheinlich in das Reich der Träume. Gerade heute, wo die Kriegstreiber überall wieder lauter werden.

Maxim Biller erzählt in "Mama Odessa" eine Mutter-Sohn-Geschichte, eine Geschichte über die Liebe zur Literatur, aber auch eine Geschichte, die von einer Liebe zu Odessa spricht. Ein schönes Buch. Aber "Mama Odessa" ist nicht nur schön und rund. Es beschäftigt sich auch mit den weniger schönen Seiten des Menschen, mit den Fehlern in uns und mit dem Egoismus in uns. Aber wer erwartet schon ein nur schönes Buch von Maxim Biller. Denn Biller legt nun einmal gern den Finger in Wunden. Und mir gefällt dies sehr gut.

Cover des Buches Mama Odessa (ISBN: 9783462004861)
otegamis avatar

Rezension zu "Mama Odessa" von Maxim Biller

otegami
Mit Odessa im Herzen

Aljona und Gena Grinbaum mit ihrem 10-jährigen Mischa nehmen 1971 die Chance wahr – dank Henry Kissinger – aus Odessa auszureisen. Sie ließen Mutters Vater Jaakow Gaikowitsch  Katschmorian, der wunderschöne Bilder nach Fotos von Mischa malte, zurück und haben doch immer Sehnsucht nach ihm und Odessa. Hamburg, Bieberstraße 7 im Grindelviertel wird ihre neue Heimat. 

Erzählt von Mischa, lernen wir auch die neuen Nachbarn kennen: z.B. Frau Ould oder ‚die böse, verlogene, arme, traurige, hinterhältige Martha‘ mit ihrer tragischen Geschichte ihrer Mutter. Wir lesen vom Zerfall der Familie nach 30 Jahren und den Umzug des Vaters nach Othmarschen mit ‚seiner Natzihure‘, sowie eingestreute Kurzgeschichten seiner Mutter und Anekdoten aus Verlagen. (Bei Letzteren hatte der Roman eindeutig autobiographische Züge des Autors.) 

Gefallen haben mir die Erinnerungen an Odessa und die historischen Fakten, die ich noch nicht kannte und die kraftvolle und lebhafte Sprache. Mit dem eigenbrötlerischen Ich-Erzähler Mischa und seinen Frauengeschichten konnte ich jedoch nicht viel anfangen! Vier Sterne gibt es deshalb von mir! 

 

Gespräche aus der Community

Deutscher Buchpreis

Wir freuen uns sehr, den Deutschen Buchpreis 2018 bei LovelyBooks begleiten zu dürfen! Nachdem wir die Leseproben der zwanzig Longlist-Titel diskutiert haben, stellen wir euch nun die sechs Titel der Shortlist vor.

Heute möchte wir euch in unserer Buchverlosung Maxim Biller mit seinem nominierten Titel "Sechs Koffer" vorstellen. Mit etwas Glück könnt ihr eines von zwei Exemplaren von "Sechs Koffer" gewinnen!

Verratet uns heute am 23.09.2018 über den blauen "Jetzt bewerben"-Button, warum ihr gerne das neue Buch von Maxim Biller lesen möchtet und landet somit automatisch im Lostopf für unsere Verlosung. 

Unter allen Usern, die an mindestens 3 Aktionen zu den Shortlist-Autoren teilnehmen, verlosen wir außerdem ein signiertes Exemplar des Deutschen Buchpreis-Gewinners!

Mehr zum Buch
Eine berührende Familiengeschichte – und ein virtuoser literarischer Kriminalroman von großer politischer Aktualität.
In jeder Familie gibt es Geheimnisse und Gerüchte, die von Generation zu Generation weiterleben. Manchmal geht es dabei um Leben und Tod. In seinem neuen Roman erzählt Maxim Biller von einem solchen Gerücht, dessen böse Kraft bis in die Gegenwart reicht. 'Sechs Koffer' – die Geschichte einer russisch-jüdischen Familie auf der Flucht von Ost nach West, von Moskau über Prag nach Hamburg und Zürich – ist ein virtuoses literarisches Kunststück. Aus sechs Perspektiven erzählt der Roman von einem großen Verrat, einer Denunziation. Das Opfer: der Großvater des inzwischen in Berlin lebenden Erzählers, der 1960 in der Sowjetunion hingerichtet wurde. Unter Verdacht: die eigene Verwandtschaft. Was hier auf wenig Raum gelingt, sucht seinesgleichen in der deutschen Gegenwartsliteratur: eine Erzählung über sowjetische Geheimdienstakten, über das tschechische Kino der Nachkriegszeit, vergiftete Liebesbeziehungen und die Machenschaften sexsüchtiger Kultur-Apparatschiks. Zugleich ist es aber auch eine Geschichte über das Leben hier und heute, über unsere moderne, zerrissene Welt, in der fast niemand mehr dort zu Hause ist, wo er geboren wurde und aufwuchs. 'Sechs Koffer' ist ein Roman von herausragendem stilistischen Können, elegantem Witz und einer bemerkenswerten Liebe zu seinen Figuren: Literatur in Höchstform – und spannend wie ein Kriminalroman. 



90 BeiträgeVerlosung beendet
Hopeandlives avatar
Letzter Beitrag von  Hopeandlive
Herzlichen Glückwunsch allen Gewinnern und viel Freude beim Lesen!

Zusätzliche Informationen

Maxim Biller wurde am 15. August 1960 in Prag (Tschechische Republik) geboren.

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