Inhalt
Ein faszinierender Einblick in die weibliche Seele und die Arbeit einer Psychotherapeutin
Terri steht kurz vor der Hochzeit mit ihrem Verlobten, doch sie flüchtet sich immer wieder in One-Night-Stands mit Frauen. Warum? Tia erlebte schon als Kind, als ihr Vater ihre Mutter betrog, dass weiße Frauen scheinbar liebenswerter sind als schwarze. Als Erwachsene versucht sie, sich neu zu erfinden – doch zu welchem Preis? Agatha, zweimal geschieden, verliebt sich mit 67 Jahren zum ersten Mal in ihrem Leben. Wozu benötigt diese vermeintlich glückliche Frau so spät in ihrem Leben noch eine Therapeutin? Maxine Mei-Fung Chung erzählt auf brillante Weise die Geschichten von sieben Frauen, die sie in den letzten fünfzehn Jahren begleitet hat. Sieben unterschiedliche Frauen, sieben individuelle Geschichten, die eins verbindet: die besondere, intime Beziehung zur Autorin. Feinfühlig und empathisch beleuchtet Mei-Fung Chung die Bedürfnisse und Sehnsüchte ihrer Protagonistinnen und zeigt in der Zusammenschau auf, was Frausein heute bedeutet und was Frauen wollen.
Cover
Das außergewöhnliche und farbige Cover hat mich sofort angesprochen und neugierig gemacht
Ein Wort vorneweg
Meine Rezensionen können sowohl Spoiler enthalten als auch Analysen und Bewertungen, wobei der Schwerpunkt auf meinen persönlichen Eindrücken liegt.
Mein Eindruck
Bislang kannte ich nur die Fallgeschichten von Oliver Sacks und so war ich neugierig auf diese Fallgeschichten von Frauen, geschrieben von einer Frau. Besonders fand ich hier, dass ausschließlich die Frauen im Mittelpunkt stehen und einen Raum für ihre eigenen sehr persönlichen Geschichten erhalten haben.
Besonders wichtig fand ich die Einleitung der Autorin zu diesem Buch. Einerseits die Entstehungsgeschichte zum Buch und andererseits die Bedeutung der Therapie. Die einzelnen Geschichten von den Frauen, die hier erzählt wurden, stehen dabei stellvertretend für zahlreiche Schicksale von Frauen, die trotz zahlreicher Reformen und Schaffung von Rahmenbedingungen, immer noch unter den Umständen von Ausgrenzung, Ablehnung und Missbrauch leiden.
Wie so häufig etablieren sich die negativen Strukturen oftmals in der frühen Kindheit und die Kinder werden zur Spielfigur in der Auseinandersetzung der Eltern. Nicht allen Kindern gelingt es, sich als Erwachsene von den traumatischen Geschehen in der Kindheit zu lösen und ein Gefühl für sich selbst zu entwickeln.
Interessant fand ich hier den therapeutischen Ansatz, der sich in den letzten Jahren verändert hat. Nicht nur das Zuhören steht im Vordergrund, sondern auch die Beziehung zwischen Therapeutin und Klientin. Die Unterstützung auf der einen Seite und die Therapeutin als Mensch auf der anderen Seite. Welche Erfahrungen hat die Therapeutin selber gemacht, welche Projektionen erlebt sie bei den Therapiesitzungen und vieles mehr wird hier thematisiert.
Allerdings stand die Therapeutin bei allen sieben Geschichten mehr im Vordergrund, als die Geschichten der Frauen selber. Es gab zwar eine grobe Zusammenfassung der Auswirkungen im aktuellen Leben der Klientinnen und abschließend auch die Aufdeckung der Ursachen, allerdings standen zunehmend die Überlegungen und Aussagen der Therapeutin im Vordergrund. Da sich dieses bei jeder Lebensgeschichte vertiefte, empfand ich es im gleichen Umfang als zunehmend störend, denn es wiederholten sich die Abläufe und Aussagen. Die Klientin kam aus meiner Sicht oftmals zu kurz, weil deren Geschichte immer wieder durch theoretische Einflechtungen der Therapeutin unterbrochen wurde.
Fazit
Ein interessantes Sachbuch mit einem guten Schwerpunkt, wobei sich der Ansatz eher auf das therapeutische Handeln bezog. Die Schicksale der Frauen sind eher als Beispiele für das therapeutische Handeln zu betrachten, denn es wurden nur einzelne Aspekte aus dem Therapiesetting heraus intensiver betrachtet.
Für angehende Therapeuten sicherlich ein interessantes Buch, welches die Besonderheiten bei Frauen aufzeigt.
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