Cover des Buches Der Junge und die Taube (ISBN: 9783257066081)
Rezension zu Der Junge und die Taube von Meir Shalev

Rezension zu "Der Junge und die Taube" von Meir Shalev

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 16 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 16 Jahren
Zum Autoren (von www.diogenes.ch): Geboren am 29.7.1948 in Nahalal (Israel). Meir Shalevs Mutter war mit ihm schwanger, als der Staat Israel gegründet wurde. Neunzehn Jahre alt waren er und sein Land, als er in den Sechstagekrieg zog. Auf einem Patrouillengang wurde er von vier Kugeln getroffen – ein Versehen der eigenen Leute. Gleichwohl Zionist und Zyniker, setzte Meir Shalev sich nach dem Krieg für die Rückgabe der besetzten Gebiete ein und schrieb mit Ein Russischer Roman seinem Land und dessen Siedlern eine Liebeserklärung. Für seinen Erstling hatte er eine zwölfjährige Karriere als populärer Fernsehmoderator aufgegeben und heimste von ungewöhnlichster Seite Lob ein: Er erhielt den Großen Preis der israelischen Insektenforscher für die Genauigkeit seiner Nachforschungen, die auch allerlei kreuchendes und fleuchendes Getier umfassten. Kein Wunder, denn Meir Shalev verpaßt es in keiner fremden Stadt, den Zoo zu besuchen. Zum Buch (Klappentext): Ein Junge namens Baby wächst ohne Eltern in einem Kibbuz auf und interessiert sich brennend für Brieftauben. Er ahnt nicht, daß ihm neun Jahre später das Wissen über diese Brieftauben von großem Nutzen sein wird, um den sehnlichsten Wunsch seiner Geliebten zu erfüllen. Viele Jahre später: Ein Haus für sich allein will der Touristenführer und Vogelkundler Jair. Denn seit es in Israel nicht mehr viele Touristen durch das Land zu führen gibt, denen man die Schönheiten der Flora und Faune zeigen kann, steht Jair auf der Lohnliste seiner amerikanischen Frau Liora, die ein Immobiliengeschäft betreibt und ihm jeden Wunsch von den Augen abliest. Und welcher Mann hält das schon aus? Die Geschichte einer alten Liebe, die eine neue wurde, dann zu verlöschen drohte - und doch siegte. Meine Meinung: Was für ein ungewöhnlicher Roman! Meir Shalev hat eine unglaubliche Begabung für Betrachtungen. Betrachtungen einzelner, völlig unterschiedlicher Menschen, aber auch Betrachtungen von schwierigen Zeiten und Umständen. Und so berichtet er bei Die Junge und die Taube über eine handvoll Menschen, die miteinander verbunden sind - sowohl durch Raum als auch durch die Zeit - und zeichnet ein präzises Bild vom Leben in den ersten Jahren Israels als auch der heutigen - ebenfalls nicht einfachen - Zeit. Vielschichtig sind die Ebenen auf denen sich die Handlung abspielt: einerseits erlebt man Jair in der Jetztzeit als er einen alten Amerikaner kennenlernt, der - wie sich schnell herausstellt - ein ehemaliger Palmach-Kämpfer ist und die Schlüsselfigur des Romans, das Baby, gekannt hatte; andererseits wird aus Babys Sicht erzählt, ebenso wie aus der seiner Geliebten und letztlich wird noch Jairs weitere Entwicklung, seine Freundschaften und Familienbindungen geschildert. Doch alle Blickwinkel verdichten sich bis sie sich schlußendlich perfekt zusammenfügen... An dieser Stelle würde ich gerne mehr über die eigentliche Handlung schreiben, aber sicherlich würde dies einiges vom Lesegenuß vorwegnehmen - deshalb lasse ich es. Nur soviel: die beiden wichtigen Handlungsstränge - einmal der rund um das Baby zur Zeit der Staatsgründung und einmal der rund um Jair mit all seinen Träumen und Hoffnungen - sind sehr bewegend und vor allen Dingen habe ich noch nie etwas vergleichbares gelesen! Jair wird so gefühlvoll beschrieben, dass man seine Sehnsüchte hundertprozentig nachvollziehen kann, ja, teilweise selbst solch geartete Gedanken bekommt. Bei der Geschichte rund um das Baby lernt man schnell wieviele Entbehrungen die damalige Zeit verlangt hat und auch, dass eine schöne Jugend trotzdem möglich war. Das Baby schafft es mit viel Fleiß und Einsatzwillen sogar, sich seinen großen Traum - die Taubenzucht - zu ermöglichen; auch wenn ihm eben diese Leidenschaft später zum Verhängnis wird... Fazit: Ein beeindruckendes Buch, in dem unendlich viel Zwischenmenschliches, zahlreiche Träume und auch Mut zwischen den Zeilen mitschwingt und außerdem eine wahnsinnig detailgetreue Beobachtungsgabe des Autors deutlich wird. Noch nicht einmal die genauen Beschreibungen über homing pidgeons (Brieftauben), deren "Abrichtung" und Zucht schmälern hier das Lesevergügen...
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