Rezension zu "Bin ich ein überflüssiger Mensch?" von Mela Hartwig
Das Extrem der Mitte
JayBrontevor 5 JahrenHartwigs Roman ist zirka in den Jahren
1929-1931 entstanden und wurde zu ihren
Lebzeiten nicht publiziert da Ihr Verlag
aufgrund des veränderten Lesegeschmacks
des Publikums kein Absatzpublikum für den
Roman sah das dem damals modernen Bild
der selbstsicheren Frau, Der Kraftquelle des
heimischen Herds eine Neurotikern
gegenüberstellt die sich über die Normen
ihrer Zeit hinwegsetzt.
Setzte Hartwig den Schwerpunkt ihrer
vorangegangen Schriften in der Auslotung von
Gegensätzen wie gut und böse,
schön und hässlich begibt Sie sich nun in die
Mitte der Gesellschaft. Wobei sie ihren
s ozialkritischen Blickpunkt erstmals in
einen historischen Kontext einarbeitet und auch
die sozialökonomischen Bedingungen der Zeit
des Geschehens einfließen lässt.
Das Übergeordnete
Thema des Buchs ist die selbstdiagnostizierte
'Durchschnittlichkeit' ihrer Protagonistin Aloisia.
Die sachliche und nüchterne Sprache der
Ich-Erzählerin unterstreichen den inneren Kampf
des Charakters die ihre Erinnerungen aufrollt
und jedes Indiz ihrer eigenen
Empfindungslosigkeit gnadenlos gegen ihr
eigenes Schicksal richtet. Analytisch geht Sie
mit sich selbst und Ihrer eigenen
'Mittelmässigkeit' ins Gericht, reflektiert jede
Vergangene Handlung und Gefühlsregung.
Jeder Verdacht eigener Gefühlskälte ein
Beweis sich Wiederstands- und
Wiederspruchslos in das eigene Schicksal zu
fügen. Doch spiegelt sich darin auch eine
stumme Aufforderung des Wiederspruchs von
aussen gegen die eigene Überflüssigkeit.
Der eigentlichen Unsicherheit der Protagonistin
bezogen auf ihren eigenen Wert stehen
Situationen gegenüber in denen sie den eigenen
und fremd Erwartungen zuwiederhandelt.
Eine Art aufbegehren gegen das vorbestimmte
Schicksal.
Ein mutiges Buch das in mir beim Lesen ein ums
andere Mal die Frage aufwarf wie hoch der
A nspruch der Gesellschaft und des Individuums
an den einzelnen sein darf bevor er zerbricht.
Wieviel Anpassung an Normen verträgt die
Persönlichkeit bevor sie zu einem Schatten wird.
Ist das Buch auch historisch in einen zeitlichen
Kontext eingebunden so hat es doch an
Aktualität nicht verloren. Die Autorin lässt die
Frage nach dem weiteren Schicksal ihrer
Protagonistin unbeantwortet offen auf das jeder
Leser die Frage nach Schicksal oder kein
Schicksal selber beantworten kann und muss.