Rezension zu Die Hafenschwester - Als wir zu träumen wagten von Melanie Metzenthin
Auftakt einer Reihe
von Jasika
Kurzmeinung: Tolles Buch, allerdings war mir persönlich der Anteil an den Reden der Sozialdemokraten/politische Veranstaltungen zu hoch.
Rezension
Jasikavor 5 Jahren
Martha ist gerade einmal 14 Jahre alt als die Cholera in Hamburg ausbricht und ihr die kleine Schwester und die Mutter nimmt. Als der Vater daraufhin aus Kummer zum Alkohol greift und seinen Job als Hafenarbeiter verliert, muss Martha selbst arbeiten gehen um das Geld für Miete und Lebensmittel aufzutreiben und zudem ihrem jüngeren Bruder Heinrich zu ermöglichen weiter zur Schule gehen. Trotzdem reicht das verdiente Geld nicht aus und so sticht ihr Bruder schließlich als Schiffsarbeiter in See.
Von der Position einer Krankenwärterin, die damals nur niedere Tätigkeiten im Krankenhaus ausüben dürften, schafft sie es eine Ausbildung zur angesehenen Krankenschwester bei den Erika-Schwestern zu beginnen. Doch diese haben ihrer festlegten Grundsätze, wie zB ein tadelloser Umgang.... Aber da ist auch noch Marthas beste Freundin Millie, die wie sie selbst aus dem verarmten Gängeviertel Hamburgs stammt und von ihrem Stiefvater und der eigenen Mutter zum Anschaffen in den Rademachergang geschickt wird.....
Martha erkennt zudem durch die eigene Erfahrung mit ihrem Vater die miserablen Arbeitsbedingungen der Hafenarbeiter (72 Stunden Schichten bei schlechter Bezahlung, keinerlei Absicherung bei Arbeitsunfähigkeit durch Unfall, ... ) und nimmt daher auch an Versammlungen der Sozialdemokraten teil, voran Martha später aus selbst aktiv mitwirkt.
Dadurch entwickelt sich Martha vom Mädchen zur selbstbewussten und kämpferischen Frau, die ihren eigenen Weg geht und sich selbst treu bleibt.
Die Autorin beschreibt die Situation zur damaligen Zeit ( 1892-97) derart anschaulich, dass man sich selbst in die Vergangenheit zurück versetzt fühlt. Man muss sich als Leser jedoch bewusst sein, dass die Autorin Melanie Metzenthin keinen reinen Krankenhausroman schaffen wollte, sondern in erster Linie die damaligen Mißstände bei den Arbeitsbedingungen und die Situation der sog gefallenen Frauen aufzeigen wollte, was einen Großteil des Buches ausmacht. Die Reden der Sozialdemokraten wurden mir manches Mal zu umfangreich dargestellt und haben dadurch meinen Lesefluss etwas gebremst. Stattdessen hätte ich mir mehr medizinhistorische Begebenheiten bzw. etwas über die Ausbildung zur Krankenschwester in der damaligen Zeit gewünscht.
Trotz dieser kleinen Abstriche gibt es eine klare Leseempfehlung von mir!