Cover des Buches Im Lautlosen (ISBN: 9781542095969)
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Rezension zu Im Lautlosen von Melanie Metzenthin

Gesunde und kranke Menschen ...

von Unzertrennlich vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Interessanter Einblick in die damalige Zeit, doch recht nüchtern und distanziert erzählt ...

Rezension

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Unzertrennlichvor 7 Jahren

Schreibstil


Da ich mal wieder Lust auf einen historischen Roman mit dem Bezug zum Nationalsozialismus hatte, fiel mir dieses Buch auf, das bereits sehr viele gute Bewertungen hat und einen interessanten Einblick in die psychiatrischen Einrichtungen der damaligen Zeit versprach.


Positiv erwähnen muss ich an dieser Stelle erst einmal die tolle Recherche-Arbeit, die Melanie Metzenthin hier geleistet hat. Es gibt hier einen tiefgründigen Einblick in die Zeit von 1926 bis nach dem zweiten Weltkrieg. Beim lesen habe ich sehr viel gelernt, besonders über das Gesundheitssystem, die Situation, zwischen den beiden Kriegen mit dem Machtaufstieg der NSDAP und natürlich auch bezüglich des Weltkrieges. Wahnsinn, wie toll die Autorin all diese Fakten in ihre Geschichte gewebt hat!


Auf der anderen Seite muss ich hier aber auch gestehen, dass ich das Buch jetzt trotz der Thematik eine ganze Woche mit mir herumgeschleppt habe und mich trotz des interessanten Inhalts oft nicht animieren konnte, weiterzulesen. Es hat einige Längen und hat sich für mich stellenweise nicht direkt nach einem Roman angefühlt. Der Schreibstil war mir zu nüchtern, zu distanziert und so konnte ich keine Bindung zu den Charakteren aufbauen.


Charaktere


Richard


Richard ist ein sehr interessanter Charakter. Wir lernen ihn zusammen mit Paula beim Studium kennen und begleiten ihn später bei seiner Karriere an einer psychiatrischen Anstalt. Er steht mit beidem Beinen im Leben und ist ein gutherziger Mensch, der sich dem System nicht anpassen will. Er kann sich mit den neuen Gesetzen der Nazis nicht arrangieren, besonders da sie sich auch auf seine Patienten auswirken. Er möchte einfach nur helfen, vielleicht sogar die psychiatrischen Kliniken revolutionieren, doch dazu lebt er wohl in der falschen Zeit ...


Ich fand Richard sehr beeindruckend und seine Abschnitte habe ich viel lieber gelesen als die von Paula. Bei ihm erleben wir nämlich, wie es einen Arzt, beziehungsweise einen Psychologen, in der Zeit der Nationalsozialisten erging.


Paula


Paula blieb mir persönlich etwas zu blass. An ihrem Beispiel gibt es zwar einige Anspielungen auf den Feminismus, aber so recht kennengelernt habe ich sie beim Lesen nicht. Ihre Abschnitte hätte es für mich daher hier nicht gebraucht!


Meine Meinung


Puhh, "Im Lautlosen" von Melanie Metzenthin ist seit langem mal wieder ein Buch, das mich etwas zwiegespalten zurücklässt. Aus diesem Grund fällt mir die Rezension an dieser Stelle sehr schwer. Auf der einen Seite ist "Im Lautlosen" eine sehr wichtige Geschichte mit interessanten historischen Fakten, auf der anderen Seite musste ich mich stellenweise zum Weiterlesen zwingen.


Ich weiß nicht direkt, ob es an Melanie Metzenthins Schreibstil lag, mit dem ich einfach nicht klar kam. Er war mir von Anfang an zu distanziert, sodass ich keine Verbindung zu Paula und nur eine recht oberflächliche zu Richard aufbauen konnte. Das war schade, denn so hatte ich trotz der interessanten Thematik nicht das Gefühl, wirklich nah am Geschehen zu sein.


Spannend fand ich auf jeden Fall, dass hier die "dunkle" Seiten der Psychiatrie beziehungsweise des ganzen Gesundheitssystems angesprochen werden. Hitlers Ansichten bezüglich seiner Gesundheitsreform sind wirklich das letzte und Melanie Metzenthin hat es hier an einigen Stellen sehr deutlich gemacht, wie ungerecht das Leben für (geistig-) Kranke in dieser Zeit war. Unverständlich fand ich an dieser Stelle die Behandlung damaliger Patienten.


Das Buch erstreckt sich über einen sehr langen Zeitraum. Wir begleiten Paula, Richard und ihre Freund von ihrem Studium, zu ihren ersten Jobs, erleben mit ihnen die Anfänge der NSDAP, den Ausbruch des Krieges und unterstützen sie bei ihrem stillen Kampf gegen das System. "Im Lautlosen" ist auf jeden Fall ein wichtiges Buch, ein Buch, das einen sehr tiefen Einblick in eine Zeit gibt, auf die wir in Deutschland nicht stolz sein können!


Fazit


Die Bewertung fällt mir an dieser Stelle recht schwer. Ich bin hin und hergerissen, denn es gibt tatsächlich einen interessanten und schonungslosen Einblick in die damalige Zeit, doch auf der anderen Seite konnten mich die Charaktere und auch der Schreibstil nicht so recht überzeugen. Alles war recht nüchtern und distanziert, besonders Paula war mir zu nebensächlich und nach dem Lesen hatte ich nicht das Gefühl, sie wirklich zu kennen ... Ich hätte dem Buch wohl 3,5 gegeben, werden aber fairerweise dann doch auf die 4 gehen, denn diese Geschichte ist wichtig und sollte daher gelesen werden!

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